Luegerplatz und Garagen
Montag, 30. Juni 2008
Die Verantwortlichen im Bezirk und in der Gemeinde hatten beim Bacherpark mit allen Mitteln versucht, die alles entscheidende Frage nach einem Bedarf an der Garage nicht beantworten zu lassen. Das Ergebnis hätte, wäre es redlich berücksichtigt worden, allen Beteiligten viel Zeit, viel unnütz vergeudetes Steuergeld und jedenfalls auch die Volksbefragung, erspart.Stadtrat Schicker hat aber aus dem Bacherpark eine nützliche Lehre gezogen und den Medien brühwarm gleichsam als Garagen-Doktrin angepriesen. In Hinkunft solle bei allen städtischen Garagenprojekten zuallererst eine Bedarfsanalyse gemacht werden, noch bevor es zu Machbarkeitsstudien, Befragungen und politischen Entscheidungen komme. Das hätte im Grunde genommen schon immer eine Selbstverständlichkeit sein sollen. Ist es aber offenbar noch immer nicht überall. Die Bezirksvorsteherin des 1. Wiener Gemeindebezirks ist für ihre kritische Einstellung gegenüber innerstädtischen Garagenprojekten bekannt. Sie hatte auch Vertreterinnen und Vertreter der Bürgerinitiative Luegerplatz wegen der dort geplanten Garage in gemeinsame Gespräche mit dem Garagenentwickler einbezogen. Dabei wurde dem berechtigten Wunsch nach einer Bedarfsanalyse durch Beauftragung des Sachverständigen Prof. Meschik Rechnung getragen. Im Nachhinein (und hinter dem Rücken der Bürgervertretung) sollen Prof. Meschik jedoch Bedenken gekommen sein, eine aufwändige Bedarfsanalyse – deren negatives Ergebnis notabene von vorne herein feststehen musste - um das vereinbarte Honorar anfertigen zu können, weshalb er sich mit dem Bezirk darauf verstand, statt einer Bedarfsanalyse eine ergänzende Stellplatzerhebung durchzuführen. Als er diese der Bürgervertretung präsentierte – ohne den Paradigmenwechsel auch nur mit einem Wort zu erwähnen – protestierte sie postwendend dagegen, dass dieses „Gutachten“ als Bedarfsanalyse verkauft werden sollte. Diese Einwände wurden der Bezirksvorsteherin auch schriftlich zur Kenntnis gebracht. Das Staunen war groß, als die Bezirksvertretung nichts desto trotz einhellig die Durchführung einer Bürgerbefragung beschloss, inklusive der BV-Stellvertreterin Daniela Stepp (SPÖ), welche die Schicker-Doktrin entweder nicht einmal kannte oder eben nicht zur Kenntnis genommen hatte, aus welchen Gründen auch immer. Es fragt sich nicht, aus welchen Motiven politische Funktionäre und in die Bezirksvertretung gewählte Mandatare von solchen grundvernünftigen Spielregeln abweichen und sinnlos das ihnen anvertraute Steuergeld verschwenden. Dass die Macht der von der Wirtschaftskammer unterstützten Garagenlobby in alle politischen Parteien hineinreicht, wird dabei sicher eine nicht unbeträchtliche Rolle spielen. Was sich eher fragt ist, unter welchem unseligen Druck (nicht nur) eine Bezirksvorsteherin stehen muss, die ihrem persönlichen Credo zuwider Dingen Vorschub leisten muss, die sie selbst nicht will. Dass sie noch vor der Befragung versucht, ein objektives Gutachten über den Einfluss der Garage auf das Naturdenkmal Platane zu bekommen, ist bezeichnend. Die Erfahrungen mit dem Erstgutachter, der aus seiner Solidarisierung mit dem Garagenentwickler gar kein Hehl gemacht hat, lassen begründete Skepsis aufkommen. Hat doch selbst Prof. Lötsch zu dieser Frage gemeint, es gäbe in und um Wien mehrere Baumfachleute, die eine Meinung abgeben könnten – soferne eine hinreichende Unabhängigkeit von der Gemeinde besteht. Hinzuzufügen wäre: und auch von der Wirtschaftskammer. Was sich aber ganz besonders fragt ist, ob unsere Politiker blind und taub sind gegenüber den Alarmzeichen der Zeit, ob sie nur dem Heute leben und ihnen das Morgen gleichgültig ist. Merken sie noch immer nicht, dass die Zeiten vorbei sind, in denen man die Bevölkerung ungestraft an der Nase führen konnte, in denen man „Bürgerbeteiligung“ in eine harmlose Beschäftigungstherapie für politisch Interessierte umfunktionieren konnte? Je länger sie den Kopf in den Sand stecken, desto unsanfter wird das Erwachen sein. In Tirol versucht man gerade, den störenden Weckruf durch einen Griff zum Schalter abzutöten, um noch eine kleine Weile Dämmerschlaf anhängen zu können. Europaweit sieht es nicht viel anders aus. Und in Wien versuchen die Ewiggestrigen, zu retten, was noch zu retten ist. Die Vorgeschichte der französischen und anderer Revolutionen wird ausgeblendet. Da haben sie in der Schule leider gerade gefehlt. Helmut Hofmann Links zu diesem Thema
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