Augarten und Bürgerbeteiligung:
Bürger als Feinde ? - Teil II
Montag, 17. Dezember 2007
Mit Bürgerbeteiligung gegen Anrainerfrust. Gute Stadtplanung braucht Mitbestimmung – Hoch vom Bürgerbeteiligungshimmel kommt das her, es vorweihnachtet sehr, was bringt das Christkind seinen Bürgerinnen und Bürgern? Die Menschen rund um den Augarten haben ihr „Christkindl“ schon bekommen. Minister Bartenstein hat der Diskussion ein jähes Ende beschieden. Er hat nicht viel (mit den Bürgern) palavert, hat den Diskurs abgewürgt und sich für den Bau des Sängerknabenprojekts entschieden. Eines Projekts, das von der unmittelbar betroffenen Bevölkerung aus mehreren Gründen abgelehnt worden ist.Wie verkauft man so etwas? Kaum, sollte man meinen. Weit gefehlt! „Die Stadt hätte die beiden Kontrahenten“ – gemeint sind Sängerknaben und Filmarchiv – „längst an einen Tisch bringen müssen.“ Und Hoch weiter: "Jetzt so zu tun, als wäre die Stadt vom Bund überfahren worden, ist billige Polemik durch die SPÖ". Mag sein. Mag auch sein, dass das von der Stadt angestrebte „Leitbild Augarten“, in welches die Bürgerinnen und Bürger einbezogen werden sollten, nur ein Beschwichtigungsversuch gewesen ist, ein Versuch über eine vom Bürgermeister vorgefasste Meinung hinwegzuturnen oder zumindest so zu tun. Keinen Zweifel ließ Hoch daran, dass sich die ÖVP Wien immer dafür ausgesprochen hat, die Anrainer in ein solches Projekt einzubeziehen. Fragt sich, was damit gemeint ist. Die Einbeziehung in die Ausarbeitung des Leitbildes? Die ist ja erfolgt – nur das Leitbild hat der Minister nicht abgewartet. Vielleicht wäre es nicht so ausgefallen, wie er gewünscht hat? Oder wie sonst hätte die Anrainereinbeziehung aussehen sollen? Hoch weiter. "Wir sind aber dagegen, dass die berechtigten Anliegen der Anrainer parteipolitisch - wie derzeit von den Grünen - missbraucht werden und dass zu Besetzungen des Areals aufgerufen wird. Das ist nicht die Bürgerbeteiligung, die diese Stadt braucht und gewählten Gemeinderäten nicht würdig". Ei potz: also doch berechtigte Anliegen? Und da fährt der Minister einfach drüber, geht darauf weder ein noch setzt er sich damit auseinander? Ein toller Spagat Angesichts einer so freimütigen Feststellung verwundert es nicht, wenn man versucht, den schwarzen Peter – pardon: Martin – dem politischen Mitbewerber unterzujubeln. Die SPÖ hat ja ihr Fett schon abgekriegt, nun kommen die Grünen dran. Sie haben sich erkühnt, die „berechtigten Anliegen der Anrainer zu missbrauchen“. Wie das? Indem sie für diese berechtigten Anliegen eingetreten sind? Aha, jetzt wissen wir, was unter Bürgerbeteiligung zu verstehen ist: die Geltendmachung berechtigter Anliegen unter strikter Ausgrenzung jeglicher politischer Partei. Ein wenn auch noch so berechtigtes Anliegen wird durch Kontaminierung mit Politikern zum politischen „Missbrauch“. Es muss einmal gesagt werden Vielleicht nehmen die Damen und Herren von den politischen Parteien endlich einmal zur Kenntnis: die Bürgerinnen und Bürger haben von Exponenten allen politischen Parteien eingefordert, gehört zu werden. Es ist nicht ihre Schuld, wenn sie bei vielen auf taube Ohren gestoßen sind. Und es ist auch nicht ihre Schuld, wenn die GRÜNEN die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger als berechtigte nicht nur verbal anerkannt, sondern auch im demokratischen Rahmen unterstützt haben. Aber sie wären verrückt, wenn sie sich dagegen wehrten. Bürgerinitiativen ist nämlich das parteipolitische Ränkespiel, das Taktieren, wer mit wem gehen soll, um Erfolg zu haben, fremd. Es sind ehrliche, geradlinige Menschen, bei denen Sachargumente und nicht undurchsichtige Fallenstellereien zählen. Haltet den Dieb Die politische Falle, die auch beim Augarten gestellt wurde, ist nicht neu, das Rezept einfach: man stelle die Bevölkerung vor ein Übel als vollendete Tatsache (Aufhebung des Denkmalschutzes), so dass ihr berechtigtes Anliegen, nämlich die unversehrte Bewahrung des Augartens, nicht mehr sinnvoll diskutiert werden kann. Wenn sie sodann unabhängig von den Projektbefürwortern und den dahinter stehenden politischen Parteien jenem Projekt den Vorzug gibt, welches in ihren Augen das kleinere Übel darstellt (Filmarchiv), dann unterstelle man ihr Identität mit der hinter diesem Projekt stehenden politischen Partei (GRÜNE) und spreche ihnen die Qualität einer überparteilichen Bürgerinitiative einfach ab oder formuliere Aussendungen zumindest so geschickt, dass ein dementsprechender Eindruck entsteht. Hokuspokus: nicht die fragwürdige Beseitigung des Denkmalschutzes, nicht das davon profitierende Projekt, nicht die gezielte Ausschaltung jeglicher Bürgerbeteiligung durch das unsägliche „speed kills“ stehen am Pranger, sondern die einfachen und ehrlichen Menschen, die fassungslos zusehen müssen, wie nicht nur ihre berechtigten Anliegen ignoriert werden, sondern sie noch obendrein in jenen Dreck gezogen werden, als welchen Parteienvertreter politische Mitbewerber nicht ungern hinstellen, wenn sie eine politische Andermeinung vertreten. Ob man damit die Bürgerinnen und Bürger für eine politische Partei gewinnen kann? Es darf gezweifelt werden. Wenn nämlich Menschen, die man mehrheitlich dem sogenannten bürgerlichen Lager zurechnen muss, auf diese „Behandlung“ spontan mit dem Ruf nach zivilem Ungehorsam reagieren, dann sollten bei jenen, welche dieses Lager zu vertreten vorgeben, die Alarmglocken läuten. [ zurück ]
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