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Aktion 21
AKTION 21

Mit gespaltener Zunge


Freitag, 19. Februar 2010

Zur gleichen Zeit, zu der im 3. Bezirk vor dem Klubobmann der Wiener ÖVP und vor deren Bezirksparteiobmann den ÖAAB-Damen zwei Bezirks-Bürgerinitiativen präsentiert wurden, um unter ihrer vollen Zustimmung zu zeigen, wie schlecht es um Bürgerbeteiligung in Wien bestellt ist und wie Bürgerinnen und Bürger, die um eine lebenswerte Gestaltung ihres Siedlungsraumes kämpfen, von „oben“ an der Nase geführt, „behandelt“ oder überhaupt ignoriert werden, demonstriert der Bezirksparteiobmann des 2. Bezirks und Landesgeschäftsführer der Wiener ÖVP einmal mehr, was er unter Rechtsstaat und Bürgerbeteiligung versteht.

"Es muss endlich zur Kenntnis genommen werden, dass die Entscheidung für das Projekt der Sängerknaben rechtskonform zustande gekommen ist." Man sollte davon ausgehen, dass er weiß, wovon er redet. Dass der Genehmigungsbescheid des Bundesdenkmalamtes Voraussetzung für die Baugenehmigung war. Er sollte aber auch wissen, dass der Denkmalamtsbescheid vor eklatanten Gesetzesverletzungen nur so strotzt, nicht nur formalrechtlich, sondern – und vor allem – auch inhaltlich. Dass wesentliche Bestimmungen des Denkmalschutzgesetzes einfach missachtet wurden. Die Zusammenstellung dieser Gesetzesverletzungen ist einer Reihe von Personen, darunter auch ihm, zugegangen. (Sie ist auch auf dieser Homepage zu lesen) Bisher hat ihr noch niemand widersprochen. Es ist auch schwierig, sich einen begründeten Widerspruch vorzustellen. Die Rechtsverletzungen sind zu eklatant. Was den Bezirksparteiobmann des 2. Bezirks und Landesgeschäftsführer der Wiener ÖVP nicht daran hindert zu behaupten, dass „die Entscheidung für das Projekt der Sängerknaben rechtskonform zustande gekommen ist“. Offenbar nimmt er sich nicht einmal die Mühe, aufmerksam durchzulesen, was er nicht wahr haben will. Selektive Wahr-nehmung könnte man dazu sagen.

„Widerrechtliche Besetzungen können kein taugliches Druck-mittel sein, den Rechtsstaat ad absurdum zu führen, so der Bezirksparteiobmann der ÖVP Leopoldstadt, Stadtrat Norbert Walter zum erneuten "Auftritt" der Augarten-Besetzer am 22. Jänner.“ liest man weiters in einer Aussendung der ÖVP Wien. Es ist nicht klar, was er damit meint. Um den Rechtsstaat ad absurdum zu führen, bedarf es in der Tat keiner widerrechtlichen Besetzungen. Da genügt, dass es eine Behörde gibt, die den gesetzlichen Auftrag hat, die Interessen der Öffentlichkeit wahrzunehmen, diese Behörde gegen diesen Auftrag grob verstößt und niemandem, der diesen Verstoß gegen den Rechtsstaat bekämpfen will, ein Rechtsmittel zusteht. Diese Lücke in der Rechtsordnung entsteht durch die vom Gesetzgeber nicht vorhergesehene Situation, derzufolge die zu einem solchen Rechtsmittel Berechtigten ein unverhohlenes Interesse am Rechtsbruch geäußert haben, an die Ergreifung eines Rechtsmittels „natürlich“ überhaupt nicht gedacht und damit wesentlich zu ihm beigetragen haben. So, und nicht anders hat die „ad absurdum-Führung“ des Rechtsstaates begonnen. Wenn man redlich denken kann und will, dann muss man dies eingestehen und daraus die nötigen Konsequenzen zu ziehen versuchen. Wer stattdessen den Dialog mit jenen verweigert, die für Recht und Rechtsstaat eintreten, darf sich nicht wundern, wenn sich diese auf andere Weise Gehör zu verschaffen suchen. Sie wissen die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung auf ihrer Seite (die ja deshalb über das Thema Augartenspitz nicht „befragt“ worden ist).

Der Bezirksparteiobmann des 2. Bezirks und Landesgeschäftsführer der Wiener ÖVP ist herzlich eingeladen, dieses Thema mit den Freunden des Augartens zu diskutieren. Dass die Materie für ihn nicht neu ist und er über alle Einzelheiten schon vorab informiert wurde, darf aufgrund der Anwesenheit eines Vertreters seiner Bezirkspartei bei der ersten Vorstellung der Analyse des Denkmalamtsbescheides angenommen werden. So lange er dieser Auseinandersetzung aus dem Wege geht, sollte er getrost gegen widerrechtliche Besetzungen wettern, wo er meint, solche festzustellen; das ist sein gutes Recht als Politiker. Er sollte aber im Zusammenhang mit allem, was rund um den Augartenspitz geschieht, das Wort „Rechtsstaat“ vermeiden, es sei denn, er will die ohnedies überstrapazierte Glaubwürdigkeit seiner Partei total in den Keller befördern. Dann allerdings hätte die neue Wiener Parteiobfrau dringenden Handlungsbedarf. Denn vor einem „Rechtsstaat“, in dem offensichtlich gesetzwidrige Rechtsakte als „rechtskonform zustande gekommen“ bezeichnet, Proteste dagegen aber als widerrechtlich bezeichnet werden, müsste man als Demokrat mit über 70 Jahren politischer Erfahrung eine Riesenangst haben.

PS.: Sollte einem Wiener Politiker nicht klar sein, dass Ausharren von Bürgerinitiativen bei Minusgraden im Freien kein besonders gutes Omen für ein Projekt ist, das selbst nach Fertigstellung auf massiven Widerstand der umgebenden Bevölkerung stoßen dürfte? Und sollte er bei seinen Kollegen aus dem Nachbarbezirk nicht lernen, dass das Durchziehen von Projekten gegen den Willen der Bevölkerung für eine politische Partei nicht gerade ein tolles Erfolgsrezept ist?

Dr. Helmut Hofmann

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