Donnerstag, 6. Dezember 2007
Anrainer in Wien-Meidling kämpfen derzeit gegen ein Hochhausprojekt, das den Einzelhandel ruiniert, Lärm und Feinstaub verschlimmert und Mietern eine Hochhauswand vors Fenster setzt. Am Freitag, 7. Dezember 2007, 19 Uhr findet dazu eine Veranstaltung der Bürgerinitiative gegen das Komet-Hochhausstatt im Restaurant Wienerwald, Extrazimmer, Schoenbrunner Strasse 244, 1120 Wien – Eingang Biergarten.Von der Öffentlichkeit nur wenig beachtet, basteln die Stadt Wien, der Bezirk Meidling und ein rätselhaftes Amalgam aus einem Architekten, einem geheimnisvollen Investor und möglicherweise russischen Hintermännern emsig an ihrem Plan, im dichtbesiedelten Meidling direkt neben der staugeplagten Westeinfahrt ein Hochhausprojekt voranzutreiben. Gegen den Widerstand der Bürger. Und gegen jede verkehrspolitische Vernunft. Denn das Projekt ist in der Tat bemerkenswert schlecht, wenn man sich die Details genauer ansieht. Schon jetzt stöhnt das Gebiet unter den Pendlerkolonnen und LKW-Kolossen, die von der Westeinfahrt ins Wiental strömen. Laut ORF-Meldung vom 28.3.2007 sind auf der Schönbrunner Schlossstrasse täglich an die 40.000 Kfz unterwegs - laut ORF mehr als auf der Tiroler Inntalautobahn! Staus kommen hier regelmäßig vor. Dass ein Projekt mit einem 80-Meter-Turm und einer riesigen Einkaufszentrum-Kubatur mitten in dieser Gegend enorm viel zusätzlichen Verkehr erzeugt (nämlich laut Planungsbüro Rosinak in mehreren Verkehrsadern eine Steigerung um bis zu 15 Prozent), ist den Planern offenbar wurscht. Skurrile Aussagen von Lokalpolitikern, es handle sich „eh um keine Wohngegend“, treffen dabei auf Aussagen von Lärmexperten, denen zufolge der Lärm in den betroffenen Straßen schon so extrem sei, dass das überladene Gehör die 15-prozentige Lärmzunahme sowieso nicht mehr wahrnehmen könne. Dies wird von der Stadt Wien als Argument FÜR die Bewilligung des Projekts verwendet. Und es gibt noch mehr Kuriositäten. Eine Bezirksvorsteherin wettert besorgt gegen ein kürzlich geplantes Riesenhochhaus in Vösendorf, weil es angeblich die angrenzende Triesterstrasse überfordere. Beim Komethochhaus sagt dieselbe Bezirksvorsteherin hingegen, das Projekt „belebe“ die Umgebung. Aha!? Geheimnisse umgeben auch die nebulöse Investorenfirma, deren Spuren sich im Ausland im Unklaren verlieren. Ihr gelang es nicht, das ganze Grundstück zu erwerben. Trotz zeitweise fast täglicher Umwerbung mit Telefonanrufen und Geldangeboten leisten drei Hausbesitzer dem Projekt noch immer Widerstand und wollen bis jetzt nicht verkaufen. Diese drei Häuser sollen nun anscheinend an zwei oder drei Seiten vom Riesenkomplex umbaut werden. Ob sich das Einschließen von Wohnhäusern und der Wohnzimmerblick auf eine wenige Meter entfernte Hochhausfassade mit der Bauordnung und Flächenwidmung vertragen, wird noch zu klären sein. Lärmschutzfenster werden den Anrainern jedenfalls nicht gegönnt. Stadt Wien, Bezirk und die Investorengruppe verweisen dabei mit seltsamen Argumentationen auf ihre Unzuständigkeit und erklären, man möge sich das Geld doch vom jeweils anderen holen. Skurrile Details dazu werden in einem der nächsten Oekonews-Texte geschildert werden. Kürzlich erfolgte auch eine brisante Feinstaubmessung. Greenpeace und die 2004 gegründete „Bürgerinitiative Kometgründe“ haben neben dem Haus Schönbrunner Schloßstrasse 2, wo das Hochhaus errichtet werden soll, die Parameter PM-10, PM-2,5 und PM-1,0 gemessen. Die Werte sind beunruhigend hoch, sogar bei leichtem Westwind, der die Luft für