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Aktion 21
AKTION 21

Subventionsansuchen - Antwort


Mittwoch, 30. Jänner 2008

Aktion 21 hat im Oktober 2007 an die Stadt Wien z.Hd. BM Häupl ein Ansuchen um Subvention gestellt, das abschlägig beantwortet wurde. Aktion21 antwortet BM Häupl.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

Betr.: Brief des Büros der Geschäftsgruppe Stadtentwicklung und Verkehr vom 4.12. 2007 GSV-2095/2007

Aktion21 – Pro Bürgerbeteiligung bedauert, dass die Stadt Wien eine finanzielle Unterstützung der von diesem Verein verfolgten Ziele abgelehnt hat. Diese Ablehnung kommt nicht überraschend, zumal die Auffassung und Handhabung von partizipativer Demokratie durch die derzeitigen Repräsentanten der Stadt Wien kaum etwas anderes erwarten lässt. Begründet wird diese Ablehnung damit, dass die „namhafte Unterstützung partizipativer und stadtteilbezogener Prozesse“ durch die Stadt Wien eine darüber hinaus gehende Einlösung ihrer diesbezüglichen Verpflichtungen durch aktion21-pro Bürgerbeteiligung erübrige.

Es fällt schwer, die mangelnde Bereitschaft, unsere Bestrebungen für mehr partizipative Demokratie zu unterstützen, nicht als Unwillen zu wirksamer Partizipation anzusehen. Die dafür gegebene Begründung erfordert jedenfalls Widerspruch. Sie übergeht, dass für die 2006 erfolgte Gründung von aktion21 – pro Bürgerbeteiligung gerade die nach Ansicht tausender Bürgerinnen und Bürger der Stadt Wien unzulänglichen Partizipations-Instrumentarien sowie die mangelnde Bereitschaft, daran etwas zu ändern, ausschlaggebend waren.

Vertreter von über 20 – inzwischen auf 30 angewachsenen – Wiener Bürgerinitiativen, welche die Anliegen einer beachtlichen Zahl von Bürgerinnen und Bürgern Wiens vertreten, haben am 23. Mai 2006 in einem Gespräch mit dem hiefür von Ihnen als zuständig bezeichneten Stadtrat DI Rudolf Schicker ihre Bereitschaft zu einer gemeinschaftlichen Weiterentwicklung der partizipativen Demokratie in Wien bekundet. Dieses Angebot wurde mit dem lapidaren Hinweis abgelehnt, es bestünde hiezu kein Anlass. Der Versuch, diese Haltung mit der durch den Beitritt zur Charta von Aalborg eingegangenen Verpflichtung der Stadt Wien in Einklang zu bringen, scheitert an der im Kapitel 28.3 der in Rio de Janeiro beschlossenen Agenda 21 erhobenen Forderung, der zufolge jede Kommunalverwaltung in einen Dialog mit ihren Bürgern, örtlichen Organisationen und der Privatwirtschaft eintreten und eine "kommunale Agenda 21" beschließen solle, wobei die Kommunen durch Konsultation und Herstellung eines Konsenses von ihren Bürgern und von örtlichen Organisationen, von Bürger-, Gemeinde-, Wirtschafts- und Gewerbeorganisationen lernen und für die Formulierung der am besten geeigneten Strategien die erforderlichen Informationen erlangen würden. Er scheitert ebenso an der in den Aalborg Committments (Punkt 1. Governance) eingegangenen Verpflichtung, unseren Entscheidungsfindungsprozessen durch mehr direkt-demokratische Mitwirkung neuen Schwung zu verleihen und daran zu arbeiten, in unserer Stadt...und in der Verwaltung Kapazitäten für Mitwirkung und zukunftsbeständige Entwicklung zu schaffen.

Wenn die „Lokale Agenda 21“ in Wien wirklich, wie Sie behaupten, einen klaren organisatorischen gesamtstädtischen Rahmen hätte, wäre es kaum erklärlich, warum Bürgerinitiativen wie etwa jene von Rothneusiedel, Flötzersteig oder Weltkulturerbe Grinzing, um nur einige wenige zu nennen, keine Möglichkeit zur Etablierung einer Agendagruppe erhalten haben oder gar, wie beim Bacherpark, als solche einfach „sistiert“ wurden. Eine Organisation,

> in der einer Partizipationsgruppe solcherart jegliche geldwerte Unterstützung entzogen werden kann, weil sie sich von einer Bürgerinitiative nicht deutlich genug abhebt,

> in welcher die Zulässigkeit der partizipatorischen Themen „von oben“, also durch Politik und der ihr untergeordneten Verwaltung entschieden wird,

> in welcher an „heißen“ Themen vorbeigesteuert wird, weshalb sich das Echo der Bevölkerung auf die meisten Themen in Grenzen hält und

> in welcher die einzelnen der 23 Gemeindebezirke darüber befinden, ob sie sich überhaupt daran beteiligen,

hat für ihre „gesamtstädtische“ Funktion dringenden Erklärungsbedarf. Wäre dem nicht so, dann wäre ja auch das Bestreben der letzten Agenda-Plattform, Vorschläge für die Linderung dieses Mangels (in Abwesenheit der „einfachen“ Bürgerinnen und Bürger unter Politikern und Agenda-Funktionären) zu diskutieren, sinnlos gewesen.

