Nur für Lernwillige:
Von der Farce zur Lektion
Mittwoch, 17. Dezember 2008
Man muss Aktion 21 – pro Bürgerbeteiligung natürlich nicht fragen, wie man ein Bürgerbeteiligungsverfahren abwickeln soll. Man muss auch nicht fragen, wie man nach Rom kommt, weil bekanntlich alle Wege dorthin führen. Man darf sich aber nicht wundern, wenn man, anstatt zu fragen, selbst das Rad noch einmal erfinden will und sich wundert, warum viereckige Räder partout nicht rollen wollen „Faires“ Verfahren?. Nicht der Name, der einer Publikumsveranstaltung gegeben wird, entscheidet, sondern der geplante Ablauf. Für drei aufeinanderfolgende Abende war eine Präsentation des Garagenprojektes Luegerplatz im 1. Wiener Gemeindebezirk anberaumt worden, angekündigt als Informationsveranstaltung, an Ort und Stelle sodann als „Bürgerbeteiligungsverfahren“ betitelt, um im Vorfeld einer Bürgerbefragung allen Betroffenen die Chance eines Informationsgleichstandes („auf Augenhöhe“) zu geben. Eingeladen dazu hatte nicht nur der Bezirk, sondern – um einiges vorher – auch die Wiener Wirtschaftskammer. Das alleine wäre nichts Schlimmes, wohl aber die Art und Weise, in der dieses „Bürgerbeteiligungsverfahren“ über die Bühne gehen sollte, hätten sich’s die Bürgerinnen und Bürger gefallen lassen: als Frontalunterricht wie in der Schule, wo der Lehrer verkündet, was Sache ist und die Schüler – die Bürger – , die dem Vortrag andächtig und natürlich ohne lästige Zwischenfragen gelauscht haben, danach brav die Hand hebend Fragen stellen dürfen. Der kleine Unterschied: es handelte sich nicht um einen, sondern gleich um 6 (sechs) Lehrer, entsprechend gleich vielen „Fächern“, und zwei sogenannten „Moderatorinnen“, welche die Lehrer der lästigen Pflicht entheben sollten, darauf zu achten, dass sich die Schüler – pardon: Bürgerinnen und Bürger – sittsam benehmen, nicht dazwischenreden, artig warten, bis sie drankommen und den Lehrern Gelegenheit geben, ihre dummen Fragen mit oberlehrerhaft-überlegenem Gehabe und unter ausdrücklicher Betonung ihrer unantastbaren Autorität zu „beantworten“ – oder, wenn sie allzu „dumm“ oder lästig waren - auch nicht. Wir wollen annehmen, dass die anwesende Frau Bezirksvorsteherin „ihren“ Moderatorinnen bei der Vorbereitung dieses Szenarios allzu sehr vertraut hatte. Vielleicht wäre es klüger gewesen, sich rettend in die Schlacht zu werfen, als das Schiff aus dem Ruder zu gehen drohte, als die sich entwickelnde Gruppendynamik sich selbst zu überlassen, vielleicht auch nicht. Tatsache war jedenfalls, dass sich die Mehrzahl der Anwesenden dermaßen provoziert gesehen hat, dass sie sich die Farce nicht länger bieten ließ. Um die Szene zu retten, wurde wenigstens ab dem 2. Abend Sprechern der Bürgerinitiative gestattet, ihren Standpunkt zu Garagenbedarf und Platanengefährdung – sozusagen gleichwertig mit dem Betreiber und „seinen“ Experten - vorzutragen. Dennoch war „Nachhilfe“ nötig: die Moderatorinnen gaben nämlich diesen Experten Gelegenheit, auf jede Frage aus dem Publikum ausführlich zu antworten, was zu einem Redezeitverhältnis Publikum zu Experten von etwa 1 zu 4 geführt hat. Als die Sprecher der Bürgerinitiative, zu ihrem jeweiligen Thema angesprochen, auch etwas sagen wollten, wurden sie von den beiden Moderatorinnen aufgrund ihrer mikrophonalen Stimmgewalt daran gehindert (zu Deutsch: niedergeschrien). Es