Sonntag, 17. Februar 2008
16.2.2008Komet-Turbulenzen Teil 8: Immer mehr aufklärungsbedürftige Details in Zusammenhang mit den Planungen eines Hochhauses auf den Kometgründen kommen ans Tageslicht Anwalt DDr. Karl Pistotnik hat seine Kanzlei in der Börsegasse 12 im ersten Bezirk in Wien. An der selben Adresse war laut Firmenbuch eine mysteriöse Gesellschaft namens „ALP Immobilienverwertungs GmbH & Co KEG“ eingetragen. Diese ALP Gesellschaft wurde 2003 gegründet und kaufte als einzige Geschäftstätigkeit das Haus Fabriksgasse 12 auf den Kometgründen, aus dem sodann sämtliche Mieter heraus mussten, damit genau an dieser Stelle der Komet-Koloss errichtet werden kann. Die Sache ist äußerst undurchsichtig. Das inzwischen fast leere Haus Fabriksgasse 12 ist laut Grundbuch im Bezirksgericht Meidling derzeit (Februar 2008) im Besitz jener geheimnisvollen ALP-Gesellschaft, die es laut Kaufvertrag am 16. Juli 2003 vom Vorbesitzer gekauft hat. Doch liest man staunend im Firmenbuch, dass die ALP gar nicht mehr existiert, sondern ihr Eintrag am 30. 10. 2007 gelöscht wurde. Gegründet wurde die ALP am 3.7.2003, also wenige Tage vor dem Kauf des Hauses auf den Kometgründen. Laut „Generalversammlung“ vom 26.9.2007 wurde beschlossen, die ALP mit der HPD-Holding zu fusionieren, die das Hochhaus plant. Warum aber wurde das Haus nicht direkt von der HPD gekauft, sondern die geheimnisvolle ALP zwischengeschaltet? Die Suche nach der geheimnisvollen ALP-Gesellschaft Ein Anruf in der Börsegasse 12 führt zunächst zu einer Immobilienentwicklungs GMBH (BSSA), welche die ALP nicht kennt. Ich werde in ein Anwaltsbüro im selben Haus verwiesen (DDr. Alexander Hasch), wo man die ALP ebenfalls nicht kennt, obwohl ihre Firmenadresse auf dieses Haus lautet. Fündig werde ich dann im Anwaltsbüro von Karl Pistotnik, wo mir zuerst auch gesagt wird, man kenne die ALP nicht. Beim zweiten Anruf heißt es, man habe mich falsch verstanden, man kenne die ALP natürlich schon. Herr Pistotnik meldet sich und fragt barsch, wer ich denn sei, und was mich die ALP eigentlich angehe. Ich erwidere, dass es doch eigentümlich sei, wenn ein Haus einer Gesellschaft gehöre, die laut Firmenbuch gar nicht mehr existiere. Pistotnik meint grantig, er werde mir überhaupt nichts sagen. Ich erwidere höflich, es gehe ja nicht um etwas Vertrauliches. Aber eine gewisse Transparenz sei sicher sinnvoll, zumal es mit der Öffentlichkeit ja gröbere Unstimmigkeiten über die Entfernung der Mieter aus den Häusern der Kometgründe gebe. Pistotnik erwidert in barschem Ton, die Öffentlichkeit sei keine juristische Person und habe ihm daher nichts zu sagen. Das Wirtschaftsblatt nennt Pistotnik einen der erfolgreichsten Wirtschaftsanwälte, er sei bei etwa 30 Firmen Geschäftsführer oder Aufsichtsrat, sitze in Stifungen und besitze einige Unternehmen. Darunter seien eine ganze Serie von Realitätenerwerbs- und Liegenschaftsverwertungs-Gesellschaften, wie der Artikel aufzählt. Berühmt-berüchtigt wurde Pistotnik unter anderem als Eigentümervertreter im Fall der Sofiensäle. Deren Eigentümer Julius Eberhart und Anwalt Pistotnik wollten nach der Brandkatastrophe mit allen Mitteln einen Abrissbescheid für die historisch wertvolle Bausubstanz durchsetzen, um das stadtnahe Grundstück profitabel neu zu verbauen. Eberhard weigerte sich laut Medienberichten sogar, die brandgeschädigten Gebäudebereiche durch Planen vor der Witterung zu schützen und ließ die per Gerichtsbescheid verordneten Planen später mutwillig wieder entfernen. „Zweck der ALP: Ankauf vom Haus Fabriksgasse 12“ Während Anwalt Karl Pistotnik am Firmensitz der ALP also leider keine Auskunft über den Zweck der ALP geben wollte, war Dr. Anton Würzl weitaus auskunftsbereiter und freundlicher. Würzl ist bekanntlich einziger Geschäftsführer der HPD Holding GmbH, die das Kometprojekt entwickelt. Allerdings kann er sich an vieles gar nicht so richtig erinnern. Die ALP habe als einzige Geschäftstätigkeit den Ankauf des Hauses Fabriksgasse 12 gehabt, sagt Würzl. Warum wurde sie zwischengeschaltet, frage ich. „Das weiss ich nicht“, sagt Würzl. „Ich bin erst seit 2004 bei der HPD, das Haus wurde von der ALP 2003 gekauft.