Am Beispiel Luegerplatz:
Der rote Reichensteuer-Schmäh
Montag, 11. Mai 2009
Der „Garagenkoordinator“ der Stadt Wien schlägt einem Unternehmer vor, auf dem Luegerplatz unter dem Park, der Platane und dem Denkmal eine Tiefgarage zu bauen. Eine Bürgerinitiative schlägt Alarm. Gutachten werden von der Bürgerinitiative als das, was sie sind, entlarvt. Der Garagenkoordinator behauptet eine Bedarfserhebung, der Gutachter bestreitet, je eine solche gemacht zu haben. Trotzdem behauptet der Bauträger auf einer mit Suggestivfragen gespickten „Befragung“ auf einer aufwändigen Homepage wider besseres Wissen falsche Tatsachen, um für die bevorstehende Bürgerbefragung Stimmung für die Garage zu machen. Er kann sich’s ja leisten: während Politiker eine Reichensteuer propagieren, werden Unternehmer der Garagenlobby mit öffentlichen Mitteln gefüttert – mit unserem Geld. Wien umverteilt von unten nach oben In fortschrittlichen Kommunen müssen Unternehmer, die durch öffentliche Mitwirkung einen beachtlichen finanziellen Vorteil erzielen, entsprechende Abgaben entrichten. In besonders fortschrittlichen Kommunen wird aus solchen Mitteln unter anderem jene Bürgerbeteiligung finanziert, die dafür sorgt, dass alles mit rechten Dingen zugeht und öffentliches Geld nicht sinnlos oder gar zum Schaden der Allgemeinheit vergeudet wird. In Wien ist es möglich, dass eine Bürgerinitiative das Geld, das sich zur Erhaltung ihrer Lebensqualität und obendrein zur Rettung einer touristischen Attraktion als unbedingt notwendig erwiesen hat, selbst aufbringen muss, weil ihr die Stadtregierung jegliche finanzielle Unterstützung konsequent verwehrt, während die Gegenseite obendrein mit einem durch nichts zu rechtfertigenden Geldsegen rechnen darf, der aus Umlagen und Gebühren von betroffenen Bürgerinnen und Bürgern herrührt. Argumentatorische Tiefschläge - öffentlich finanziert Kein Wunder daher, wenn sie der ihr zwar nicht an Sachargumenten, dafür aber an finanziellen Mitteln überlegene Garagenbauer auf einer kostspieligen Homepage mit einer ebenso kostspieligen „Umfrage“ zur „klammheimlichen Freude“ der Stadtgewaltigen regelrecht verhöhnt. Gebetsmühlenartig wiederholt er den Schwachsinn von der Vollauslastung der umliegenden Garagen zu Spitzenzeiten, den zu argumentieren schon der Garagenkoordinator nicht imstande war. Verklausuliert spricht er von einem „mit der Bürgerinitiative gefundenen Konsens bezüglich der Lage der Garage“, der den Eindruck erwecken soll, das letzte Projekt habe die Zustimmung der Bürgerinitiative gefunden. In mehr als unfairer Weise bedient er sich damit der sattsam bekannten Beteiligungsfalle, die jede sachliche Gesprächsbereitschaft einer Bürgerinitiative postwendend dazu missbraucht, einen vorgeblichen Konsens zu behaupten. Tatsache ist: die Bürgerinitiative hat im Vorfeld des dritten (!) Platanen-Gutachtens anerkannt, dass der Gutachter Prof. Florineth von der Universität für Bodenkultur – im Gegensatz zu den Vorgutachtern – endlich um ein objektives Beurteilungsverfahren für die Platane unter Beiziehung der Bürgerinitiative und anerkannter Experten bemüht gewesen ist. Nicht nur die Tatsache, dass auch er von einem Restrisiko gesprochen und zu dessen Minimierung eine ganze Reihe von sich über 3 Jahre streckenden Maßnahmen empfohlen hat, sondern auch der Umstand, dass die Frage des Bedarfs aus dieser Diskussion völlig ausgeklammert worden war, kann wohl schwerlich in eine Zustimmung der Bürgerinitiative