bedurfte heftiger Proteste seitens der Zuhörer, um den Moderatorinnen klarzumachen, dass auch ihnen wie den Betreiber-Experten die Gelegenheit zur Replik eingeräumt werden müsse. Auch Provokation ist schlechter Diskussionsstil Wenn man mit Bürgerinnen und Bürgern so umgeht (und das noch mit „Augenhöhe“ umschreibt, darf man sich nicht wundern, wenn die Diskussionsdisziplin darunter leidet - als wenn diese nicht schon durch offensichtliche Falschbehauptungen, die durch einfachen Augenschein oder durch logisches Denken auf Taferlklassenniveau widerlegt werden können, überstrapaziert worden wäre. Tatsächlich war es für einen Zuhörer, der 1 und 1 zusammenzählen kann, mitunter unerträglich und beleidigend, sich haarsträubenden Unsinn mit salbungsvollen Worten um die Ohren schmieren lassen zu müssen, während auf „unangenehme“ Fragen die Antworten schlichtweg verweigert oder erst nach mehrmaligem Nachhaken gegeben wurden. Dazu zählten Fragen wie „Wie hoch sind die Kosten der Garagenerrichtung geplant?“, „Warum gibt es bis heute keine Bedarfserhebung?“, „Wie viele Stellplätze im öffentlichen Raum werden wegfallen?“ oder „Kann ein Schaden für das Naturdenkmal Platane durch den Bau ausgeschlossen werden?“ Intelligente Fragen und unbefriedigende Antworten Wir wollen nicht in Gemeinplätzen verharren, sondern für alle, die es interessiert, die Details, die zur Sprache gekommen sind, rekapitulieren und kommentieren. Der Garagenkoordinator Alfred Theuermann hatte am ersten Tag die Kühnheit, seinen Vortrag mit der lapidaren und durch nichts begründeten Feststellung zu beenden: „es besteht Bedarf an der Garage“. Das war das Stichwort für die in der Folge wiederholt gestellte Frage, warum es bis heute keine Bedarfserhebung gäbe, ohne welche sonst kein seriöser Unternehmer eine größere Investition vornehme. Es gebe zwar Stellplatzzählungen und Machbarkeitsstudien, um eine Bedarfserhebung habe man sich aber bislang gedrückt, obwohl die Bürgerinitiative diese beim ersten gemeinsamen Gespräch in der Bezirksvorstehung eingefordert hatte und im Beisein des Gutachters Prof. Meschik auch festgelegt worden sei, bis zu welchem Termin sie fertig zu stellen wäre. Nicht nur das: es wurde mit Prof. Meschik auch ein fixer Termin vor der Präsentation vereinbart, an dem er mit der Bürgerinitiative die erhobenen Daten vergleichen werde, damit über die sachlichen Grundlagen volle Übereinstimmung erzielt werden könne. Seltsamerweise habe Prof. Meschik diesen Termin mit dem Hinweis platzen lassen, „der Bezirk“ wolle diese Vorbesprechung nicht. Als wenige Tage später alles, nur keine Bedarfserhebung präsentiert wurde, war den Vertretern der Bürgerinitiative schon klar gewesen, warum ihnen statt einer Bedarfserhebung eine Stellplatzzählung „präsentiert“ wurde. Publikum für dumm verkaufen? Schon damals und auch diesmal wies die Bürgerinitiative darauf hin, dass selbst das für jedermann und vor allem für die Parkplatz suchenden Autofahrer das Parkleitsystem (und die Homepage der Stadt Wien) selbst zu Spitzenzeiten jede Menge freie Stellplätze auswiesen. Damals wie auch diesmal gipfelte die gewundene Ausrede des Herrn Garagenkoordinator in dem Satz: „die freien Plätze sind keine freien Plätze“. Damit meinte Herr Theuermann, die Zahl der in der Stellplatzzählung Prof. Meschik ausgewiesenen Dauerparker, die entweder