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Aktion 21
AKTION 21

Herr Bürgermeister: Augarten ist nicht Hainburg


Sonntag, 4. Oktober 2009

Bürgermeister Häupl hat in einer medialen Wortspende einige Dinge behauptet, die auch durch Wiederholung aus seinem Mund nicht glaubwürdiger werden: dass sich die Demonstranten durch ihre Aktion ins Unrecht gesetzt und die „Aktivisten“ die Baulandwidmung verschwiegen hätten.

Wo beginnt das Unrecht?

Der Hainburg-Aktivist Dr. Michael Häupl scheint sich in der Unrechtsfrage an seinen eigenen Aktivitäten in der Hainburger Au zu orientieren. Dort hatte es rechtsgültige Bau-, Rodungs- und sonstige Bewilligungen gegeben, dort haben die Aktivisten gegen Maßnahmen, die durch entsprechende Verwaltungsakte formal gedeckt waren, demonstriert. Dort wurde zunächst brutal gegen sie vorgegangen. Dort hatten sie sich mit der Aubesetzung - zumindest formalrechtlich - eindeutig ins Unrecht gesetzt, hatten formalrechtlich Unanfechtbares mit formalrechtlich Unzulässigem beantwortet.
Herr Dr. Häupl muss darob kein schlechtes Gewissen haben. Rechtsexperte in Sachen gewaltfreier Widerstand ist er aber deshalb noch lange nicht. Es sei denn, er wüsste so genau über die Rechtslage Bescheid, dass er die Demonstranten wider besseres Wissen bezichtigt hätte, sich durch ihre Aktion ins Unrecht gesetzt zu haben. Es soll hier nicht die Frage beantwortet werden, ob es sich um eine von der Polizei ohne geeignete Rechtsgrundlage beendete Demonstration oder um eine nicht genehmigte „Besetzung“ und deren rechtmäßige „Beendigung“ durch die Polizei gehandelt hat – diese Antwort wird von den hiefür zuständigen Instanzen zu geben sein. Hier geht es vielmehr um die Frage, wer die erste Unrechtshandlung gesetzt hat und ob ziviler Ungehorsam gegen eindeutig rechtswidriges Handeln der Obrigkeit von jemandem als Unrecht bezeichnet werden darf, der bis heute seinen Standpunkt, in Hainburg auf der Seite des Rechts gestanden zu sein, nicht widerrufen hat. Es geht darum, ob verfahrensrechtlich unanfechtbares Formalrecht, dessen Unrechtsgehalt evident ist, zum gewaltfreien Widerstand berechtigt oder nicht.
Das Bundesdenkmalamt hat am 5. März 2009 mit Bescheid die Verbauung des „Augartenspitzes“ ermöglicht. Der Herr Bürgermeister weiß genau, wie es zu diesem Bescheid gekommen ist. Er sollte auch wissen, dass die dafür gefundene Begründung nicht stichhaltig ist und dass sie vielmehr den Verdacht erregt, man habe zu einem von vorneherein fest stehenden Ergebnis einen mehr schlecht als recht vertretbaren Rechtsstandpunkt gesucht. Die Gewissheit, dass er von denen, die ihn hätten anfechten können, nicht angefochten werden würde, mag zur „Rechtsfindung“ beigetragen haben. Der Umstand, dass es sich um eine sehr spezielle, selbst für den Durchschnittsjuristen auf den ersten Blick nicht einfach durchschaubare Rechtsmaterie handelt und eine öffentliche Kritik deshalb kaum zu befürchten sei, mag ebenfalls eine nicht unbedeutende Rolle gespielt haben. „Die Dinge sind so kompliziert...“ dient gerne als Ausrede für die, die im Trüben fischen wollen. Wer sich der Mühe unterziehen will, die Rechtslage nachzuvollziehen, findet auf dieser Homepage seit Monaten eine detaillierte Kritik an dem vom Bundesdenkmalamt erlassenen Genehmigungsbescheid. (Dass die von der Behörde „verratene“ Öffentlichkeit keine Möglichkeit hat, ihre nach dem Gesetz zu berücksichtigenden Interessen geltend zu machen, ist eine Schwäche unserer Rechtsordnung, die beseitigt werden sollte.)
Der mit dem Gesetz nicht im Einklang stehende Genehmigungsbescheid war Voraussetzung für die Baugenehmigung. Auch diese steht damit nur auf dem Boden des Formalrechts, ist also rechtsgültig, nicht aber auf jenem des materiellen Rechts, weshalb ihr der Charakter der Rechtmäßigkeit fehlt. Ziviler Ungehorsam gegen diese Form der Rechtsbeugung als Unrecht zu bezeichnen zeugt daher nicht gerade von Gerechtigkeitssinn. Das Unrecht hat seinen Anfang nicht bei den demonstrierenden Menschen genommen, sondern war im Gegenteil Anlass für die Demonstrationen.

