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Müllverbrennung "Chaotische Großsynthese im Freilandversuch"


Mittwoch, 16. Jänner 2008

Im Zusammenhang mit dem Müllskandal in Neapel richtete die BI MV Flötzersteig am 7.1.2008 auch an BM DI Josef Pröll ein Schreiben, in dem angefragt wurde, ob
1. Müll aus Italien in Wiener Müllverbrennungsanlagen geliefert werden soll oder schon geliefert wird.
2. Wann der Müllofen Flötzersteig endlich stillgelegt werde, wie dies seit Jahrzehnten versichert werde: nämlich „mittelfristig“.


Schon 1995 hatte R.Schlauer im Auftrag der Fernwärme Wien ein Gutachten erstellt, in dem auf die „Fehlplanung“ des Standortes der MVA Flötzersteig aus der Sicht des Umweltschutzes hingewiesen wurde, das gleiche gelte auch für die MVA Spittelau. Die SUP (Strategische Umweltprüfung) 2001 kam zum eindeutigen Ergebnis: „Die MVA Flötzersteig soll als MVA stillgelegt und als MV-Standort aufge¬geben werden“.

Die Fragen beantwortete die zuständige Abteilung des Lebensministeriums nicht, sondern erging sich in lobenden Worten über diese Steinzeittechnologie; derartige Aussagen sind aus Propagandaschriften der Betreiber sattsam bekannt: So etwa „Gewichtsreduktion auf 30%“, „Volumsreduktion auf 10%“, „beste Abgasreinigung“, „hochtechnologische Behandlung“, „Zerstörung organischer Schadstoffe“, „Inertisie¬rung“, „vorsorgender Umweltschutz“, „Energiegewinnung“ und „-effizienz“ etc. etc.

In einem neuerlichen Schreiben an das Lebensministerium v. 14.1.2008 wiesen wir darauf hin, daß Müll¬verbrennung „eine chaotische Großsynthese von Chemikalien im Freilandversuch“ darstellt (H.Rosin, Schriftenreihe des Instituts f.Experimentelle Toxikologie, Univ.Klinikum Kiel Heft 50, Kiel 2002).
Durch das Kunterbunt des verbrannten Abfalls kommt es zu rd. 10²6 bis 10²8 Reaktionen im Feuerraum und entsprechend vielen Reaktionsprodukten (dies ist eine Zahl mit 26 bzw. 28 Nullen!). Das Zusammen¬wirken aller dieser Stoffe ist unbekannt. Es existiert somit in Wahrheit weltweit keine Gesamtanalyse aller aus einer Müllverbrennungsanlage ausgestoßenen (emittierten) Verbindungen!

In diesem Antwortschreiben v. 14.1.2008 an das BM für Umwelt wiesen wir auch mit Nachdruck darauf hin, daß Naturgesetze nicht geleugnet werden können – sie gelten auch für Müllverbrennungsanlagen:

Schon unsere Schulkinder wissen, daß durch einen chemischen Vorgang (Verbrennung) Atome nicht vernichtet werden können – also nicht „VERSCHWINDEN“: Materie kann nicht zerstört werden. 100 Gewichtsprozent des Abfalls, der verbrannt wird, verläßt auch zu 100 Gewichtsprozent die An¬lage. Rund 30 Gewichtsprozent bleiben dabei als fester Rückstand (div. Filter-, Reinigungsrückstände sowie Schlacke), die restlichen 70 Gewichtsprozent werden über den Schlot als Aerosole, Gase, Stäube und Feinst-Staub in die Großdeponie Wiener Luft emittiert: Diesen Anteil wegzulassen, be¬deutet eklatante Bilanzfälschung.
Boden- sowie Obst- und Gemüseanalysen in Wien zeigten daher, wie hoch diese Medien mit orga¬nischen Schadstoffen (z.B. Dioxin, PAHs, Benzo(a)pyren) sowie Schwermetallen (z.B. Blei, Cad¬mium, Quecksilber etc.) belastet sind.