tagsüber oder während der Nacht ihren Garagenplatz nicht benützen, könne (theoretisch) auf einen Schlag kommen und „ihren“ Platz (der aber nicht extra kenntlich gemacht ist) beanspruchen – was zwar richtig, aber so unwahrscheinlich wie der Weltuntergang ist, weshalb der Garagenbetreiber entsprechend viele Plätze während der Zeit, in der Dauerparker erfahrungsgemäß nicht die Garage benützen, als „frei“ für Kurzparker anbietet. All diesen Argumenten zum Trotz beschloss Herr Theuermann seine Ausführungen am dritten Tag mit der Aussage: „Prof. Meschik hat den Bedarf erhoben“, obwohl der Genannte selbst die Bezeichnung „Bedarfserhebung“ für seine Stellplatzzählung zurückweist. Unfreiwillige (?) Komik als Würze Zu den köstlichen Antworten aus dem Mund des Herrn Garagenkoordinator der Stadt Wien zählten auch: - auf die Frage, warum die Garage nicht über dem Wienfluss bei der Weißkirchnerbrücke gebaut werde, „Garagen unter Grünflächen werden nicht gebaut werden.“ (Offenbar hat Herr Theuermann bei den Ausführungen des Herrn DI Hawlik über die Oberflächengestaltung des Luegerplatzes geschlafen); - die 4000 Euro, welche die Stadt Wien pro Stellplatz zum Garagenbau zuschießt, stammen nicht aus Steuermitteln, sondern aus einer Abgabe (Parkometerabgabe); - es fielen 30 bis 35 Stellplätze im Straßenraum durch den Garagenbau weg (bedingt durch die Garagenein- und ausfahrt werden es höchstens 12 – bis zur Einmündung Bibergasse - sein, wenn die umliegenden Verkehrsführungen, wie von DI Rosinak behauptet, unverändert bleiben), - Garagen zögen Verkehr nicht an (was im Gegensatz zu der von Herrn DI Rosinak sen. (anlässlich der von ihm empfohlenen Reduktion der Stellplatzerrichtungspflicht bei Wien Mitte) vertretenen Theorie steht. - Auf die Frage nach der Bedarfserhebung erwiderte der „Garagenkoordinator“ am Montag mit einer rhetorischen Gegenfrage: „Was ist eine Bedarfserhebung?“, allerdings ohne auch nur an einem der drei Abende den Versuch einer Beantwortung zu unternehmen. Anscheinend will er gar nicht erst wissen, warum sein Bonmot von den freien Garagenplätzen, die nicht frei sind, so unsinnig ist. Gerade eine Bedarfserhebung könnte ihn nämlich von diesem Unsinn befreien. Der Sprecher des Garagenbetreibers CTF, Herr Dr. Wolfgang Reichel konnte oder wollte am Montag auf die Frage nach den Kosten der Garage keine Auskunft geben, ließ sich aber aufgrund des Gelächters im Auditorium ob dieser „Unwissenheit“ an den Folgetagen doch zu einer „Schätzung“ herbei: pro Stellplatz 30 bis 33.000 Euro, 240 bis 250 Plätze (macht rund 7,6 Mio Euro). DI Rosinak (jun.) musste auf die Frage nach der Entstehungszeit der Stellplatzerhebung seines Büros einräumen, dass diese vor der Verlängerung des „Parkpickerls“ (von 19,00 h auf 22,00) gelegen war; ein Umstand, auf den ein seriöser Gutachter unbedingt hätte hinweisen und hinzufügen müssen, ob und inwieweit dies von Einfluss für das Zählergebnis gewesen sein könnte. Auch die Zahl der geplanten Ein- und Ausfahrten wurde erst über Befragen bekannt gegeben: Morgenspitze 83 Einfahrten und 56 Ausfahrten, Abendspitze 95 Einfahrten und 83 Ausfahrten, jeweils pro Stunde. Da die Frage, ob die Ampelregelung für die den Zebrastreifen unmittelbar nach der Ein- und Ausfahrt benützenden Fußgänger aufrecht bliebe, bejaht wurde, wurde in den Raum gestellt, dass dann die ausfahrenden