zum Bau einer solchen Garage umgedeutet werden. Wo bleibt die vielbeschworene „Augenhöhe“? Die Situation ist der beim Bacherpark ähnlich: auf der einen Seite ein mit dem Standort inzwischen wahrscheinlich nicht mehr besonders glücklicher Garagenbauer, der unter Einsatz beträchtlicher Mittel und mit Unterstützung öffentlicher Stellen, die vor Falschdarstellungen nicht zurückscheuen, angesichts der nahenden Bürgerbefragung die Garage mit unfairen Mitteln schönzureden versucht, auf der anderen Seite Bürgerinnen und Bürger, die ohne jegliche öffentliche Unterstützung für Vernunft und argumentatorische Redlichkeit, für die Erhaltung ihrer Lebensqualität und für jenen Teil des kulturellen Welterbes eintreten, der ein fester Bestandteil von Fremdenführungen durch Wiens Innenstadt geworden ist. Leere Versprechungen? Zugunsten der Garage sind schon eine Reihe nachweislicher Unwahrheiten in die Welt gesetzt worden. Nicht einmal jene, die, wie der behauptete Bedarf, anhand von Daten und Fakten eindeutig widerlegt worden sind, haben den Garagenbauer und den Herrn Garagenkoordinator beeindrucken können. Was also soll man dann von Versprechungen halten, die eine Verschönerung des Parks, die vom Letztgutachter als notwendig vorgeschlagenen kostspieligen Schutzmaßnahmen für die Platane (finanziert aus öffentlichen Mitteln?), die tarifliche Begünstigung von Anrainern und anderen Benützern oder die Verlegung der Garagenein- und -ausfahrt ankündigen? Sollte die betroffene Bevölkerung solchen Schalmeitönen auf den Leim gehen, würde sie sich – jede Wette – nach einer zugunsten der Garage ausgegangenen Befragung mit einer völlig anderen Realität konfrontiert finden. Der gute Wind, der jetzt gemacht wird, kann sich sehr schnell drehen. Aber es liegt ja am Garagenbauer, uns Lügen zu strafen, indem er eine rechtsverbindliche Garantie – etwa gegenüber aktion 21 – abgibt, dass er all diese Zusagen bei sonstigem Verzicht auf den Garagenbau Punkt für Punkt einhalten werde. In einer Mediation – hätte diese stattgefunden – wäre dafür Raum gewesen. Die Bezirksvorsteherin Die Bezirksvorsteherin hat zur Garage – anders als am Neuen Markt - bewusst nicht Stellung genommen, sondern eine Art Bürgerbeteiligungsverfahren initiiert. Es ist verständlich, dass sie unter dem Druck, dem sie sowohl seitens der Stadtplanung als auch seitens der Wirtschaftskammer ausgesetzt ist, die Entscheidung der betroffenen Bevölkerung anheim stellen will. Es zeigt einmal mehr, wie wenig ein Bezirksvorsteher dem Willen „von oben“ entgegensetzen kann, zumal wenn er (oder sie) von einer anderen „Farbe“ ist. Die Bezirksvorsteherin wird sich optimal aus der Affäre gezogen haben, wenn sie die Befragung und deren Modalitäten zumindest so objektiv über die Bühne gebracht haben wird, wie dies seinerzeit bei der Befragung zur Bacherpark-Garage der Fall gewesen ist. Nach den Vorwürfen, denen sie im Zusammenhang mit der Befragung zur Garage am Neuen Markt ausgesetzt war, wäre dies auch in ihrem Interesse zu wünschen. Wenn alles mit rechten Dingen zugeht, sollte die Befragung ein klares Ergebnis bringen. Der Schauspieler und Bürgerrechtler Herbert Fux hat einmal zu einem Verfechter des (vorherigen) Monsterbaues Wien Mitte anlässlich einer verniedlichenden Falschdarstellung gesagt: „nur ein schlechtes Projekt muss man schönlügen, ein gutes hat das nicht notwendig“. Helmut Hofmann Links zu diesem Thema
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