Ebenso verschwiegen wird die Möglichkeit, daß nach der „Zerstörung organischer Schadstoffe“ bei der Abkühlung eine Rekombination erfolgen kann (vgl. kontinuierliche Schadstoffmessergebnisse der MVA Flötzersteig). Es ist bekannt, dass Feinststaub filtergängig ist. An der Oberfläche derselben haften auch gefährliche organische Verbindungen sowie Schwermetalle, was eine erhebliche Ge¬sundheitsgefährdung bedeutet.

Hingegen suggeriert die kolportierte „beste Abgasreinigung“ der „hochtechnologischen thermischen Abfallbehandlung“, daß wohl nur mehr reiner weißer Wasserdampf den Schlot verläßt.
Dagegen gestatten die im LRG verankerten Grenzwerte, z.B. der MVA Flötzersteig pro Jahr
• 43,2 kg Quecksilber,
• 5,1 kg Cadmium,
• 183,2 kg Blei
zu emittieren! (Anfrage S.Rieder 13.6.2002).

Die Erwähnung einer „Abtrennung anorganischer Schadstoffe“ bleibt mißverständlich, da diese so¬wohl in der Abluft als auch in den Filter- und Verbrennungsrückständen sehr wohl enthalten sind!

„Die Müllverbrennung ist eine chaotische Großsynthese von Chemikalien im Freilandversuch“ (H.Rosin, Schriftenreihe des Instituts f. Experimentelle Toxikologie, Univ.Klinikum Kiel Heft 50, Kiel 2002).

Es entsteht eine unüberschaubare Vielfalt von Reaktionsprodukten; nur ein winziger Bruchteil der un¬kontrollierbaren Emissionen wird gemessen – bloß für rund 15 Schadstoffe werden Grenzwerte im LRG festgeschrieben. Die geschätzte Zahl der Reaktionen im Verbrennungsraum einer Müll¬verbrennungsanlage beträgt rd. 10²6 bis 10²8 und entsprechend viele Reaktionsprodukte; deren Zu¬sammenwirken ist unbekannt. Damit ist diese „Technologie“ keineswegs dem „vorsorgenden Um¬weltschutz“ entsprechend!

Durch die Verbrennung wird auch die erstrebenswerte „Inertisierung“ des Abfalls keinesfalls gewähr¬leistet: Durch das Feuer werden Huminstoffe, die Schwermetalle in Deponien binden können, ver¬nichtet, gewisse Verbindungen werden außerdem gerade durch das Feuer zu umweltbelastenden und damit auch die Gesundheit gefährdenden Stoffen, so wird Cadmium durch die Verbrennung zu Cad¬miumoxid und damit verfügbar! Nicht zu vergessen ist außerdem die Tatsache, dass giftige bis hoch¬giftige Verbindungen erst durch Verbrennung aus dem Abfall erzeugt werden! Z.B. muß der an¬fallende Filterkuchen als gefährlicher Abfall in geschlossenen Containern und um teures Geld in einen Salzstock in Heilbronn exportiert werden, da in Österreich keine dafür geeignete Deponie vor¬handen ist!

Auch die erwähnte „Volumsreduktion“ auf 10% besteht keineswegs, man rechnet mit rund 45%, was in etwa auch das von uns favorisierte Biologisch-Mechanische Verfahren (BMV) schafft.

Es erscheint äußerst bedauerlich, dass das LEBENSministerium nicht mit aller Vehemenz dieses BMV propagiert (wie auch in der DeponieVO angeführt!), sondern einer prinzipiell unbeherrschbaren Technologie eines chemischen Riesenreaktors MVA Vorschub leistet.

Die Fernwärme Wien erwähnt immer wieder „Energiegewinnung“ und „–effizienz“. Dies entpuppt sich aber als Negativposten: Durch die Verbrennung wird mehr Energie zerstört als tatsächlich zu¬rückgewonnen werden kann. Wie hoch ist also der tatsächliche Wirkungsgrad der Müllverbrennung allein ohne Nutzung der Abwärme div. anderer Betriebe als Wärmequelle für die Fernwärme, wobei die selbst benötigte Energie der MVAs ebenfalls anzugeben und abzuziehen ist?

Mit Interesse erwarten wir eine Stellungnahme des Umweltministers.

Für die Überparteiliche Bürgerinitiative Müllverbrennung Flötzersteig
Lore Kummer e.h.
Carola Röhrich e.h.

E-mail: bi.mv.floetzersteig@utanet.at
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