PKW auf der steilen Ausfahrtrampe direkt vor dem Schanigarten des Café Prückel anhalten müssten. Die von Herrn DI Hawlik gezeigten Bilder über die Oberflächengestaltung folgten dem Motto „Wir haben uns entschieden, in diesem Bürgerbeteiligungsverfahren Schaubilder zu geben und nicht technische (Einreichungs)pläne“) und wurden vom Auditorium zum Teil mit Sarkasmus quittiert. Der „gläserne“ Auf- und Abgang der Garage war durch zusätzlich geplante Wege im „Rosengarten“ geschickt kaschiert. Abluft- und Brandrauchschacht fehlten gänzlich – erst über ausdrückliche Publikumsfragen wurde zugegeben, dass diese neben der Autobusschleife geplant seien und diesbezüglich noch mit den Wiener Linien das Einvernehmen hergestellt werden müsse. Besondere Betonung wurde auf die vorgesehene Pflanzung von 3 Bäumen im Bereich der Dominikanerbastei gelegt, obwohl dieser mit der Garage nicht das Geringste zu tun hat. Auf die Frage, inwieweit das vor dem Café Prückel geplante „Loch“ mit dem Welterbestatus der Wiener Innenstadt vereinbar sei, wurde erst gar nicht eingegangen. Das neben dem Bedarf umstrittenste Thema war naturgemäß die Platane. Herr Ing. Martin Steinbauer, Geschäftsführer der Arbeitsgruppe Baum Ingenieurbüro GmbH, von den Moderatorinnen vorgestellt als „Herr Diplomingenieur Martin Steinbauer von der Arbeitsgruppe Baum“, betonte seine Kompetenz und Erfahrung in der Beurteilung der Gefahr für die Platane, verwies auf die allgemein bei Beschädigung von Wurzeln gegebene Gefahr für den Baum, meinte auch, es gehe nicht nur um das Überleben, sondern um das Wohlbefinden eines Baumes und schloss eine Gefahr durch das um einige Meter zurückgenommene Projekt aufgrund der vorgenommenen Wurzelgrabungen – abgesehen von einem geringen, in solchen Fällen immer vorhandenen Restrisiko – aus. Er berief sich dabei auf eine Norm, welche besagt, dass im Bereich der Kronentraufe plus 1,50 m keine nennenswerten Wurzeln anzutreffen seien. Als Unsicherheitsmoment blieb nämlich noch die Grabung östlich des Denkmals übrig, die nur bis zu einer Tiefe von 0,80 cm (und Breite von 8 m) erfolgt war, weil dann eine elektrische Leitung weiteren Grabungen entgegenstand. Dieser Umstand war auch ausschlaggebend, dass über Wunsch der Umweltanwaltschaft eine weitere Grabung angeordnet wurde, die darüber, dass in dieser Entfernung keine nennenswerten Wurzeln vorhanden seien, sicheren Aufschluss geben sollte. In der sehr interessanten und tiefgreifenden Debatte über eine mögliche Gefährdung der Platane fielen einige Punkte auf, die an der Objektivität des Sachverständigen berechtigte Zweifel aufkommen ließen. Was ist eine Norm? Zum einen war dies der immer wiederkehrende Rückzug auf die „Norm“, ohne darauf einzugehen, was in eine biologische Norm sei. Eine Norm ist eine Regel. Es gibt Rechtsnormen, welche den Normadressaten binden. Es gibt technische Normen, auf deren Beachtung man sich im Unglücksfall berufen kann. Und es gibt Normen im Bereich des Lebenden, die besagen, was man – etwa in der Medizin - als Normalfall ansehen kann. Gerade im Bereich des Lebens weiß man aber, dass es Ausnahmen gibt, die sich – anders als im recht oder in der Technik - unserem Einfluss entziehen. Man kann also die Regel Wurzel = Krone + 1,50 m nicht wie eine technische Norm als Sicherheit für die Grenze des Wurzelbereichs betrachten. Sie besagt