Donnerstag, 31. Jänner 2008
Der nachstehende Text ist eine gekürzte Version des Originaltexts des Erläuterungsberichts der MA 21 B, die Anmerkungen wurden kursiv verfasst. Die komplette Textversion ist als pdf- Datei zum downloaden unten angeführtM A G I S T R A T D E R S T A D T W I E N Magistratsabteilung 21 B MA 21 B - Plan Nr. 7803 Wien 12. Dezember 2007 Festsetzung des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplans für das Gebiet zwischen Rotenmühlgasse, Linienzug 1-4, Fabriksbrücke, Linienzug 5-6 und Schönbrunner Schlossstraße im 12. Bezirk und im 15. Bezirk, Kat. G. Meidling, Rudolfsheim und Sechshaus Erläuterungsbericht 2 - ÖA/BV für ein Verfahren gemäß § 2 der Bauordnung für Wien zur Festsetzung des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes. Der gegenständliche Baublock war schon zu Beginn der 70er des 20. Jahrhunderts Gegenstand von Untersuchungen, da er städtebaulich an einem wichtigen Punkt im Wiental liegt (Richtungsänderung des Wienflusses). Eine Richtungsänderung des Wienflusses kann aber wohl kein Grund sein, an einer bestimmten Stelle einen 73 m-Turm mit Einkaufszentrum etc. hinzustellen, mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Bevölkerung und ein Weltkulturerbe, ohne auf die anderen Gegebenheiten gebührend Rücksicht zu nehmen. Die Höhenentwicklung entlang der Schönbrunner Schlossstraße ist ziemlich einheitlich und bewegt sich im Bereich der Bauklasse IV. Entlang der Fabriksgasse bzw. des Wienflusses ist die Bebauung amorph. Sie besteht aus niedrigen Objekten bis hin zu mehrgeschoßigen Gebäuden, ebenfalls im Bereich der Bauklasse IV. Bauklasse IV – Gebäudehöhe max. 21 m (geplanter Turm: 73 m!!), das ist das Dreieinhalbfache! Die gute Erschließung im Individualverkehr versteht sich von selbst, die Verkehrsbelastung ist bis auf die Fabriksgasse und Rotenmühlgasse als hoch einzustufen, da die Schönbrunner Schlossstraße und die Schönbrunner Straße Haupteinzugsstraßen sind. Der ruhende Verkehr stellt durch die Existenz der Garage im U4-Parkshop kein echtes Problem dar. Das kann nur jemand behaupten, der von der tatsächlichen Situation keine Ahnung hat. Ich wohne seit 20 Jahren hier, damals war der „ruhende Verkehr“ – ein Widerspruch in sich und ein wirklich schöner Ausdruck für „Parkplatz“ – kein Problem. Vor 10 Jahren wurde es ein merkbares Problem, und seitdem immer schlechter. Die Garage im U4-Parkshop als Problemlösung zu bezeichnen ist gelinde gesagt Unsinn. Durch den Neubau werden – ohne das durch das Projekt zu erwartende zusätzliche Verkehrsaufkommen – die derzeit auf den Kometgründen und in der Fabriksgasse zur Verfügung stehenden Parkplätze verschwinden. Ob von den neuen Parkplätzen für die derzeitigen Benutzer welche zur Verfügung stehen werden, steht in den Sternen – und zu welchem Preis? Umweltsituation Durch das Fehlen von Freiräumen, einer zum größten Teil schlechten baulichen Struktur, der Nähe von hochrangigen Verkehrswegen ist die Situation grundsätzlich als angespannt zu bezeichnen und bedarf einer Verbesserung. Das Ansinnen, die Verbesserung einer „grundsätzlich angespannten Umweltsituation“ durch ein höheres Verkehrsaufkommen erreichen zu wollen – dass das Projekt diese Folge haben wird kann niemand ernsthaft bestreiten – richtet sich ja eigentlich von selbst. Lösungen, die größere Volumina erforderten, sollten nur über