Montag, 7. Jänner 2008
Ein potenter „Sponsor“ sucht einen Standort für ein Stadion, das er „seinem“ Klub schenkten will. Das wäre weder ganz neu noch besonders erwähnenswert. Natürlich will er es auf der grünen Wiese (oder Acker), wo denn sonst. Und er ist bereit, dafür einiges zu bieten. An wen soll er sich wenden, wenn nicht an die Stadt Wien? Wer sonst könnte so mir nichts dir nichts die Bedingungen für einen neuen Stadtteil, sagen wir in Rothneusiedl, schaffen, wenn nicht die Stadt selbst - auf dieser Wiese eben? Wer will mich? Der Bürgermeister ist Feuer und Flamme. Endlich kann er etwas vorweisen, das – in seinen Augen – eine tolle Weiterentwicklung der Stadt mit sich bringt: tausche Ackerland gegen Stadion, Einkaufszentrum und viele, viele Wohnungen für die vielen, vielen Menschen, die im bevölkerungsstärksten Bezirk Wiens neu angesiedelten werden sollen. Und dann geschieht das Unerhörte: die Landwirte, denen ein wesentlicher Teil der auserkorenen Grundstücke gehört, sind an diesem zukunftsträchtigen Projekt nicht im geringsten interessiert. Sie wollen nicht am Immobiliengeschäft verdienen, sondern ihrem Beruf nachgehen und die Äcker weiter bebauen. Viele Menschen aus der näheren Umgebung sind mit ihnen solidarisch. Auch sie wollen lieber Wiesen und Äcker in ihrer Umgebung als ein Rieseneinkaufszentrum samt Fußballstadion. Nicht dass die Stadt Wien dieses Wollen der Eigentümer und der sie umgebenden Bevölkerung vielleicht erkundet hätte. So weit kommt’s noch! Wozu denn auch? Was haben die denn schon zu reden? Sollen doch froh sein, wenn man ihnen so was Schönes vorentwickelt! Wer ist der Spekulant? Was aber tun? Enteignen? Wenig Chancen. Also zunächst Druck über die Medien, verbunden mit Verunglimpfung und Vernaderung, der schon etwas abgegriffenen „Wunderwaffe“ der SPÖ. Die Landwirte werden verunglimpft, ausgerechnet als „unvernünftige Spekulanten“. Weil sie das „großzügige“ Angebot der Stadt Wien ausgeschlagen haben. Als Leute, die den „sozialen Wohnbau gefährden“. Ach so ist das. Für Herrn Stadtrat Schicker gilt also nicht der als Spekulant, der im Insiderwissen um eine künftige Umwidmung Grund und Boden wohlfeil aufkauft (und damit die Unwissenheit oder Zwangslage des Verkäufers schamlos ausnützt, wofür das Gesetz den Wucher-Tatbestand kennt), sondern derjenige, der sich mit den ohnedies spärlichen, ihm zu Gebote stehenden Mitteln dagegen wehrt! Dafür muss er sich von seinem Drangsalierer ausrichten lassen, dass er diesem den Appetit und vielen Menschen die große Chance genommen hat, einen wunderschönen neuen Stadtteil aus dem Boden wachsen zu sehen – aus jenem Boden, den sie lieber unverbaut genießen wollen, weil der Grünraum in dieser Stadt ohnedies immer kärglicher wird. Farbe bekennen? Dabei hätte es die Stadt Wien in der Hand, solchen „Spekulanten“ das Handwerk zu legen. Sie bräuchte nur eine Abgabe auf den Widmungsgewinn einführen, die eine ungerechtfertigte Differenz zwischen dem Wert eines Grundstücks vor und nach der Umwidmung abschöpft. Das ist in vielen Städten der Welt Standard und in Wien schon seit Jahrzehnten „andiskutiert“. Freilich scheut man diese Abgabe wie der Teufel das Weihwasser, denn man könnte ja dieses schnöden Gleichheitsgrundsatzes wegen, der in unserer Verfassung niedergeschrieben ist, nicht die städtischen Günstlinge davon ausnehmen. Also dann lieber gar nicht. Wer da noch Fragen hat, möge sich getrost an Transparency International wenden. Es ist nicht auszuschließen, dass er dort die richtige Antwort erhält. Helmut Hofmann |