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Initiative Denkmalschutz: Wertvolles Grab-Mausoleum am Hietzinger Friedhof zerstört




Dienstag, 24. Oktober 2017

Späthistoristischer Gindreau-Grabtempel in Formen der italienischen Renaissance abgerissen

Vor wenigen Wochen wurden rund 300 Gräber auf dem Hietzinger Friedhof in der Maxingstraße 15 aufgelassen, darunter auch das 1907 erbaute Grab des Alphons Gindreau, ein "übereckgestellter Tempietto mit toskanischen Säulen und Flachkuppel in Formen der Florentiner Frührenaissance" (Zitat Dehio; Hrg. Bundesdenkmalamt). Ein Besucher hat unseren Verein darauf aufmerksam gemacht, dass zwischen 26. September und 4. Oktober die Gindreau-Familiengruft dem Erdboden gleich gemacht wurde (Gruppe 13, Nr. 1). Ob der Bedeutung und des kulturhistorischen Wertes dieses Mausoleums in Form eines kleinen Tempels erachtet die Initiative Denkmalschutz dies als "schweren Verlust", zumal nach ersten Recherchen der Hietzinger Friedhof als Kulturdenkmal gleich doppelt geschützt sein sollte. Doch dies stellte sich nach weiteren Recherchen als Irrtum heraus.

Abriss trotz Denkmalschutz und Schutzzone !?

Wie es in der offiziellen Denkmalliste des Bundesdenkmalamtes heißt, steht die "Gesamtanlage" gemäß § 2a Denkmalschutzgesetz unter Denkmalschutz (siehe: Denkmalliste). Außerdem befindet sich der Friedhof gemäß § 7 Bauordnung für Wien in einer Schutzzone der Stadt Wien. Allerdings musste unser Verein nach Erkundigungen im Denkmalamt feststellen, dass dieser Schutz – entgegen der offiziellen Darstellung des Bundesdenkmalamtes in der eigenen(!) Denkmalliste – nur für einzelne Gebäude und Grabhaine gilt, nicht jedoch für dieses Grabmausoleum. Dies ist auf eine amtsinterne Erhebung zurückzuführen, die nur Teilbereiche des Hietzinger Friedhofes als denkmalschutzwürdig ausweist, aber der Öffentlichkeit (Denkmalliste) bis dato nicht bekannt gemacht wurde. Wieso auch seitens der Stadt Wien eine Bewilligung möglich war bzw. akzeptiert wurde, ist uns (noch) nicht bekannt.

Viele Grabdenkmäler auf Wiener Friedhöfen akut bedroht

Leider schreitet der Kulturgutverlust in vielen Wiener Friedhöfen fast unbemerkt von der Öffentlichkeit weiter fort. Viele Grabdenkmäler verfallen: Neben dem Jüdischen Friedhof Währing, der nach langer Zeit zum Glück vor einer Sanierung steht, möchten wir besonders auf die bedrohten Grabdenkmäler aufmerksam machen, die nach deren Auflösung wohl das gleiche Schicksal ereilen werden wie das Gindreau-Grab. Hochbedeutende Gruftanlagen befinden sich insbesondere auf dem Döblinger Friedhof, St. Marxer Friedhof oder auch am Wiener Zentralfriedhof.

Fotos

- Foto vor dem Abriss des Gindreau-Grabs auf Wikipedia: Gesamtansicht
- Seitliche Rückansicht vor Abriss
- Gindreau-Grabstein

Foto (anbei): Grabstelle nach Abriss des Grabdenkmals; Copyright: Initiative Denkmalschutz

R ü c k f r a g e h i n w e i s:

Markus Landerer und Claus Süss
Initiative Denkmalschutz
0699 1024 4216 oder 0676 / 740 43 27
www.initiative-denkmalschutz.at

PS: Wenige Wochen zuvor wurde das Grab des berühmten Geigenvirtuosen Vása Príhoda (1900-1960) aufgelassen, siehe: https://www.1133.at/document/view/id/1244

PPS: Die im "Gindreau-Grab" bestatteten Personen: Gindreau Alphons, Alphonse, Eugen, Zäzilie +++ Goraud Alphons +++ Goroud Clemence +++ Gross Aloisia, Emil +++ Grosz Emilie +++ Groß Hugo +++ Gyulay Gräfin Von Hermine +++ Gyulay Von Maros, Nemeth Und Nadaska, Graf Richard (Quelle: www.friedhoefewien.at)

Quellen:
- Dehio-Handbuch, Die Kunstdenkmäler Österreichs, Wien X.-XIX. und XXI.-XXIII. Bezirk, (Topographisches Denkmälerinventar herausgegeben vom Bundesdenkmalamt), Wien 1996, S. 259
- Denkmalverzeichnis des Bundesdenkmalamtes: https://bda.gv.at/de/denkmalverzeichnis
Links zu diesem Thema
Kultur auf Friedhöfen geht überall zu Grunde 
von JK am 2017-12-05 um 16:39 Uhr
Ein Blick auf den Dornbacher Friedhof ist auch lohnend.
auch dort droht vielen sehenswerten Grabanlagen die Spitzhacke. Immerhin ist auch Anna Sacher hier begraben!