einen Wettbewerb oder ein Expertenverfahren gefunden werden. Wieso sollen Lösungen mit „größeren Volumina“ (73 m-Turm, Rest des Gebäudes ebenfalls bis zu 42 m hoch) besser sein, wenn sie in einem Wettbewerb oder Expertenverfahren gefunden werden? Außerdem möchte ich darauf hinweisen, dass nach § 81 der Wiener Bauordnung zur zugelassenen Bauhöhe noch max. 7,5 m Dach dazukommen können (also theoretisch über 80 m bzw. 49,5 m). In Untersuchungen von Arch. Potyka 1972 und von COOP HIMMELB(L)AU 1991 wurde festgestellt, dass dieser Standort als Hochhausstandort geeignet ist. Auch im Hochhauskonzept 2001 fällt der betreffende Bereich in die Eignungszone für Hochhäuser. Wenn man das „Hochhauskonzept Wien“ der Stadt Wien durchgeht, dann widerspricht das geplante Projekt der 10-Punkte-Checkliste und liegt in einer Ausschlusszone. Dieselbe Stadt will aber offenbar dieses Projekt durchziehen. Das ursprüngliche Projekt, das als Sieger aus dem städtebaulichen Verfahren hervorgegangen ist, wurde seitens der Weltkulturerbekommission ob seiner Höhe von ca. 120 m beanstandet, da das Gebäude vom Schloss Schönbrunn aus sichtbar gewesen wäre. Auch das neue Gebäude ist vom Schloss Schönbrunn aus sichtbar. Außerdem liegt es in einer der im Hochhauskonzept Wien definierten wichtigen Sichtachsen (zum Stephansdom) des im Hochhauskonzept Wien genannten wichtigen Aussichtspunktes Gloriette (im Garten von Schönbrunn). Nach einer nochmaligen Überarbeitung durch den Wettbewerbsgewinner und einer darauf folgenden Begutachtung durch ICOMOS wurde durch einen Beschluss im Rahmen der Welterbekonferenz in Vilnius 2006 der modifizierte Entwurf und die nunmehrige Höhe und Ausformung des Projektes akzeptiert. Diese Darstellung ist absolut unkorrekt!! In beiden relevanten Dokumenten (WHC-05/29.COM/7B.Ref und WHC-06/30.COM/7B) – das erste wird ja aufrechterhalten – wird ein Planungsstopp empfohlen; die Reduktion von 120 auf 90 (?) m wird zwar positiv beurteilt, aber gleichzeitig eine Ausweitung der Pufferzone gefordert (um Projekte mit solchen Bauhöhen in Zukunft überhaupt zu vermeiden). Eines der beiden Kriterien, Schönbrunn zum Weltkulturerbe zu erklären, war das Kriterium (iv) in der Liste der UNESCO, nämlich “ein herausragendes Beispiel eines Gebäudes, eines architektonischen … ENSEMBLES”. Dieses Ensemble gibt es dann nicht mehr. Weiters wird festgestellt, dass die „authorities“ einen Stopp des Hochhausprojekts und die Entwicklung von Projekten im kleineren Maßstab in Aussicht stellen. Das derzeitige Projekt erfüllt weder das eine noch das andere. Und ob die angesprochene Information der UNESCO über die weiteren Planungsschritte erfolgt ist, sei dahingestellt. Grundsätzlich sei bemerkt, dass Verdichtungen an hochrangigen Verkehrsknoten öffentlicher Verkehrmittel wichtig sind. Das „Komet-Areal“ liegt unmittelbar an der Station Meidling der U4, im Nahebereich der U6-Stationen Längenfeldgasse und Niederhofstraße und an den Haltestellen von vier Autobuslinien. Ist wirklich unbestritten, dass „Verdichtungen (= Hochhäuser?) an hochrangigen Verkehrsknoten öffentlicher Verkehrsmittel“ wichtig sind? Und eine U-Bahnstation im „Nahebereich“ zweier weiterer U-Bahnstationen mit vier Autobuslinien ist ein „hochrangiger Verkehrsknoten“? Die Haltestelle U4 Meidling wird ja von der Bedeutung her in die Nähe von Waterloo Station (London) oder