AKT!ON 21

Aufgeschnappt im Augarten


Mittwoch, 19. Dezember 2007

Die ÖVP Wien hat es für notwendig gefunden, der Debatte über den Augarten noch eine Aussendung hinzuzufügen, eine Aussendung, in welcher – nach massivem Protest der Bürgerinitiative, mit den GRÜNEN, deren Vorgangsweise und Zielstellung gleichgesetzt zu werden, das Thema Bürgerbeteiligung angesprochen wird. Was die ÖVP immerhin in ihrer Absicht von der Bezirks-FPÖ absetzt, die bisher keinen Anlass gesehen hat, sich von ihrer Verleumdungskampagne gegen parteiungebundene Bürgerinnen und Bürger – darunter auch solche, die sie zu vertreten vorgibt, zu distanzieren. Doch nicht alles an dieser Aussendung kann unwidersprochen bleiben.

Ein Satz fällt zunächst auf: dass sich „die ÖVP Wien immer dafür ausgesprochen hat, die Anrainer in ein solches Projekt einzubeziehen“. Wie stellt sich die ÖVP Wien das vor? Dass man die Bevölkerung zum Spatenstich in ein Festzelt einlädt? Oder ihnen die Möglichkeit einräumt, gegen die Spatenstichfeier, bei der sie ja doch unerwünscht ist (bei späteren Konzerten wäre sie dann wohl wieder erwünscht, als Zuhörerschaft), ein wenig, wie bei der Markthalle, zu protestieren? Oder haben wir etwas übersehen, das die ÖVP Wien in Sachen Augarten als Bürgerbeteiligung angeboten hat und das von den Bürgerinnen und Bürgern nicht beachtet worden war? U. A. w. g.

Etwas später heißt es dann: „Die ÖVP Wien sieht im Sängerknaben-Projekt beste Voraussetzungen, den Kultur- und Naturstandort Augarten zu gestalten und zu erhalten". Versuchen wir, diese Aussage zu analysieren. Zunächst ist die Rede vom Kultur- und Naturstandort Augarten. Standort impliziert ein Areal, auf dem sich Kulturgüter befinden, aber auch ein Areal, das sich Kulturgütern anbietet. Letzteres ist der Augarten mit Sicherheit nicht, denn sonst wäre er nicht unter Denkmalschutz. Denkmäler zeichnen sich ja gerade dadurch aus, dass sie sich Eingriffen, auch solchen zusätzlicher Kulturgüter, verwehren. Kulturstandort ist daher unscharf, da teilweise unrichtig. Noch unschärfer und unrichtiger ist der Begriff Naturstandort. Es handelt sich um „gestaltete Natur“ (Legalterminus), also um Raumkunst (Architektur) unter Zuhilfenahme natürlich wachsender Gestaltungselemente. Demgegenüber versteht der allgemeine Sprachgebrauch unter Naturstandort ein Gebiet, in welchem gestaltende Eingriffe durch den Menschen keine wesentliche Rolle spielen. Diesen Standort Augarten gilt es der ÖVP Wien „zu gestalten und zu erhalten“. Gestaltet ist er allerdings als „gestaltete Natur“. Schon, da muss nicht noch weiter „gestaltet“ werden. Und einen historischen Garten erhält, indem man in seine überkommene (denkmalgeschützte) Gestalt so wenig wie möglich eingreift. Neue Bauwerke dienen dazu am allerwenigsten. Das „Sängerknaben-Projekt“ aber ist ein Bauwerk, und zwar eines, das in der Gestaltung des denkmalgeschützten Augartens einen massiven Fremdkörper darstellt. Es ist, als ob man dem Augarten nicht nur den „Spitz“ wegzwickt, sondern ihm noch dazu an der Wunde ein Geschwür ansetzt, das wie die Faust aufs Auge passt. Ein Argument übrigens, das, wenn auch nicht in dieser Brutalität, auch gegen das Filmarchiv spricht. Auch dieses wäre ein wenngleich an die Umgebung besser angepasster Fremdkörper. Hätte die ÖVP die Bevölkerung in die Diskussion um das Projekt einbezogen, sie wäre mit dieser Analyse schon früher konfrontiert worden.
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