Sonntag, 2. November 2008
schlägt der Bevölkerung aus dem Mund der ersten Nationalratspräsidentin entgegen. Hatte sie doch die Unverfrorenheit, die saftige und sachlich durch nichts gerechtfertigte Erhöhung der Klubfinanzierung aus Steuermitteln mit dem Ausspruch zu begründen: „man muss sich Demokratie auch etwas kosten lassen“! Der Wahlentscheid hat den Kassen der Koalitionsparteien kräftig zugesetzt. Kein Wunder, dass die Verliererparteien daran interessiert sind, den Verlust „auszugleichen“. Sozusagen als Trostpflaster fürs Abgewähltwordensein. Dass dabei über den leibhaftigen politischen Gottseibeiuns ein wahrer und unverhoffter Geldregen niedergeht – was soll’s: auch der ist kein notorischer Neinsager, wenn’s ums Abzocken des Steuerzahlers geht. Hauptsache, die eigenen Pfründe fließen fleißig, ungeachtet budgetärer und sozialer Notlagen. Aufhorchen lässt allerdings die Begründung, die nicht irgendjemand, sondern die erste Präsidentin des Nationalrates, also den von der Bevölkerung gewählten Abgeordneten, gegeben hat. „Man muss sich Demokratie auch etwas kosten lassen“ – da kann man wohl nichts dagegen sagen. Oder doch? Natürlich muss man sich Demokratie etwas kosten lassen. So, wie Frau Präsidentin Prammer diesen Satz geäußert – wenn auch vielleicht nicht gemeint – hat, kann man ihn auch ruhig unterschreiben. Aus dem Satz „Grundsätzlich steht die SPÖ positiv zur partizipativen Demokratie“ geht auch klipp und klar hervor, dass die Partei, aus welcher Frau Prammer kommt, unter Demokratie nicht nur die repräsentative versteht. Daher liegt der Schluss nahe, dass man sich, um mit den Worten der Nationalratspräsidentin zu sprechen, auch die partizipative Demokratie etwas kosten lassen müsse. Nicht so viel natürlich, wie die repräsentative, nur einen ganz, ganz bescheidenen Bruchteil. Wie er den Wählern gegenüber den Gewählten eben zusteht. Die Sache hat nur einen Haken: zu denjenigen, die für die Mittelverteilung „zuständig“ sind, sind die Argumente der Nationalratspräsidentin offenbar noch nicht vorgedrungen und werden es – wie die Dinge liegen – auch kaum in absehbarer Zukunft tun. Das Land Wien etwa ist der Meinung, dass es überhaupt keinen Sinn gibt, aktion21 – pro Bürgerbeteiligung für Zwecke der partizipativen Demokratie auch nur einen Euro zur Verfügung zu stellen. Wiener Sozialismus heißt: wer sich diesem Privatvergnügen der „Bürgerbeteiligung“ hingibt, soll es – vom versteuerten Einkommen versteht sich – selbst finanzieren. Weil: man muss sich Demokratie auch etwas kosten lassen. „Man“ ist nicht etwa „Man“datar. I wo – der kostet, und das immer mehr. Kosten lassen ist etwas anderes. Das geziemt der Bevölkerung. Einmal über Steuern für die repräsentative Demokratie, und noch einmal über versteuertes Einkommen für die partizipative Demokratie. Hat schon einmal jemand überlegt, ob es sich bei dieser Demokratie nicht um ein Luxusgut handelt, das wir uns in Zeiten sinkender Realeinkommen immer weniger werden leisten können? Und hat schon einmal jemand überlegt, was das heißt? Helmut Hofmann |