Mittwoch, 22. Jänner 2020
Zumindest hat die FPÖ mit dem Antrag, die aktuelle Stunde des Nationalrats dem Thema „Bürgereinbindung“ zu widmen, den Anstoß zur Demaskierung der Parteien gegeben: das hat sie den anderen voraus. Es ist weder boshaft noch zynisch zu sagen, das wars auch schon; nicht eben berauschend für eine Oppositionspartei. Und es ist traurig, wenn fast alle Parteien ausgerechnet jener Partei, die sich bei allen möglichen Gelegenheiten als Vorkämpferin für Bürgerbeteiligung geriert, Demagogie und Volksverhetzung vorwerfen und in diesen Vorwurf gleich auch das demokratische Instrument der Partizipation miteinbeziehen. Selbst wenn dieser Vorwurf berechtigt wäre, kommt er jedenfalls von Parteien, die bislang alle Gelegenheiten, es besser zu machen, verabsäumt haben und die dazu besser beschämt schweigen sollten. Bürgerbeteiligung – eine „Entdeckung“? Aber wie weit ist es mit dem realen Willen zur Bürgerbeteiligung bei der FPÖ her? Jahrelang hat sie sich zu diesem Thema wohlweislich in Schweigen gehüllt. Sie hat lange gebraucht um zu begreifen, dass Bürgerbeteiligung weder ein Monopol ihrer Erzfeinde, den Grünen, ist, noch ein Vehikel, dessen man sich für durchsichtige parteipolitische Interessen nach Lust und Laune bedienen kann. Erst vor wenigen Jahren hat sie sich zu einem eigenen Modell der direkten Demokratie durchgerungen, das bei erfolgreichen Volksbegehren eine verpflichtende Volksabstimmung vorsieht. Die dafür vorgesehene Zahl der Unterschriften war allerdings nur für größere politische Parteien und einige wenige etablierte Organisationen mit hunderttausenden von Mitgliedern faktisch erreichbar. Zwar besser als gar nichts, aber eben nicht viel besser. Unser Modell, das auf eine von den betroffenen Bürgern mitgestaltete Form der Mitsprache anstelle einer von oben verordnete Bürgerbeteiligung abstellt, wird von der FPÖ nach wie vor ignoriert. Das macht misstrauisch. Ernster Wille? Misstrauisch hat auch der Umstand gemacht, dass im Koalitionsübereinkommen mit der ÖVP selbst Maßnahmen zur Stärkung der plebiszitären Demokratie ans Ende der Legislaturperiode gestellt wurden, womit die Wahrscheinlichkeit, dass es zu konkreten Beschlüssen kommen könnte, von Beginn an sehr gering war. Dabei hätten sich sogar die Oppositionsparteien schwergetan, gegen eine wohlüberlegte und ehrliche Stärkung der Bürger-Mitsprache zu stimmen, wenn der Wille zu einer solchen demokratischen Entwicklung wirklich vorhanden gewesen wäre. Selbst im koalitionsfreien Raum der zweiten Jahreshälfte 2019 wäre da genügend Spielraum gewesen, um eine Mehrheit für eine solche „kleine Demokratiereform“ zu gewinnen. Es war ein aufgelegter, aber leider vergebener Elfmeter. Überfallsartige Revanche-Fouls waren offenbar wichtiger. Nichts Konkretes Auf der angesprochenen Gemeindeebene wird das Fehlen jedweder ernstzunehmender Bewegung in Richtung Bürgerbeteiligung zu Recht kritisiert. Was dabei fehlt, sind konkrete Vorschläge, wie man die demokratische Mitwirkung stärken könnte. Dabei gäbe es genügend Ansatzpunkte, ausgehend vom Implementierungsvorschlag der Aktion 21 – pro Bürgerbeteiligung, der ja allen offensteht, über Alternativvorschläge zu diversen „Papieren“, die von der rot-grünen Gemeinderatsmehrheit in aller Stille beschlossen wurden und die eher einem Aufsatz über mehr Bürokratie als einem Ansatz zu mehr Demokratie entsprechen. Der Grund für das Fehlen konkreter Kritikpunkte zeigt sich beim einzigen konkreten Beispiel, der Ablehnung einer BürgerInnen-Befragung zur Umgestaltung des Gersthofer Platzls durch die (grüne) Bezirksvorsteherin. Kritik sollte nämlich nicht so weit gehen, jemanden dafür zu schelten, dass er sich an die gesetzlichen Kompetenzbestimmungen hält und nicht zulässt, was zuzulassen oder zu gestatten einem Bezirksvorsteher aufgrund der Stadtverfassung nicht zusteht. Das war’s auch schon, ja, leider. Da wartet viel Arbeit auf den neuen blauen Wiener FP-Chef. Helmut Hofmann |