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Aktion 21
AKTION 21

Bürgerbeteiligung zu Wien Mitte: Es stinkt!


Donnerstag, 26. Juli 2007

Schon vor Monaten hat die Agendagruppe "Wien Mitte" auf eine Reihe undiskutabler Missstände im Bahnhof Wien Mitte und in dessen unmittelbarer Umgebung hingewiesen. Das Büro des Bürgermeisters wiegelte ab und hüllt sich seither in Schweigen.Das heißt: Briefe der Agendagruppe werden "net amol ignoriert".

Wer an diesen heißen Tagen auf dem Areal Wien Mitte umherschleicht - schnelleres Gehen verbietet die brütende Hitze - macht an zahlreichen Orten schlechte Geruchserfahrungen. So etwa in der engeren Umgebung des MacDonald, wo der am Gang herrschende Uringeruch jenen des nahen WCs locker übertrifft. Handelt es sich doch um eine Ersatzvornahme der Pinkler für das auf dem gesamten Bahnhofsareal fehlende öffentliche WC. Das einzige von öffentlichen Flächen aus zugängliche WC ist nämlich seit einiger Zeit ausdrücklich als nicht öffentliches, also privates WC deklariert, mit einem Eintrittsgeld von immerhin einem halben Euro, was zu erhöhter Urinierfrequenz in Gängen und an Hausmauern führt. Die Duftspur setzt sich in breiter Front im Bereich der Gigergasse und der Landstraßer Hauptstraße fort und ist zur Zeit besonders unangenehm neben dem vor dem Bahnhofsgebäude errichteten Ankerbrot-Kiosk samt anschließendem Würstelstand wahrzunehmen. Nur Geruchlosen kann da der Appetit nicht vergehen. Aber vielleicht ist das gewollt, um die Hartnäckigen, die in diesem zur Geisterstätte verkommenen Bahnhof Essbares suchen, nachhaltig zu vertreiben. Die angedrohte Sperre der Markthalle dürfte ja dazu passen. "Die Nahversorgung ist gesichert", haben wir von den Stadtvätern und Stadtmüttern gehört. Die mit Urin jedenfalls funktioniert tadellos. Wer da von Geruchsbelästigung in der Markthalle faselt, hat seine Nase wohl auf der falschen Körperseite oder hält versehentlich die Bahnhofshalle für den Markt.

Unlängst haben zwei Arbeiter einen Piss zu zweit neben dem Bahnhofseingang Gigergasse zelebriert und einander dabei lautstark versichert, sie seien ja nicht blöd, für dieses Vergnügen einen halben Euro zu berappen, wenn es unter freiem Himmel, gegen Regen geschützt durch das vorkragende Gebäude, zum Nulltarif möglich sei. A propos Regen: selbst der spült nichts weg, weil das vorkragende Gebäude wie ein Regenschirm die eine Nässe samt ihren geruchsbildenden Nachwirkungen gegen die andere von oben schützt.

Ach ja, es gibt natürlich auch weniger Anrüchiges zu berichten. Etwa, dass die Beleuchtung jenes Ganges, in welchem sich privat betriebenes WC und Mac Donald befinden, seit geraumer Zeit zu wünschen übrig lässt. Im Dunkeln ist's gut pinkeln...

Und dort, wo die Fluggäste die Stadt betreten, beim Ausgang des Air Terminals, ist nicht nur der grüne CAT-Lack des Fußbodens an zahlreichen Stellen bereits ab, vermehren sich hässliche schwarze Pletschen wie die Kaninchen, nein: gleichsam als Zugabe hat der Zettelpoet Seethaler (oder war es ein Plagiator?), bekannt als Intimfeind der Wiener Linien, einen neuen Betätigungsort gefunden: eben den grünen Gangboden des CAT-Ausganges. In aller Seelenruhe hat er ihn in einer Nacht- und Nebelaktion ungestört mit Sprüchen bedeckt, mit ungeheurem Fleiß, gute 30 m lang.

Ob das Büro des Herrn Bürgermeisters dazu immer noch nichts anderes zu sagen weiß, als dass im März des Jahres 2007 ohnedies alles abgerissen und neu gebaut wird? Mancherorts gehen die Uhren rückwärts.

Dazu die bescheidene Frage eines Unbedarften: ein Gebäudeeigentümer, der so nachhaltig wie an diesem Ort seine Unwilligkeit und Unfähigkeit bekundet hat, für zumutbare hygienische Bedingungen zu sorgen, der seine privaten Interessen dadurch zu erreichen versucht, dass er den diesen Ort frequentierenden Menschen den Durchgang nach allen Regeln der Kunst anzwidert, der dabei gegen alle möglichen gesetzlichen Vorschriften verstößt, von deren Einhaltung er durch eine unsichtbare, schützende Hand dispensiert zu sein scheint (sonst könnte das alles nicht seit Jahren mit Wissen des Bürgermeisters geduldet werden), hat dennoch das Vertrauen der Stadtgewaltigen, dies werde im Fall eines Neubaus völlig anders, viel besser und fragloser funktionieren? Wer's glaubt, wird selig. Wer es schafft, Neues wie den CAT-Ausgang binnen kürzester Zeit so alt aussehen zu lassen, der wird auch mit einem monumentalen Neubau diesbezüglich keine besonderen Schwierigkeiten haben. Da sollte sich die Stadt Wien nicht gar so weit hinauslehnen und für etwas um unser Steuergeld kostspielige Werbung machen, von dem sie sich am Ende nicht ungern wird distanzieren wollen.

Denn es gibt nur zwei Möglichkeiten: entweder der derzeitige Grundeigentümer und Projektbetreiber ist unfähig, für ein Mindestmaß an Zumutbarkeit für U- und S-Bahn-Passagiere sowie andere Passanten zu sorgen, dann wird sich an dieser Unfähigkeit im Falle eines Neubaues nicht viel ändern. Oder er ist unwillig, es zu tun, weil er für solche "Kinkerlizchen" kein Geld in die Hand nehmen will: dann fehlt jeder Grund zur Annahme, dass sich daran irgendwann irgendetwas ändern wird.

Helmut Hofmann
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