“ Warum gibt’s sowohl für die HPD-Holding, als auch für die ALP weder Telefonnummern, noch Schilder am Haustor, am Postkasten oder an der Wohnungstür, frage ich. Das sei nicht nötig, eine Postadresse sei ja ausreichend, meint Würzl. Dass Herr Dr. Pistotnik so unwirsch gesprochen habe, tue ihm – Würzl – Leid, da habe es wohl Kommunikationsprobleme gegeben. Er kenne Pistotnik gut, dieser sei ja gleichzeitig auch Anwalt der HPD Holding. Die Entfernung der Mieter Die Rolle der ALP war jedenfalls keine gute. Herr N. aus einem Nachbarhaus in der Fabriksgasse erzählt mir, dass die Mieter von Fabriksgasse 12, darunter auch alte Leute, „erbarmungslos ihre Wohnungen verlassen mussten“. Viele hatten nur befristete Mietverträge, die ganz einfach nicht verlängert wurden. Nur Frau X. hatte eine Rechtsschutzversicherung und bekam als einzige von der ALP eine Ersatzwohnung. Die anderen Mieter, meist alte Menschen und ausländische Mitbürger, mussten ohne Ersatzwohnung selbst schauen, wo sie Unterschlupf finden. Auch Würzl bestätigte, dass nur eine Hauspartei einen Ersatz bekam, „bei den anderen gab es keine Probleme, da ihre Mietverträge einfach nicht mehr verlängert wurden.“ Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die HPD-Holding gemeinsam mit der Magistratsabteilung 21B beim Ausschreiben des Wettbewerbs in den Ausschreibungsunterlagen ausdrücklich betonte, es „gäbe gar keine Mieter“ in den Häusern der Kometgründe, es handle sich um „leerstehende“ Häuser. „Das war eine kleine Ungenauigkeit“, sagt uns dazu ein führender Beamter der MA 21B. Noch heute ist diese Textstelle im Internet einsehbar, siehe www.wien.gv.at/m19prjdb/wettbewerbe/ Der Geschäftsführer: Architekt DI Anton Müller?? Im Kaufvertrag des Hauses Fabriksgasse 12 ist immer nur unverbindlich von der ALP die Rede, auf den mehr als 10 Seiten wird nur ein einziges Mal ein Repräsentant genannt: Geschäftsführer sei ein DI Anton Müller, allerdings ohne Adressangabe. Die Spur führt zu einem renommierten Architekten, der in der Capistrangasse 5/61 die Firma Europroject betreibt. Laut Homepage plante er nicht nur am Einkaufszentrum Auhof-Wien-West und an der Therme Laa/Thaya, sondern auch an zahllosen Bauten in Moskau, etwa am Transneft-Gebäude, an der Russischen Handelsbank, am Haus der Deutschen Wirtschaft in Moskau, am Börsengebäude in Moskau, am Haus der Surgut Neftegas und am Feriendorf Lushki. Warum hat es ein höchst erfolgreicher Architekt mit hochrangigen Russlandkontakten nötig, Geschäftsführer einer ALP-Gesellschaft zu sein, deren einziger Zweck es anscheinend ist, ein Haus mieterfrei und abbruchreif zu bekommen? Handelte es sich um einen Freundschaftsdienst für jemand anderen? Sozusagen als Strohmann, aus welchem Grund auch immer? „Kurzfristig Geschäftsführer auf Wunsch eines Freundes“ Die Vermutung trifft die Sache erstaunlich präzise! Ein Anruf beim Architekten DI Anton Müller bringt Klärung. Architekt Müller, einer sympathische Stimme, teilt mir mit, dass er aus der ALP längst schon ausgestiegen sei und nichts mehr über deren Tätigkeit wisse. Ich frage, ob er nicht früher Geschäftsführer gewesen sei. Architekt Müller bejaht, er sei „ganz kurz“ Geschäftsführer gewesen, das sei aber nur ein Freundschaftsdienst für jemand gewesen, für einen Freund. „Sie stehen am Kaufvertrag für die Fabriksgasse 12“, erwähne ich. „Ja, ich habe den Kauf einem Freund zuliebe getätigt und bin dann gleich wieder ausgestiegen. Ich wollte eigentlich mit dieser Sache nichts zu tun haben, und mir ist mein Kerngeschäft, die Architektur, wesentlich lieber.