AKT!ON 21

Keine Schiene hinter dem Parlament


Mittwoch, 12. August 2009

Der Erbauer des Wiener Rathauses - Friedrich Schmidt - hat mit der Gestaltung der Reichsratsstraße hinsichtlich Wohnhausfassaden, Gehsteigen und Grünflächen dem Rathaus eine einheitliche Rahmung gegeben.
Im Jahr 2009 soll in der Reichsratsstraße 1 - 9 eine doppelgeleisige Straßenbahnlinie errichtet werden.


Nach der Zerstörung der Grünflächen hinter dem Parlament und Errichtung eines Betonparkplatzes anstelle dieser, werden jetzt für die
Straßenbahngeleise die repräsentativen zum Rathaus führenden Gehsteige zerschnitten und verkleinert und Stromoberleitungen angebracht.

Eine weitere Zerstörung des historischen Ensembles, das auch permanent als Filmkulisse für den österreichischen und internationalen Film dient und von Touristen dauernd als Fotomotiv geklickt wird.

Die Straßenbahnführung ist vorerst als eine Ableitungsstrecke geplant, bei der Sperrung der Ringstraße für Veranstaltungen und Demonstrationen vor dem Parlament.

Bei Demonstrationen wird aber auch die Rückseite des Parlaments (Bannmeile) abgesperrt, womit die neue Linienführung nicht verwendet werden kann.

Bei Veranstaltungen ist oft der Rathausplatz der Zielpunkt, und die Route führt dann über die Stadiongasse oder Reichsratsstraße, womit die Ausweichlinie ebenfalls nicht verwendet werden kann.

In Zeiten der Wirtschaftskrise, wo überall der Sparstift angesetzt wird und die Wiener Linien die Fahrpreise erhöhen ist so ein Projekt, falls es nur eine Ableitungsstrecke ist, die ein paar Stunden pro Jahr benützt wird, eine gigantische Fehlinvestition sowohl volks- als auch betriebswirtschaftlich und eine Zumutung für den Steuerzahler.

Für die Errichtung der Straßenbahngeleise müssen sämtliche bestehende Gas-, Wasser- Stromleitungen und sämtliche Kommunikationsleitungen unterirdisch neu verlegt, neue Stromoberleitungen errichtet (die vor ca. 2 Jahren entfernt wurden), die Gehsteige umgebaut werden, die Blumen- und Pflanzengestaltung des Kreisverkehrs Schmerlingplatzes zerstört, die Verkehrsinsel umgestaltet, die Reichsratsstraße aufgerissen und die Geleise verlegt werden.

Die Kosten laut Wr. Linien betragen 3,5 Millionen Euro wobei die
Verlegungsarbeiten von Gas-, Wasser-, Strom- und Kommunikations-leitungen nicht inkludiert sind, sodass es eher 6 Millionen Euro für 170m sind.

Die Arbeiten hierzu mit der Bau- und Staubbelastung hatten im April 2009 punktuell bereits begonnen und werden bis gegen Jahresende dauern.

Hingegen bringt der bisherige Schienenersatzverkehr mit Bussen kaum zusätzliche Kosten und kann flexibel auf jeweilige Bedürfnisse reagieren. Nachtbusse sind "Gang und Gebe" anstelle von Straßenbahnen. Der Schienenersatzverkehr mit Bussen ist übrigens bis dato nie durch die Reichsratsstraße gefahren (siehe wie oben erwähnt Bannmeile, Veranstaltungen usw.)

Das Straßenbahnprojekt Reichsratsstraße 1-9 ist im 21. Jahrhundert, 40 Jahre nach der Mondlandung umso unverständlicher, denn international werden im Stadtkern keine neuen Straßenbahngeleise verlegt, sondern man ist bemüht, verkehrsfreie Zonen zu schaffen und nicht neue unflexible Verkehrsträger in ruhige Innenstadtstraßen zu bringen; und Wien war immer ein Vorreiter dieser Entwicklung.

Wobei mit dem Straßenbahnprojekt Reichsratsstraße 1-9 Lösungsansätze für die anderen Ringlinien "1" und "D" nicht einmal angesprochen werden; oder führen diese dann durch den Volksgarten?

Wien ist anders?

Die Reichsratsstraße ist Weltkulturerbe für die Wiener und Wienerinnen genauso wie der angrenzende Rathauspark, den zu verändern bzw. partiell zu zerstören, würde sich allerdings niemand trauen.

Mit freundlichen Grüßen,
Bernard Piller
Verena Grafek
Dr. Franz Perl-Gregor
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