AKT!ON 21

Brechtiges Barock!


Freitag, 11. April 2008

Im Augarten steht ein Gesindehaus. Der Augarten samt den darauf befindlichen barocken Gebäuden, so auch das Gesindehaus steht in seiner Gesamtheit seit dem Jahr 2000 unter Denkmalschutz.

Peter Pühringer wuchs in der DDR auf. Das darf sein. Ihm gehört – über die Privatstiftung "POK Pühringer Privatstiftung“ - das Palais Coburg. Auch das darf sein. Er ist Gründer des Instituts für strategische Kapitalmarktsforschung. Soll sein. Er hat eine Frau namens Carla. OK.

Carla mag die Wiener Sängerknaben. Warum auch nicht? Peter spendet den Sängerknaben EUR 10 Millionen. Das ist Carla zu wenig! Sie will sich und den Sängerknaben ein Denkmal setzen. Dafür will sie will das barockes Gesindehaus im Augarten hin- und einen modernistischen Konzertpalast für diese hermachen. Dort im Augarten. Frage: Darf das noch sein?

Das Palais Coburg hat einen ausgezeichneten Weinkeller.
Häupl nickt informell.

Sofort ist der Denkmalschutz begeistert, nicht erlustigt: Er ist für den Abriss des unter Denkmalschutz stehenden Gesindehauses!
Offiziell begeistert, natürlich.

Grund für die Begeisterung des Denkmalamtes: Dem dortigen Chef, Barockforscher Hofrat Dr.Rizzi, soll mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde gewachelt worden sein: Wenn er endlich nicht ein bisserl brav ist und Wohlgefallen gegenüber den Wünschen der Stadtherren und dem geplanten Konzertpalast zeigt! Aber dann! Also war er halt ein bisserl brav, der Hofrat Rizzi.

Genutzt hat es ihm übrigens nicht viel, das Bravsein. Sein Vertrag als Präsident des Bundesdenkmalamtes wurde von Kulturministerin Dr. Claudia Schmid nicht verlängert. Er ist mit Ende März dieses Jahres in Pension gegangen.

Brechtiges Barock ist das alles nicht.

Sagte Bertold Brecht nicht: „Friede den Hütten, Krieg den Palästen!“ und meinte damit wohl auch: „Friede den Gesindehäusern, Krieg den Konzertpalästen am falschen Ort!“

Es verwundert nicht, dass die österreichische Sozialdemokratie mit dem Barock nicht viel am Hute hat, nicht einmal, wenn es sich um brechtigstes Barock handelt. Schade.

Reinhard Wessely


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