AKT!ON 21

Die „neue Fairness“ breitet sich aus:
Bürgerinnen und Bürger als „Feinde“ der Politker


Sonntag, 16. Dezember 2007

Für manche ist es nicht nur nicht verboten, klüger zu werden, für sie ist es offenbar auch wenig attraktiv. Es ist, als ob gewisse Reflexe wider bessere Einsicht immer wieder dann kommen, wenn ein Politiker glaubt, sie als billige Münze gebrauchen zu können. In bemerkenswert knapper Folge sind wieder einmal zwei völlig verschiedene, sozusagen „alt-etablierte“ Bürgerinitiativen – noch dazu in übelster Diktion - als Parteivorfeldorganisationen verunglimpft worden, einmal von einem Bezirksmandatar der FPÖ, einmal von einem Gemeinderatsabgeordneten der ÖVP. Dass man ihnen dabei nicht eben Nähe zur regierenden SPÖ vorgehalten hat, liegt auf der Hand; so ein gerüttelt Maß an Unglaubwürdigkeit schaffen nicht einmal Wiener Parteipolitiker. Also nimmt man – es bleibt ja sonst niemand übrig – die GRÜNEN, weil die meistens die Nase vorne haben, wenn es darum geht, die Stimmung in der Bevölkerung auszuloten und sich auf ihre Seite zu stellen.

Schüsse ins eigene Knie

Dabei staunt man über die Tatsache, dass die, die solches behaupten, über keinerlei stichhaltige Informationen, nicht einmal innerhalb ihrer Parteiorganisation, verfügen. Sonst müssten sie ja festgestellt haben, welche Exponenten aus ihren eigenen Reihen sich da in die angebliche Phalanx des politischen Mitbewerbers eingeschlichen haben und darob zumindest stutzig werden. Aber darum geht es ja offensichtlich gar nicht. Man hat den Argumenten der Bevölkerung wenig bis nichts entgegenzusetzen, und ist deshalb gar nicht willens, einen Diskurs auf sachlicher Ebene auszutragen. Da setzt man lieber auf vernadern, ausgrenzen, einfärben, anpatzen: das geht immer noch bei einem Teil der Wählerinnen und Wähler hinein. Und die aus den eigenen Reihen, wenn sie einmal doch auf Seiten der Bürgerinnen und Bürger identifiziert wurden, werden notfalls zur Räson gebracht, wie jüngst sogar der steirische Landeshauptmann und erst Recht kleine Bezirkspolitiker.

Unkritische Medien

So lange freilich unkritische Medienberichte solche Unterstellungen nicht hinterfragt übernehmen, tragen sie dazu bei, die politische Unkultur einzuzementieren, der manche Politiker in unserem Land frönen.

Politische Publikumsbeschimpfung?

Dabei ist es für Politiker nicht nur unredlich, einer Bürgerinitiative Parteizugehörigkeit zu unterstellen, es ist vor allem auch politisch äußerst unklug. Es zeugt nicht gerade von intelligenter Handlungsweise, den Teufel an die Wand zu malen. Wer aus kurzsichtigem Opportunismus engagierte Bürgerinnen und Bürger einer konkurrierenden parteipolitischen Gruppierung zuordnet, in der Hoffnung, damit der sachlichen Argumentation gegenüber der Bevölkerung zu entkommen und eine Frage in die Niederungen parteipolitischen Hickhacks zerren zu können, darf sich nicht wundern, wenn er von eben dieser Bevölkerung die Antwort bekommt, die er damit provoziert hat. Dass selbst jene, die seiner Partei bisher zugetan waren, sich bei der nächsten Wahlgelegenheit einer anderen wahlwerbenden Gruppe zuwenden oder zumindest Stimmenthaltung üben werden, wird niemanden überraschen. Die bei solchen Wahlen mangelnde Auswahl an seriösen Wahlwerbern steht dabei mit dem Schwund an Wahlbeteiligung in einem ursächlichen Zusammenhang.

Helmut Hofmann


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