Was diesbezüglich für die Lokale Agenda 21 gilt, gilt in noch stärkerem Maß für die von Ihnen erwähnten anderen „Partizipationsformen“, welche außer einer Gelegenheit zur Meinungsäußerung zu einzelnen Themen weder eine Möglichkeit zur rechtzeitigen, umfassenden Information noch zur Mitwirkung in den einzelnen Planungs- oder gar Entscheidungsphasen bieten. Es ist kein Geheimnis, dass sich ebenfalls als partizipative Instrumentarien bezeichnete, gesetzlich verankerte Mitwirkungsmöglichkeiten der Bevölkerung wie etwa das Recht auf Stellungnahme zu beabsichtigten Änderungen des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes durch ihre restriktive, rein formalistische Handhabung als völlig partizipationsuntauglich erwiesen haben.

Völlig grotesk ist schließlich die Behauptung, aktion21-pro Bürgerbeteiligung hätte „die Lokale Agenda 21 nicht in ihrem Wesen verstanden“, weil ihre Sichtweise derselben die eines zentralen Instruments zur Unterstützung von Bürgerinitiativen sei. Zum einen, weil auf aktion21-pro Bürgerbeteiligung das gerade Gegenteil zutrifft. Es gehört nämlich zu deren fundamentalen Aussagen über Partizipation, dass eine funktionierende Bürgerbeteiligung, die eine frühestmögliche Einbindung der Bevölkerung in städtische Planungsprozesse vorsieht, nicht nur das rapide Anwachsen von Wiener Bürgerinitiativen einbremsen, sondern Bürgerinitiativen schlechthin erübrigen würde. Dieses Idealziel durch dialektische Kunstgriffe in sein Gegenteil zu verkehren lässt auf den wahren Grund solcher Behauptungen schließen: funktionierende Bürgerbeteiligung mit allen Mitteln verhindern zu wollen.

Zum andern aber, und das finden wir weitaus bedenklicher, ignoriert diese Behauptung den einleitenden Satz zu Kapitel 27 der Agenda 21, der ausdrücklich die entscheidende Rolle nichtstaatlicher Organisationen bei der Ausformung und Umsetzung einer teilhabenden Demokratie festhält und ihre Glaubwürdigkeit durch die verantwortliche und konstruktive Rolle begründet, die sie in der Gesellschaft spielen, weshalb formelle und informelle Organisationen wie auch Basisgruppen als Partner bei der Umsetzung der Agenda 21 anerkannt werden sollten. Die unabhängige Rolle, die den nichtstaatlichen Organisationen innerhalb der Gesellschaft zukommt, verlange dabei nach einer echten Mitwirkung; deshalb sei Unabhängigkeit ein wesentliches Merkmal nichtstaatlicher Organisationen und eine Voraussetzung für wirkliche Partizipation.

Es sind gerade diese in Kapitel 27.1. genannten Voraussetzungen, die auf sämtliche von der Stadt Wien initiierten Partizipationsformen nicht, wohl aber auf aktion21 – pro Bürgerbeteiligung zutreffen. Insoferne ist die Ablehnung unseres Ersuchens um Schaffung einer finanziellen Grundlage für aktion21- pro Bürgerbeteiligung auch eine ausdrückliche Absage an die eingangs ihres Kapitels 27 formulierte Kernforderung der Agenda 21. Sie bestätigt nur unsere Ansicht, dass die Stadt Wien ihren aus der Charta von Aalborg übernommenen Verpflichtungen weder nachgekommen ist noch auch in absehbarer Zukunft nachzukommen bereit ist. Es ist bezeichnend, dass sie sogar die von einer formellen Organisation wie aktion21 – pro Bürgerbeteiligung angebotene und von vielen Bürgerinitiativen inzwischen angenommene Unterstützung bei der Umsetzung von Partizipation ablehnt, indem sie der einzigen nichtstaatlichen, unabhängigen Bürgerbeteiligungs-Organisation in Wien – die „Lokale Agenda 21“ kann man wegen ihrer Politikerdominanz und Abhängigkeit von der Stadt Wien wohl nicht als solche bezeichnen – die der Partizipation gewidmeten Mittel vorenthält.

Die Stadt Wien hat sich mit dieser ihrer Haltung zur Partizipation auf die Stufe demokratiepolitischer Schwellenländer gestellt. Die vielen hinter Aktion21 - pro Bürgerbeteiligung stehenden Bürgerinnen und Bürger Wiens sind nicht bereit, diese Haltung widerspruchslos hinzunehmen. Sie werden keine Gelegenheit versäumen, auf die Doppelbödigkeit der Interpretation von Partizipation, die in unseren Augen einen eklatanten Bruch der Aalborg Committments darstellt, hinzuweisen.

Schließlich möchten wir noch erwähnen, dass die Stadt Wien ein an ihren Bürgermeister und den von ihm für Fragen der Öffentlichkeitsbeteiligung als zuständig bezeichneten Stadtrat gerichtetes Ersuchen in einer für ihre nachhaltige Entwicklung fundamentalen Angelegenheit durch die Leiterin des Büros der Geschäftsgruppe Stadtentwicklung und Verkehr beantworten lässt, was ein bezeichnendes Licht auf den Stellenwert wirft, den die politisch Verantwortlichen Wiens der partizipativen Demokratie beimessen.

Aktion21 – pro Bürgerbeteiligung steht dennoch zu ihrem Grundsatz „Kooperation statt Konfrontation“, wobei es nun allerdings an den politischen Trägern der Stadt Wien läge, im Sinne des „Prinzips der gleichen Augenhöhe“ den nächsten Schritt zu tun.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Helmut Hofmann
Obmann

Herta Wessely
Obmann Stv.

Aktion21 – pro Bürgerbeteiligung

Herrn Ing. Rudolf Schicker zur Kenntnisnahme

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