Central Station (New York) gerückt – DAS sind hochrangige Verkehrsknoten! Mit der vorliegenden Bearbeitung des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes werden daher insbesondere folgende Ziele bzw. Entwicklungen im Plangebiet angestrebt: • Erhaltung beziehungsweise Herbeiführung von Umweltbedingungen, die gesunde Lebensgrundlagen, insbesondere für Wohnen, Arbeit und Freizeit sichern, und Schaffung von Voraussetzungen für einen möglichst sparsamen und ökologisch verträglichen Umgang mit den natürlichen Lebensgrundlagen sowie dem Grund und Boden. Mehr Verkehrsaufkommen und mehr Schadstoffe sind keine gesunde Lebensgrundlage, aber das wird ja später noch ausgeführt. • Sicherstellung der zeitgemäßen Rahmenbedingungen für die Stellung Wiens als Bundeshauptstadt, als Standort internationaler Einrichtungen und Organisationen, als Konferenz- und Wirtschaftsstandort sowie Sicherstellung der zeitgemäßen Rahmenbedingungen für den Fremdenverkehr. Ein Projekt, wie es die UNESCO akzeptieren würde – hinsichtlich Höhe etc. – macht Wien auch nicht zum Kuhdorf. • Herbeiführung eines den zeitgemäßen Vorstellungen entsprechenden örtlichen Stadtbildes. Der 73 m-Turm passt dort aber nicht ins Stadtbild (siehe Schönbrunn, Gloriette, örtlich übliche Bauhöhen). Diese Gründe und entsprechend seinem künftigen Erscheinungsbild kann dieser Bereich als städtebaulicher Merkpunkt bezeichnet werden, das heißt, dass durch seine Lage, seine Konfiguration und seine Höhenentwicklung ein Wiedererkennungsfaktor auch aus größerer Distanz und damit eine eindeutige Zuordenbarkeit zu einem Stadtbereich gegeben ist. Für diesen Satz gilt zuletzt Gesagtes ebenso. Einen Wiedererkennungsfaktor aus größerer Distanz haben auch Müllverbrennungsanlagen; die sind erforderlich, aber durch den Wiedererkennungsfaktor auch nicht umweltfreundlicher. 73 m Gebäudehöhe sind an diesem Standpunkt nicht erforderlich. Die Festsetzungen sind das Ergebnis längere Planungsarbeiten während derer auch die Bevölkerung und Vertreter der Weltkulturerbekommission Gehör fanden. Korrekte Formulierung, wenn „Gehör finden“ heißt, dass die Bevölkerung und die Vertreter der UNESCO ihre Meinung sagen durften. Man hat sie gehört, so richtig zugehört hat man aber nicht, und erhören will man sie auch nicht. Einfluss auf das Projekt: augenscheinlich Null! Basierend auf diesem intensiven Diskussionsprozess wurden, unter Abwägung aller relevanten Einflussfaktoren, wie z.B. Stadtentwicklung, Stadtbild, Nutzung, Wirtschaftlichkeit, die grundsätzlichen Dimensionen erarbeitet, die nun durch die Fluchtlinien, die Kubaturen und die Angaben der Höhen über Wiener Null determiniert sind. Den Ausdruck „Diskussionsprozess“ wird man jetzt wohl neu definieren müssen. Das Stadtbild wurde nicht ausreichend berücksichtigt (siehe vorherige Ausführungen bezüglich UNESCO-Weltkulturerbe und Wiener Hochhauskonzept). Auswirkungen hinsichtlich Verkehr und Umwelt sind ja offenbar nicht relevant. Die Errichtung von Fenstern von Aufenthaltsräumen von Wohnungen entlang der Schönbrunner Schlossstraße soll aus Immissionsgründen bis zu einer Höhe von 45,0 m über Wiener Null nicht zulässig sein (BB2). Darüber sollte man wohl bei der Frage, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist, nochmals reden: keine Fenster bis zu einer Bauhöhe von 17 m, aus Immissionsgründen (sagen wir mal „Abgase und Lärm“ dazu), aber vis-à-vis, auf der anderen Seite der Schönbrunner Schlossstraße, haben wir eine Bauhöhe von maximal 18 m, und dort gibt es überall Fenster – die dortigen Bewohner sind wohl gegen „Immissionen“ immun? Aber zusätzlichen MIV wird es ja keinen geben, aber keine Fenster aus Immissionsgründen, aber wie passt das jetzt zusammen?! Um ausreichend Platz für Fußgänger zu schaffen soll verfügt werden, dass bei einer Straßenbreite ab 11,0 m entlang der Fluchtlinien Gehsteige mit jeweils mindestens 2,0 m Breite herzustellen sind. Um keine Konfliktpunkte mit bestehenden Kreuzungsbereichen zu schaffen, soll entsprechend eines erstellten Verkehrsgutachtens eine Ein- und Ausfahrtensperre im östlichen Baublock entlang der Schönbrunner Schlossstraße vorgeschlagen werden, die die möglichen Zufahrtsrelationen zu einer Tiefgarage auf die verkehrstechnisch notwendigen und sinnvollen Bereiche einschränkt. Wo auch immer die Ein- und Ausfahrt sein wird: zu den Stosszeiten wird man für eine Strecke, die jetzt in 3 min bewältigt wird, ein Vielfaches brauchen; und ein Vielfaches an „ruhendem Verkehr“ auf der Strasse (sprich Megastau) in diesem Bereich wird die Immissionen und die Umweltbelastung entsprechend erhöhen. Umwelterwägungen Die aufgrund des vorliegenden Entwurfs zu erwartenden Entwicklungen der Umweltsituation sind nicht als erhebliche Umweltauswirkungen im Sinne der Kriterien des Anhangs II der Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme zu beurteilen. Eine Umweltprüfung gemäß § 2 Abs. 1b der BO für Wien war daher ebenfalls nicht erforderlich. Dem widerspreche ich entschieden. Folgende Kriterien des Anhangs II im Sinne des Artikels 3 Absatz 5 der Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme machen eine Umweltprüfung gemäß § 2 Abs. 1b der BO für Wien erforderlich: 1. Merkmale der Pläne und Programme, insbesondere in bezog auf — die für den Plan oder das Programm relevanten Umweltprobleme; — die Bedeutung des Plans oder Programms für die Durchführung der Umweltvorschriften der Gemeinschaft Ich weise nochmals darauf hin, dass die Errichtung von Fenstern von Aufenthaltsräumen von Wohnungen entlang der Schönbrunner Schlossstraße aus Immissionsgründen bis zu einer Höhe von 45,0 m über Wiener Null nicht zulässig sein soll, also: Umweltprobleme. 2. Merkmale der Auswirkungen und der voraussichtlich betroffenen Gebiete, insbesondere in bezog auf — die Risiken für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt (z. B. bei Unfällen) Siehe Punkt 1. — die Bedeutung und die Sensibilität des voraussichtlich betroffenen Gebiets aufgrund folgender Faktoren: — besondere natürliche Merkmale oder kulturelles Erbe Siehe Ausführungen über die nach wie vor ablehnende Haltung der UNESCO. — Überschreitung der Umweltqualitätsnormen oder der Grenzwerte Siehe Punkt 1. Die lapidare Feststellung, dass auf Grund der zu erwartenden Entwicklungen keine erheblichen Umweltauswirkungen zu erwarten sind, beruht worauf? Nach Wiener BO ist das unter Einbeziehung der Wiener Umweltanwaltschaft zu beurteilen. Was hat die offiziell dazu gesagt? Wurde sie gefragt? Der Sachbearbeiter: Der Abteilungsleiter: Dipl.-Ing. Pamer Dipl.-Ing. Krauss Kl. 88142 Oberstadtbaurat Kommentar: Dipl.Ing. Josef Holzer Wien, 27. 1. 2008 1120 Wien Links zu diesem Thema
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