AKT!ON 21

Aus Graz nichts gelernt?


Donnerstag, 31. Jänner 2008

„Völlige Ahnungslosigkeit – aber den medialen Mund weit aufreißen“ so könnte man die Reaktionen der Parteipolitikerinnen umschreiben, wenn sie das Bedürfnis haben, sich zur Landstraßer Markthalle zu äußern. Nurten Yilmaz bleibt es vorbehalten, dabei als „his masters voice“ wieder einmal einsame Spitze zu demonstrieren.

Worthülse „Fleisch- und Spezialitätencorner“

Die SPÖ-Sprecherin erwähnt „die vom Bauträger BAI und der Stadt Wien vor beinahe einem Jahr ausgearbeitete Nachfolgelösung für die Landstraßer Markthalle“, ohne freilich auch nur anzudeuten, worin diese bestehen soll. Gesehen hat man davon noch nichts, es sei denn, sie meint den „Fleisch- und Spezialitätencorner bei dem neuen Einkaufszentrum in Wien-Mitte“. Was nämlich darunter konkret zu verstehen sei, darüber schweigt nicht nur sie sich aus. Es dürfte ihr allerdings entgangen sein, dass sich diejenigen, auf die es ankommt, von diesem Schlagwort längst verabschiedet haben, weil es sich nicht einmal als diskussionstauglich erwiesen hat. Wer mit wem dieses Phantom gar „im März 2007 vereinbart“, d.h. vertraglich fixiert haben soll, das verrät Nurten Yilmaz ohnedies nicht. Nur die Einschränkung „wenn es Interesse vonseiten der Standbetreiber gibt“ lässt aufhorchen. Gibt es das? Natürlich gibt es das, wenn die Bedingungen tragbar sind. Aber solche Bedingungen wurden bisher nicht genannt, nicht einmal ansatzweise. Nur so viel hat Stadträtin Frauenberger verlauten lassen, dass mit keinerlei Unterstützung seitens der Stadt Wien gerechnet werden kann. Die investiert ihr Geld lieber in die Marktvernichtung (via sündteure Ablösezahlungen) als in eine Hilfe an auswaggonierte Standler für deren Neustart in einer Halle neu oder einem „Fleisch- und Spezialitätencorner“, was immer man sich unter dieser Worthülse vorstellen mag. Eines allerdings ist wohl für jeden, der bis drei zählen kann, unabdingbare Voraussetzung für ein solches Interesse: ein wie auch immer ununterbrochener Betrieb bis zu jenem fernen Zeitpunkt, an dem Wien Mitte neu auch Heimstätte für Standler im Fleisch- und Spezialitätencorner sein wird können. Dass es sich dabei um eine unbestimmte Zahl von Jahren handelt, dürfte hinlänglich bekannt sein.

Was heißt „interessiert“?

Und wie bitte stellt sich eine wirtschafts- und weltfremde Vorsitzende des für Märkte zuständigen Gemeinderatsausschusses vor, dass die interessierten Standler diese Jahre überbrücken werden? Durch einen ausgedehnten Urlaub auf den Malediven, finanziert durch die Ablöse der Stadt Wien, wie Frau Stadträtin zu mutmaßen geruht hat? Und die Angestellten – die werden wohl weiter bezahlt von den Standlern? Oder nicht vielleicht doch vom AMS? Begreifen denn diese von der Realität abgehobenen Damen, wenn schon nicht kraft sozialer Redlichkeit, so wenigstens kraft intellektueller, dass ein solches Interesse ein kontinuierliches Geschäft voraussetzt, ein Geschäft, das von den zahlreichen Kunden, die den Standlern sogar jetzt noch die Treue halten, lebt, von Kunden, die sich verlaufen, wenn sie jahrelang, vielleicht sogar jahrzehntelang vor den Trümmern eines ehemals blühenden Zentrums der Nahversorgung stehen? Eine Kontinuität, die durch eine Containerlösung, kaum angedacht und – nicht von den GRÜNEN – mit Bauträger und Politik abgehandelt, gewährleistet werden könnte, wenn sie nicht vom Chef des Bauträgers gleich wieder öffentlich dementiert worden wäre! Wenn die Vorsitzende des für Märkte zuständigen Gemeinderatsausschusses auch nur einen Schimmer von Marktmechanismen hätte, anstatt den Stumpfsinn von einer unrentablen Markthalle und einem „Fleisch- und Spezialitätencorner“ unkritisch nachzubeten, dann würde sie endlich aufhören, denkende Menschen mit gebetsmühlenartig wiederholten intellektuellen Nackerbazeleien zu reizen. Dass ihr und ihren Parteigenossen die Markthalle noch auf den Kopf fallen wird, wird sie mit solchen Ausritten kaum verhindern.

Dr. Helmut Hofmann
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