AKT!ON 21

Wehret dem Basar!


Donnerstag, 18. Dezember 2008

Nachdem die Freunde des Augartens mit Unterstützung von aktion21-pro Bürgerbeteiligung auf die offensichtliche Rechtswidrigkeit einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung des ursprünglichen Konzerthallenprojektes auf dem Augarten-Spitz öffentlich aufmerksam gemacht hatten, war das Projekt zurückgezogen worden. Mittlerweile wurde es durch ein neues, etwas reduziertes Projekt ersetzt, das nicht zwingend mit einer Demolierung des Pförtnerhauses und eines Teiles der Augartenmauer einhergehen muss.

An der denkmalschutzrechtlichen Situation hat sich dadurch allerdings nichts geändert. Nach wie vor ist das geschützte Objekt der gesamte und ungeteilte Augarten. Nach wie vor besteht nicht der geringste Anlass, Teile davon vom Denkmalschutz auszunehmen. Jeder – auch noch so reduzierte – Bau stellt daher eine Veränderung nach § 5 Denkmalschutzgesetz dar, die zwingend die Vornahme einer Interessenabwägung durch das Bundesdenkmalamt erfordert. Diese Abwägung muss zwischen dem öffentlichen Interesse an der unveränderten Erhaltung des Denkmals Augarten, d.h. dem nicht durch zusätzliche Bauten in seiner ursprünglichen, geschützten Funktion veränderten historischen Garten und dem Interesse des Bauwerbers an der Veränderung erfolgen.
Das eminente öffentliche Interesse steht außer Frage, alleine schon durch die Tatsache der wohlbegründeten Unterschutzstellung vor wenigen Jahren, weil sich an den Gründen hiefür in der Zwischenzeit nichts geändert hat.

Das überwiegende Interesse des Bauwerbers, welches von diesem wohl zu begründen ist, muss vom Bundesdenkmalamt – ebenfalls wohl begründet - festgestellt werden, soll es auf dem Boden des Gesetzes dem Bau zustimmen. Für diese heikle Aufgabe bietet ihm das Gesetz die Möglichkeit, den Denkmalbeirat einzuschalten.
Die bisher an die Öffentlichkeit gedrungenen Begründungen des Bauwerbers halten einer Überprüfung ihrer Stichhaltigkeit nicht Stand. Das Argument, ein Saal der ursprünglich beabsichtigten Größe sei für den Weiterbestand der Wiener Sängerknaben entscheidend, ist alleine durch die nunmehrige Reduktion des Saales unglaubwürdig geworden. Abgesehen davon ist der Bauwerber bisher jede ausführliche und nachweisbare Begründung für diese Behauptung schuldig geblieben.

Ebenso wenig lässt sich begründen, warum der Konzertsaal nur an dem geplanten Ort gebaut werden könne. Die fußläufige Nähe zum Stammsitz alleine reicht nicht aus, um die tiefgreifende Veränderung eines Denkmals zu rechtfertigen, abgesehen von der verheerenden präjudiziellen Wirkung, welche eine solche Rechtfertigung für alle anderen im Augarten domizilierten Einrichtungen hätte. Schließlich wäre dabei auch in Erwägung zu ziehen, was mit dem Konzertsaal geschehen würde, wenn es zu einer Verlegung des Stammsitzes an einen außerhalb des Augarten gelegenen Ortes käme. Wie in einem solchen Fall die Kosten für eine notwendige Renovierung oder einen Abriss aufzubringen wären – aus dem ohnedies notorisch schwachen Budget für historische Gärten? – wäre ebenfalls zu erwägen.

Gleiches gilt für das vorgesehene Datencenter, wobei die Genehmigung des einen Projektes von präjudizieller Wirkung für das andere wäre und die totale Verbauung des Augartens nur noch als eine Frage der Zeit erscheinen ließe.

Der Augarten ist kein Basar, in welchem vom Denkmalschutz zunächst Unverschämtes gefordert wird und auf die (zu erwartende) Ablehnung so lange mit „Nachlässen“ gefeilscht wird, bis die Beamtenschaft, in der Zange zwischen Bauwerber und Politik mürbe gemacht, irgendwann doch zustimmt. Jedes Nachgeben gegenüber solchen Basarmethoden wäre von verheerender Wirkung für unsere höchsten Kulturgüter.

Die Signale, dass das Bundesdenkmalamt bei der Entscheidungsfindung nicht objektiv vorgehen würde, waren noch vor einem Jahr unübersehbar. Das Verhalten des ehemaligen Präsidenten (fadenscheinige Begründung des Verzichts auf die Befassung des Denkmalschutzbeirates, eigenwillige Auslegung des Begriffs „öffentliches Interesse“) machte den politischen Druck auf die dem Artikel 18 Bundesverfassungsgesetz verpflichtete Beamtenschaft öffentlich spürbar.

Das Interesse der Öffentlichkeit, das entgegen der vom ehemaligen Präsidenten vertretenen Meinung sehr wohl, wenn auch mittelbar über das Bundesdenkmalamt zu berücksichtigen ist, plädiert massiv für die unveränderte Erhaltung des Augartens. Es ist nicht die Aufgabe des Bundesdenkmalamtes, diese öffentliche Meinung in Denkmalschutzfragen zu „korrigieren“, sondern sich mit ihr sachlich auseinanderzusetzen und sie dann, wenn es im Gesetz begründet werden kann, entsprechend zu berücksichtigen. Alles andere wäre missbräuchliche Ausübung des Amtes und Verstoß gegen unsere Verfassung.

Es wäre vielmehr eher im Sinne einer größtmöglichen Transparenz, für welche sich schließlich auch führende politische Parteien einzusetzen versprochen haben, wenn entscheidende Vorgänge wie die Interessanabwägung nicht im stillen Kämmerlein, sondern in einer von der Öffentlichkeit nachvollziehbaren Diskussion oder zumindest im Schoße des Denkmalbeirats ausgetragen würden.
Die Freunde des Augartens werden im Verein mit der Initiative Denkmalschutz und aktion21 – pro Bürgerbeteiligung nicht müde werden, Fälle einer rechtsstaatlich bedenklichen Gesetzeshandhabung aufzudecken, zur öffentlichen Diskussion zu stellen und, wenn nötig, aktiv zu werden, um solchen Vorgängen jene Riegel vorzuschieben, die der demokratische Rechtsstaat ermöglicht. Vollendete Tatsachen, vor allem solche, die schon vor offiziellen Behördenverfahren gesetzt werden, werden jedenfalls nicht hingenommen werden. Über solche zur Tagesordnung überzugehen entspräche weder den Erwartungen der Bevölkerung noch den Aufgaben, die sich diese Organisationen im Interesse der Öffentlichkeit selbst gestellt haben.

Helmut Hofmann
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