nur, dass sie für einen Großteil der Bäume gilt, dass also das Risiko einer Ausnahme tatsächlich gering ist. Was der Sachverständige dabei vernachlässigt ist die Tatsache, dass der Baum, um den es geht, eben die Platane kein „normaler“ Baum ist, sondern ein Naturdenkmal, das gerade wegen seines besonderen, also abnormalen Wuchses, zum Naturdenkmal erklärt worden ist. Ein solches Gewächs einer Norm zu unterwerfen grenzt an intellektuelle Unredlichkeit. Dass den Beteiligten die Berufung auf diese Norm denn doch nicht ganz geheuer war, geht ja schon aus der Forderung der Umweltanwaltschaft nach einer weiteren Grabung an der Ostseite des Denkmals hervor, die bei rigoroser Anwendung der 1,50 m – Norm an der über 8 m von der Baumkrone entfernten östlichen Sockelkante des Denkmals völlig überflüssig wäre. Salopper Umgang mit der Wahrheit Der kritische Eindruck wird noch verstärkt durch zwei leichtfertige Behauptungen, deren Widerlegung postwendend erfolgte. Die eine betraf die Skizze von Herrn Dr. Summer, die dieser dem Publikum vorzeigte. Ing. Steinbauer behauptete nämlich, auf dieser Skizze sei die Baumkrone näher dem Denkmal eingezeichnet als in der Natur. Alle Anwesenden – mit Ausnahme des Sachverständigen – konnte sich wenig später anhand der Luftaufnahme davon überzeugen, dass die Entfernung auf der Skizze sogar weiter dargestellt war als in der Natur. Die zweite Behauptung betraf das Gutachten von Frau Prof. Kutschera: dort sei festgehalten, dass die „Wurzeln zwischen 40 und 100 cm tief“ seien. Tatsächlich – und auch davon konnte man sich durch Einsicht in das Gutachten postwendend überzeugen, steht dort: „...wären Stichprobenartige Untersuchungen, zumindest innerhalb eines 0,40 und 1,00 m tief reichenden Bodenraumes wünschenswert.“ Den Unterschied zwischen einer Exaktangabe und einer Mindestangabe sollte einem Gutachter, der nicht müde wurde, seine Fachkompetenz mit über tausend verfertigter Gutachten und auch sonst eindrucksvoll zu unterstreichen, so klar sein, dass er diese beiden Aussagen nicht einmal irrtümlich für übereinstimmend hält. Was die Worte „sehen wir als Fachgutachter den Baum optimal geschützt“ aussagen sollen, bleibt dunkel. Unter einem optimalen Schutz versteht man den bestmöglichen. Der aber kann logischerweise nur darin bestehen, dass der mögliche Wurzelraum überhaupt nicht angetastet wird, zumal keine, und schon gar nicht eine zwingende Notwendigkeit für eine Garage und einen damit verbundenen Schutzbedarf besteht. Die einfache Frage eines Bürgers, wer im Falle eines Schadens hafte, beantwortete er sybillinisch: „Das ist eine Rechtsfrage“ Eine Entgleisung zum Ausklang Am dritten Tag schließlich hatte DI Steinbauer gemeint, jemand aus dem Stadtgartenamt habe gesagt, die Bürgerinitiative benütze die Platane nur als Vorwand für die Ablehnung der Garage. Auch wenn sich Steinbauer hier auf eine Andermeinung beruft, fällt deren Unsinn dadurch, dass er sie zitiert, auf ihn zurück. Bei nur ein wenig Nachdenken über so gedankenlos Hingerotztes hätte er nämlich davon ausgehen dürfen, dass einer Frau Professor Kutschera als über 90-jähriger, in Klagenfurt lebender Wissenschaftlerin die Garage auf dem Luegerplatz völlig gleichgültig gewesen war. Wenn sie Bedenken gegen den geplanten Bau hatte, dann nur wegen der Platane, deren Beeinträchtigung zu beurteilen sie sich