gewöhnlich reinigt. Die Stadt Wien hingegen misst am falschen Ort, und überdies die falschen Werte (nämlich viele hundert Meter entfernt in der Dunklergasse beim Gaudenzdorfer Gürtel, gemessen wird die Hintergrundbelastung in einer Seitengasse und nicht die Spitzenwerte an Hauptverkehrsstraßen mit Schluchteffekt durch hohe Häuserfronten), und verwendet diese fragwürdigen Werte im Baubescheid. Das Thema ist topaktuell: Kürzlich wurde der Gründruck, also der vorläufige Entwurf der Flächenwidmung für das Hochhaus verschickt, in ihm ist die besondere Situation der drei Häuser, die nun vom Komet-Riesenbau umschlossen werden sollen, nicht berücksichtigt. Der Plan gibt an, wie hoch das Hochhaus werden darf, übrigens nicht bezogen auf die umliegenden Straßen, sondern auf den historischen Höchstwasserstand des Donaukanals beim Schwedenplatz, das sogenannte „Wiener Null“. Wie man gerüchteweise hört, wird dieser Entwurf zur Flächenwidmung nicht diskutiert, sondern eilig durch die Instanzen gedrückt: Normalerweise geht so ein Entwurf von der MA 21B (Stadtteilplanung) an den Bezirk (der nach Beratung eine Stellungnahme abgibt), dann in den Fachbeirat (der die Bezirkswünsche beurteilt), dann arbeitet die MA 21B die Vorschläge ein, und dann erst wird der Rotdruck, die endgültige Version, öffentlich präsentiert. Meidling ist aber offenbar ein gehorsam nickender „Uns ist alles recht“-Bezirk, der lediglich über die Existenz des Gründrucks informiert wurde, den Entwurf aber nicht in den Gremien diskutieren wird. Stattdessen hat Ingenieur Herbert Buchner (MA 21B) den Entwurf über den Fachbeirat gleich direkt in den Rotdruck geschickt, wird uns zumindest von Informanten berichtet. Dann gibt es auch noch einen Beirat, wo Stadt-Wien-Experten und der Investor ein Mitglied der Bürgerinitiative eingeladen haben, an Beratungen teilzunehmen. Zu Beginn der Beratungen hat Beirat-Vorsitzender Ing. Volkmar Pamer (MA 21B) gleich erklärt, das Projekt sei fix, daran gäbe es nichts zu verändern. Wozu dann so ein Beirat gut ist, wenn alles schon entschieden ist, hat er nicht gesagt. Dafür hat die SPÖ Wien am 2. Oktober per Presseaussendung verkündet, dass die Anrainer in konstruktiver Weise in die Planungen einbezogen werden. Ha, das klingt doch schön. Auf meine inoffizielle Anfrage bei mehreren zuständigen Personen hörte ich staunend, dass es natürlich eine Falschinformation sei, dass die Bürger über die Art der Verbauung der Kometgründe mitentscheiden könnten. Man könne im Beirat nur besprechen, wo etwa ein paar Bäume hingepflanzt werden oder ein Taxistandplatz hinkommt. Das Projekt sei unveränderlich. Die Falschinformation, dass die Bürger mitentscheiden dürften, sei höchstwahrscheinlich von den Grünen oder der Bürgerinitiative verbreitet worden. Am spannendsten ist das ebenfalls kursierende Gerücht, dass die Stadt Wien einst die Flächenwidmung, also die erlaubte Höhe des Hochhauses, herabsetzte, um einen unliebsamen Investor abzuschrecken, und nun die Flächenwidmung in große Höhen hinaufschob, um einem erwünschten Investor ein kleines Geschenk zu machen. Da hat es sich wohl ausgezahlt, dass dieser Investor einst Ex-Minister Karl Schlögl zum Berater hatte. Von der richtigen Partei, versteht sich. Dem Wahrheitsgehalt dieser erstaunlichen Behauptungen und vielen anderen beunruhigenden Fakten dieses unsinnigen Projekts wird oekonews in den kommenden Wochen nachgehen. Dieser Artikel ist von Oekonews (30.11.2007) übernommen Links zu diesem Thema
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