Baulandwidmung ist kein Privatrecht
Herr Dr. Häupl meint weiters, mit dem Bau des Konzertgebäudes werde kein Bau im Grünland verhindert, weil das in Rede stehende Areal als Bauland gewidmet sei. Die Aktivisten verschwiegen dies bewusst, indem sie davon sprächen, der Park solle der Öffentlichkeit zurückgegeben werden.
Dieses Argumentations-Kuddelmuddel muss zunächst entwirrt werden. Niemand kann verschweigen, dass ein von der Baubehörde genehmigter Bau auf einem als Bauland gewidmeten Areal vorgesehen ist. Das versteht sich nicht nur von selbst, sondern ist auch öffentlich für jedermann einsehbar. Was aber Herr Dr. Häupl verschweigt, ist die Tatsache, dass eine Widmung (als Bauland) weder ein Privatrecht begründet noch eine Rückwidmung ausschließt. Nicht durch die Widmung, sondern erst durch einen eigenen Privatrechtsakt hat der Bauwerber Rechte an dem Areal erworben, die es ihm ermöglichen, von der Baulandwidmung Gebrauch zu machen. Die Forderung, diesen Privatrechtsakt rückgängig zu machen und den Augartenspitz der Öffentlichkeit zurückzugeben richtet sich nicht gegen das Land Wien als Raumordnungsinstanz, sondern gegen die Republik Österreich als Grundeigentümerin. Sie hat daher mit der Baulandwidmung überhaupt nichts zu tun. Die Stadt Wien könnte allerdings mit einer Änderung der unglückseligen, aus früheren Jahren stammenden Widmung der ursprünglichen Absicht Josefs II., den Augarten für die Öffentlichkeit zu öffnen, Rechnung tragen, wenn sie dies wollte.

Die Partei als Mediator?

Herr Dr. Häupl hat sich mehrmals klar als Befürworter des Konzertsaalbaues deklariert. Irgendetwas muss ihm daher zwischen Zunge, Zähne und Lippen gerutscht sein, wenn er sich nun als Mediator anbietet. Vielleicht hat er etwas anderes gemeint, denn ein nicht ergebnisoffener Mediator ist so etwas wie die Quadratur des Kreises. Aber selbst wenn er nur einen „runden Tisch“ gemeint hat, dann sollte der „runde Tisch“ mit den Lobau-Aktivisten zur Vorsicht mahnen. Auch von dem hat Herr Dr. Häupl nämlich eine ganz eigene Vorstellung, bei der „rund“ und „im Kreis gehen“ verdächtig nahe beisammen liegen. Was bei so gravierenden „Missverständnissen“ wie den oben erwähnten auch nicht verwundert.

Wo bleibt das politische Gespür?

Man wundert sich nach wie vor über die Einheitsfront mit dem FP-Planungssprecher Herbert Madejski, der mit seinem kompromisslosen Eintreten für den Bau und gegen den Denkmalschutz von „15 grüngesteuerten Hanseln“ faselt und meint, der Bau...werde neben kulturellen auch wirtschaftliche Impulse setzen und Arbeitsplätze schaffen. Wie lächerlich letzteres in einer Zeit klingt, in der die für derartige Bauführungen benötigten qualifizierten Fachkräfte so rar sind, dass dies vielfach zu Bauverzögerungen führt, so wirklichkeitsentrückt ist die Zahl 15 angesichts vieler tausender Menschen, die sich mit voller Identität für die unversehrte Erhaltung des Augartens ausgesprochen haben, ohne sich an örtlichen Demonstrationen zu beteiligen. Das beharrliche Ignorieren dieser Stimmen ist ja gerade das Wasser auf die Mühlen jener, die – wie weiland in der Stopfenreuther Au – das einzig wirksame Mittel, gehört zu werden, in öffentlichen Demonstrationen und gewaltfreiem Widerstand suchen. Ob es sich die FPÖ leisten will, sie alle vor den Kopf zu stoßen, ist wohl ihr Problem. Wenn all dies aber dem regierenden Bürgermeister Dr. Häupl nicht zu denken gibt, dann sollte ihm das Resultat der Krone-Umfrage nachdenklich stimmen. Wer gegen 95% der Krone-Leser auf seiner Meinung beharrt, muss über Wahlergebnisse nicht lange nachdenken. Ganz abgesehen davon, dass man sich bei parteipolitischen Übereinstimmungen gegen den erklärten Bevölkerungswillen à la Konzertsaal Augartenspitz so seine besonderen Gedanken macht...

H. Hofmann
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