“ Ich frage ihn noch, warum die von Architekt Podsedensek gegründete HPD das Haus denn nicht selbst gekauft hat. HPD-Geschäftsführer Würzl habe gesagt, er wisse das leider nicht. Architekt Müller erwidert, er habe da leider auch keine Ahnung, er habe das ja nur einem Freund zuliebe gemacht, wie gesagt. Der einstige Geschäftsführer der ALP Müller weiss nichts über die ALP, und der jetzige HPD-Geschäftsführer Würzl weiss auch nichts. Vielleicht kann ja HPD-Gründer Architekt Podsedensek Auskunft geben? Leider nein, auch dieser sagte in einem Gespräch im Bezirksamt Meidling, er habe keine Ahnung, wer die ALP gegründet habe, und warum sie gegründet worden sei. Wer hinter der Gründung der ALP im Jahr 2003 stand, bleibt also weiter unklar. Womöglich ist sie gar durch Spontanzeugung aus dem Nichts entstanden... Das Firmengeflecht ist noch viel größer Doch was ist diese Ein-Personen-HPD-Komet-Holding eigentlich? Die Spuren führen zu einem Mann nach Deutschland, der gleichzeitig Vertreter eines riesigen russischen Fonds ist. Dessen Aufgabe ist die Verwertung und Privatisierung von russischen Immobilien. Details dazu in den nächsten beiden Abschnitt dieser Serie. P.S. Sie können sich wehren! Jeder Wiener Bürger kann NOCH BIS 21. FEBRUAR gegen die Hochhauswidmung der Komet-Gründe rasch und einfach Einspruch erheben. So funktioniert es: Auf der Internetseite Link unten http://www.wien.gv.at/stadtentwicklung/flaechenwidmung/aktuell/7803.html > klicken Sie (unter Stellungnahme online) auf „Onlineformular für eine natürliche Person“. Unter „Grundstück“ schreiben Sie „Widmung 7803 Kometgründe“ hin. Und unter „Stellungnahme“schreiben Sie, warum Sie gegen das Projekt sind. Schreiben Sie zum Beispiel... ...dass das Komet-Hochhaus verkehrspolitisch inakzeptabel ist. Die Verkehrslawine auf der Westeinfahrt verursacht schon jetzt täglich Staus und übertrifft mit 40.000 Kraftfahrzeugen die Inntalautobahn! Lärm- und Schadstoffgrenzwerte werden immer wieder überschritten. Der Komet-Koloss mit Einkaufs- und Bürozentrum sowie Hotel ist eine Fehlentwicklung der Stadtplanung. Das Projekt würde zusätzlich Verkehr erzeugen, Lärm, Abgase und Feinstaub würden ein für die Bewohner des Wientales inakzeptables Ausmaß erreichen. ...dass die Basiswerte für die Schadstoffmessungen der Stadt Wien auf falschen Daten beruhen, da als Vergleichswert nicht die Messstation Hietzinger Kai an der Westeinfahrt gewählt wurde, sondern die Messstelle Gaudenzdorf in einem fast autofreien Seitengasserl, was saubere Luft vorgaukelt und die Berechnungen verfälscht. ...dass die dichte Kette an Einkaufszentren bei der Lugner-City (existiert), beim Westbahnhof (Baubeginn 2008), in Wien Mitte (Baubeginn 2008) und beim Komet-Hochhaus (geplant) unwirtschaftlich ist und den Einzelhandel ruiniert. Beispielsweise auf der Meidlinger Hauptstrasse, deren Einkaufsstrasse schwer leiden würde. Wien hat schon jetzt EU-weit die größte Einkaufsfläche pro Einwohner!!! ...dass das Projekt keine größeren Grünflächen enthält. ...dass eine Änderung der Flächenwidmung auf „Hochhaus-Höhe“ weder den Anrainern, noch den lokalen Wirtschaftstreibenden hilft. Die einzigen Profiteure sind die Rathaus-nahen Investoren, sofern das Projekt nicht ein wirtschaftlicher Fehlschlag wird wie das benachbarte U4-Center. ...dass ein mehr als 70 Meter hoher Wolkenkratzer samt angrenzender klobiger Gebäudemasse in geringer Distanz zum UNESCO-Welterbe Schönbrunn nicht verträglich ist. Im Gegensatz zu den Behauptungen von Stadtrat Rudi Schicker hat die UNESCO keineswegs das derzeitige Projekt gut geheissen. Das gigantomanische Volumen des geplanten Komet-Kolosses von 281.000 Kubikmetern ist für dieses Wohngebiet nicht verträglich und nicht zumutbar. Gerhard Maier Links zu diesem Thema
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