SPAREN WIR...
... DIE DEMOKRATIE KAPUTT?
Sonntag, 29. Jänner 2012
Konkrete Sparpläne dringen nicht an die Öffentlichkeit. Fast könnte man meinen, weil es sie nicht gibt. Mit einer Ausnahme: Bundespräsident, Bundesrat, ja selbst Nationalrat stehen auf der Einsparungsliste einiger Spitzenpolitiker. Ausgerechnet - weil zu viel Demokratie störend sein könnte?Augenauswischerei? Nichts dagegen, dass Politiker mit gutem Beispiel (anderer) vorangehen wollen. Die Prölls, Voves’, Spindeleggers und Faymanns können leicht von der Reduzierung jener Politiker schwärmen, die ihnen höchstens unbequem sein könnten, aber jedenfalls ihre eigenen Ämter nicht gefährden. Dass eine Reduktion der gesetzgebenden Körperschaften ein wenig – sehr wenig – Geld einspart, ist nur auf den ersten Blick logisch. Nur dann, wenn sie fürs Nichtstun bezahlt werden. Wenn sie etwas tun, und das wollen wir doch einmal als den Normalfall ansehen, dann bleibt bei ihrem Wegfall etwas unerledigt oder muss von anderen, ebenfalls bezahlten Kräften, gemacht werden. Die unterscheiden sich dann nur dadurch, dass sie nicht vom Volk gewählt, sondern von den Spitzenpolitikern ausgewählt und angestellt werden. Also reine Augenauswischerei? In die falsche Richtung Mehr als das. Da fährt ein Zug in die falsche Richtung. Da wird gerade dort gespart, wo die Demokratie am empfindlichsten getroffen wird: bei den gewählten Volksvertretern. Nicht dass diese weniger bezahlt bekommen sollten, nein: dass es weniger gewählte Volksvertreter geben soll! Zugegeben: viele dieser Volksvertreter sind heute zu pratzerlhebenden Lakaien ihrer Parteiführung degeneriert, dürfen keine eigene politische Meinung zeigen und schon gar nicht die ihrer Wählerinnen und Wähler vertreten. Auf einen wählbaren Listenplatz werden sie von der Partei gesetzt. Die Partei wird gewählt und die von ihr auf wählbare Plätze Gereihten werden zu Vertretern jener Wählerinnen und Wähler, die in den meisten Fällen keine Ahnung haben, wie das Objekt ihrer „Wahl“ überhaupt heißt, geschweige denn, wie es aussieht, redet oder tickt. Das ist der traurige Zustand eines heruntergekommenen Demokratieverständnisses, das es zu ändern gilt, bevor es zu spät ist. Vorteil Direktwahl Nur eine Direktwahl ohne Zwischenschaltung von Parteien kann da Abhilfe bringen, nur durch sie könnte das Interesse der Bevölkerung an demokratischen Vorgängen wie Wahlen wieder zu neuem Leben erweckt werden. Auch Wahlen sind Bürgerbeteiligung, sie sind sogar das klassische, wesentliche Element einer solchen. Gemeint sind allerdings Wahlen, bei denen sich die Gewählten ihren Wählerinnen und Wählern und nicht irgendwelchen Parteien verantwortlich fühlen. Hand in Hand mit einem solchen Wandel könnte man sogar eine Reduzierung der Abgeordneten überlegen: wenn – sagen wir im Nationalrat – 150 Abgeordnete durch Direktwahl bestimmt werden und der Rest (je ein bis drei pro Partei wären da, je nach Parteistärke, vollauf genug) eine kleinere Anzahl parteigebundener Stimmen fiktiver Abgeordneter repräsentierte, könnte man mit der Einsparung der sonst für diese anfallenden Kosten leben, ohne dass die Bürgerbeteiligung dadurch zu Schaden käme. Im Gegenteil: dadurch – und nur dadurch – hätte sie sogar einen Vorteil davon. Helmut Hofmann Aufgeschnappt Beitrag [ zurück ]
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- sinnvoll reduzieren, ja bitte! planlos agieren, nein danke!
von Lisa Natterer am 2012-01-29 um 16:41 Uhr - 'Volksvertreter' = Abgeordnete des Volkes sollen zum Wohl und im Sinne der Bügerinnen und Bürger agieren. Nachdem das nur mehr graue Theorie ist, stimme ich
Helmut Hofmann zu und hoffe, demnächst ein solches Parlament zu haben. - Klingt faszinierend!
von Johanna Kraft am 2012-01-29 um 16:41 Uhr - Bei den alten Griechen, der "Wiege der Demokratie" könnte man sich da sicher Anregungen holen. (Scherbengericht, nach einem Jahr in die Wüste schicken usw.)
- Direktwahl
von CR am 2012-01-29 um 13:56 Uhr - Danke, Herr Dr. Hofmann, für diese klaren Worte!