erbötig gemacht hatte, ohne daraus auch nur den geringsten persönlichen Nutzen zu ziehen. Eine von dieser international anerkannten Expertin geäußerte Fachmeinung als Vorwand für die Ablehnung der Garage abzuqualifizieren disqualifiziert nicht nur den, der solches äußert, sondern auch denjenigen, der solche Äußerungen als ernst zu nehmende transportiert. Unüberlegte Retourkusche? Freilich kam dieser Transport nicht von ungefähr und hatte ganz den Anschein einer Retourkutsche auf das Zitat jener Bemerkung von Prof. Lötsch, in welcher er nicht nur die beste Kennerschaft von Frau Prof. Kutschera bescheinigte, sondern auch auf die Existenz von geeigneten Baumfachleuten in und um Wien hinwies, „soferne eine hinreichende Unabhängigkeit von der Gemeinde“ bestünde. Gemünzt war dieses Zitat auf das Gutachten Fletzer, welches zu dem Schluss kommt, dass durch „den kleinen Überschneidungsbereich von Baugrube und Kronentraufe“ im Zuge der beabsichtigten Tiefgarage „keine Schädigung bzw. nachteilige Beeinflussung des Baumes zu erwarten“ sei. Die Belastung durch den Bau sei unerheblich und vielmehr als Chance zu nutzen, ...die Wachstumsumstände erheblich zu verbessern.“ Wäre die Bürgerinitiative mit Hilfe von Frau Prof. Kutschera gegen dieses „Gutachten“ nicht aufgetreten, hätte der Bauträger, gestützt auf diese tolle „Fachmeinung“, längst das Projekt in der nun selbst von Ing. Steinbauer verworfenen Erstfassung gebaut – mit allen negativen Folgen für die Platane. Dass dies heute, nach erfolgter Planänderung, nicht mehr zur Debatte stünde, wie Herr DI Steinbauer meinte, ist nur ein Teil der Wahrheit. Der andere Teil ist, dass er sich in seinem Gutachten nach allen derzeit geltenden Regeln wissenschaftlichen Arbeitens mit zweifelhaften Meinungen des Vorgutachters auseinander zu setzen gehabt hätte. Dabei hätte er freilich den Aussagewert von Fachgutachten, relativieren müssen. Es ist menschlich verständlich, dass er darauf verzichtet hat. Als der Wissenschaft verpflichteter Fachmann freilich hätte er dies nicht tun dürfen. Welterbe und Abschleppaktionen Ein Bürger stellte die Frage, wie es mit dem kulturellen Welterbe vereinbar sei, direkt vor dem hundertjährigen Café Prückel ein „Loch“ in die Fahrbahn zu bauen und gleich daneben in den Park hineinragende Abluftschächte. Ein anderer Bürger kritisierte die jüngsten Abschleppaktionen in der Bäckerstraße, mit denen der Bürger das Gefühl bekomme, für die Abstimmung „sturmreif geschossen“ zu werden. An dieser Stelle schaltete sich sogar die Bezirksvorsteherin in die Diskusison ein und plädierte nicht nur für ein Abschleppmoratorium bis zur Befragung, sondern überhaupt für Anrainerparkplätze, um den Bezirksbewohnern das Gefühl zu nehmen, man wolle sie in teure Garagen zwingen. Vielsagende Schlusspointe Den Moderatorinnen erging es gegen Ende des dritten Tages, es war 22,30 h, wie dem Zauberlehrling: in ihrem missionarischen Drang, alles, was sich ihnen in den Weg stellte, mittels Mikrophonverstärkung niederzuplärren, taten sie dieses – sehr zum Gaudium der noch Anwesenden – sogar gegenseitig: da ließen sie denn selbst einander nicht mehr zu Wort kommen. Eine trefflichere Schlusspointe hätte das „Bürgerbeteiligungsverfahren“ genannte Kabarett wohl nicht bekommen können. Helmut Hofmann [ zurück ]
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