AKT!ON 21

Aufgeschnappt: Wer darf sich an einer lokalen Diskussion beteiligen?


Freitag, 21. März 2008

Damit kein falscher Eindruck entsteht: ich habe Herrn Karlheinz Hora im persönlichen Gespräch als sympathischen, engagierten und für einen Politiker auffallend ehrlichen Menschen kennen und schätzen gelernt. Das ändert nichts daran, dass ich sein politisches Credo, wo immer er es gelernt haben mag, in manchen, dafür aber wesentlichen Punkten einfach nicht verstehe. Zu diesem Credo gehört ganz besonders jener Satz, mit dem in der jüngsten OTS-Aussendung zum Augarten seine Ansicht über partizipative Demokratie zum Ausdruck gebracht wurde. Dort hieß es: „Irritiert zeigte sich der SP-Mandatar über die Tatsache, dass der Verein "Freunde des Augartens" offenbar von der Aktion 21 vereinnahmt worden ist. Der harte Kern der Aktion 21 besteht aus einer Handvoll Leuten, die einem Wanderzirkus gleich versucht, Bürgerinitiativen in ganz Wien zu unterwandern - ob Anrainer oder nicht ist dabei schon lange kein Kriterium mehr bzw. nie eines gewesen.“

Diese Äußerung könnte man, wäre sie der Alleingang eines „irritierten“ Mandatars, mit einer ironischen Glosse abtun. Man könnte auch meinen, der sie getan hat, hatte nicht die Muße, sich die Homepage von aktion21 genauer anzusehen, weil er dort unschwer hätte feststellen können, welchen Unsinn zu verbreiten er sich anschickt. Bei näherem Hinsehen aber erhält man die Gewissheit, dass hinter diesen Worten mehr steckt als eine spontane Irritation oder ein einfacher Irrtum. Zu sehr spricht aus ihr die Haltung jenes Stadtrates, dessen Aufgabenbereich Hora als Planungssprecher im Gemeinderat abdeckt und der „so nebenbei“ auch mit den Agenden der Bürgerbeteiligung in Wien befasst ist: DI Rudolf Schicker. Der fühlt sich als Gralshüter dessen, was er unter Partizipation versteht und geriert sich als entschiedener Gegner von aktion21 – pro Bürgerbeteiligung, weil er den Vertretern zahlreicher damals schon lose zusammengeschlossenen Wiener Bürgerinitiativen einen produktiven Dialog über eine fortschrittliche Partizipation schlichtweg verweigert hatte und diese daraufhin aktion21 – pro Bürgerbeteiligung als NGO ins Leben gerufen hatten. Er meinte damals, er sehe keine Notwendigkeit für einen solchen Dialog, Wien habe ohnedies eine funktionierende Bürgerbeteiligung, und mit den einzelnen BI, wenn es zur Bildung solcher komme, werde er sich gerne auseinandersetzen, er benötige dafür keine Institution. Im übrigen sei ja so etwas wie eine institutionalisierte Revolution ein innerer Widerspruch. Womit er ja nicht Unrecht hat - nur verkennt er da die Bürgerinitiativen, zumindest die uns angeschlossenen. Die sind nämlich alles andere als Revolutionäre, sondern auf Konsens ausgerichtete Wienerinnen und Wiener, die am Diskussionsprozess beteiligt werden wollen und in diesem Begehren verkürzt wurden. Und der Mut, sich mit ihnen auseinander zu setzen, findet offenbar dort seine Grenzen, wo sich diese Initiativen zusammentun, um nicht nach dem altrömischen Grundsatz „teile und herrsche“ auseinanderdividiert und einzeln über den Tisch gezogen zu werden.

Partizipation – ein Lippenbekenntnis?

Genau an diesem Punkt setzt Hora auf. Wie Schicker ist auch ihm aktion21 – pro Bürgerbeteiligung ein Dorn im Auge. Man bekennt sich „prinzipiell“ natürlich zur Partizipation, weil man sonst politisch – auch international – zu den Ewiggestrigen gehören würde. Dieses Bekenntnis entpuppt sich aber rasch zu einem Feigenblättchen, wenn Partizipation konkrete Formen annimmt. Ein Beispiel: Stadtrat Schicker lädt über OTS alle interessierten Bürger und Bürgerinnen der Stadt – also nicht nur Anrainer – ein, am Leitbildprozess Augarten mitzuwirken. Äußert sich dann jemand außerhalb dieses Leitbildprozesses zum Thema, heißt es prompt, sie würden die am Leitbild teilnehmenden Bürgerinitiativen „unterwandern“. Natürlich wäre es manchem lieb, wenn das Interesse der Bürgerinnen oder Bürger auf die Wortmeldung zu einem einzigen Thema – womöglich eine einzige – beschränkt werden könnte. Bei dieser Auffassung von Bürgerbeteiligung irritiert es natürlich, wenn Angehörige einer Bürgerinitiative, gestützt auf ihre Erfahrungen, anderen Bürgerinitiativen mit Rat und Tat zur Seite stehen, um ihnen die üblichen Tricksereien und die daraus resultierenden Enttäuschungen zu ersparen. Hätten sie diesbezügliche Erfahrungen nicht gemacht, wäre es nie zu einem Zusammenschluss der Bürgerinitiativen gekommen.

Verständliche Irritationen

Verständlich, dass denen, deren Kreise durch den Zusammenschluss gestört werden, darüber verärgert – pardon: „irritiert“ – sind. Verständlich, dass sie über den Austausch der von den einzelnen Bürgerinitiativen gemachten Erfahrungen „not amused“ sind. Verständlich, dass sie in ihrem Ärger über die immer wieder versäumte Gelegenheit, die von diesen Bürgerinitiativen dargebotene Hand zur gemeinsamen Erarbeitung eines konsensualen Partizipationsmodells zu ergreifen, nicht davor zurückscheuen, die initiativen Bürgerinnen und Bürger wie ihre politischen Gegner zu behandeln, das heißt zu denunzieren, unredlicher Vorgangsweisen zu beschuldigen und alles, was von dort kommt, grundsätzlich schlecht zu machen. Ist dieser leider Mode gewordene Umgang mit politischen Gegnern schon unappetitlich genug, so ist er gegenüber einer immer größer werdenden Zahl von Bürgerinnen und Bürgern, die sich in den lokalpolitischen Prozess ohne Bindung an irgendwelche Parteien oder Ideologien einfach einbringen wollen, in seiner Perversität schlicht und einfach unbegreiflich. Politiker, die auf solche Art und Weise jene Wähler verunglimpfen, um deren Stimmen sie bei gegebener Gelegenheit bitten werden, sollten sich ernsthaft fragen, ob sie im richtigen Film sitzen. Und zwar, bevor er zu Ende ist und sie im Nachhinein merken, dass es sich dabei für sie um ein Trauerspiel gehandelt hat.

Helmut Hofmann
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