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Wiener Zeitung: Widerstände im Denkmalamt gegen Augarten-Konzertsaal


Donnerstag, 20. März 2008

Bau-Ansuchen für Sängerknaben-Saal eingereicht – massive Proteste von mehreren Seiten

Von Christian Mayr

"Rein politische Zustimmung von Präsident Rizzi ohne Experten zu fragen."
Beamte wehren sich, brisanten Abriss absegnen zu müssen.


Wien. Im Wiener Augarten stehen die Zeichen auf Sturm: Kaum wurde am Montag um die Baugenehmigung für den Sängerknaben-Konzertsaal am südlichen Augartenspitz eingereicht, regte sich erneut massiver Widerstand von mehreren Seiten. Brisant scheint dabei, dass auch im Bundesdenkmalamt große Bedenken gegen das Projekt gewälzt werden, obwohl die Sängerknaben-Vertreter bisher auf die längst erfolgte Zustimmung verwiesen haben.
Konkret geht es um das historische und denkmalgeschützte Gesindehaus, das wie Teile der Augarten-Mauer dem Konzertsaal geopfert werden müsste. Die "Wiener Zeitung" hat erstmals im November 2006 auf die Problematik hingewiesen, nun könnte dieser Umstand zum Sargnagel des Projekts werden. Hochrangige Denkmalamts-Beamte kritisieren nämlich, dass der scheidende Denkmalamts-Präsident Georg Rizzi längst grünes Licht für diesen Abriss erteilt habe – "aus rein politischen Gründen": "Für uns war das von Anfang an eine ungute Geschichte. Das wurde 2006 überfallsartig entschieden und ist fachlich höchst problematisch. Die Optik ist verheerend."

Denkmalbeirat umgangen

Vor allem soll sich Rizzi gegen die Einschaltung des Denkmalbeirates in der Causa ausgesprochen haben. Dieses Expertengremium prüft heikle Angelegenheiten und hat sich vor Jahren für den Wiederaufbau der Sofiensäle ausgesprochen (und damit gegen deren Abriss). Der Beirat müsste eigentlich "vor Erteilung einer Bewilligung zur Zerstörung eines unbeweglichen Denkmals" gehört werden, wie es auf der Denkmalamt-Homepage heißt. "Rizzi wollte das nicht, weil wohl eine negative Stellungnahme gekommen wäre", heißt es nun.

Angeblich soll der Präsident unter enormem Druck gestanden sein, da der Standort für den Konzertsaal auch von der Stadt Wien und dem Kulturministerium gutgeheißen wurde. "Nachdem er informell zugestimmt hatte, wurde ihm bei Widerstand mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde gedroht", heißt es weiters.

Die Denkmalamts-Vertreter hoffen nun, dass durch den Abgang Rizzis – er geht mit 31. März – die Causa noch einmal neu aufgerollt wird. Rizzi war auf Anfrage der "Wiener Zeitung" für keine Stellungnahme zu erreichen. Der offizielle Kommentar aus dem Wiener Landeskonservatorat: "Die Projekt-Vorprüfung läuft."

Da der Augarten Schutzzone ist, muss aber auch das Rathaus dem Abriss zustimmen. Unklar ist, mit welcher Begründung hier vorgegangen wird: Da es sich um einen privaten Verein (Sängerknaben) und einen privaten Bauherrn (Pühringer-Stiftung) handelt, kann dies laut Experten nicht unter dem Titel "öffentliches Interesse" laufen. Mit diesem Argument erfolgte im Vorjahr der Abriss für den Opec-Neubau in der City. Da das Gesinde-Haus erst 1996 umfassend saniert wurde, dürfte auch die Argumentation einer "wirtschaftlichen oder technischen Abbruchreife" nicht anwendbar sein. Letzteres hatte Planungsstadtrat Rudolf Schicker (SPÖ) aber noch im Herbst 2006 im "WZ"-Interview verlangt.

Der Projektbetreiber hegt eine andere Strategie: "Gemessen am ganzen Augarten ist das Gesindehaus nur ein vernachlässigbarer Teil", erklärt Architekt Johannes Kraus. Daher werde durch den Abriss das Denkmal an sich nicht zerstört. Kraus gesteht aber, dass der Denkmalschutz "der einzig heikle Punkt ist, der das Projekt noch aufhalten kann". Verstehen kann Kraus die Proteste jedoch nicht: "In Wien brennt es an vielen anderen Stellen. Das ist die Stecknadel im Heuhaufen."

Empört, aber entschlossen sind Anrainer-Vertreter: "Unter diesem Aspekt darf nicht gebaut werden", sagt Herta Wessely. Wenn doch, sei eine Park-Besetzung wohl unumgänglich.

Wiener Zeitung, Donnerstag, 20. März 2008 (Print-Ausgabe)
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