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Lobauautobahn, S1 Wiener Aussenringautobahn und 3. Piste - „Genug ist nicht genug....“¹


Dienstag, 24. Oktober 2017

Mehr Tempo beim Ausbau bestimmter Infrastrukturprojekte wünscht sich der Präsident der Wirtschaftskammer Wien, Walter Ruck. Es ist nicht das erste Inserat, ob in heute oder Österreich, das auf einen scheinbaren Stillstand hinweist. Aber es geht eben um wirtschaftlich auch umstrittene Großprojekte wie den Lobautunnel und die 3. Flugpiste.

Der Lobautunnel würde noch mehr Durchzugsverkehr von Nord nach Süd und umgekehrt bringen. Dramatisch wären Unfälle in diesem Tunnel. Bereits durch den Bau kann es auch zur Gefährdung von Grundwasserströmen innerhalb der Lobau kommen. Ein weiteres Straßengroßbauprojekt wie die S1 – Wiener Aussenring Schnellstraße Spange Aspern(siehe Internet) zur Totalerschließung der Seestadt und Vorprojekt für den Lobautunnel ist bereits in der behördlichen UVP Phase (mündliche Verhandlungen vom 30.11. bis 6.12.2017). Eine Umwelt-Entlastung Wiens kann nicht sein, daß immer mehr Straßen und Flugpisten verfügbar gemacht werden. Grünflächen verschwinden, der Lärmpegel steigt, Ozon- und Feinstaubbelastung mit Grenzwertüberschreitungen häufen sich, in ganzen Straßenzügen gab es heuer gravierende Blattschäden und zusehends absterbende Bäume – die Hitze allein war es nicht.
Walter Ruck berücksichtigt keine Umweltschäden, keine teuren Erhaltungskosten von den von ihm gepushten Infrastrukturprojekten und schon gar keine Gesundheitskosten für eine ansteigende Zahl von atemwegs- oder Herz-Kreislauf gefährdeten Menschen.

Wirtschaftlich sind wir auf Schiene – wozu einen Zahn zulegen?

Als Baufirma-Unternehmer macht sich Walter Ruck für die angesprochenen Infrastruktur-Bauprojekte stark und er vertritt damit indirekt die durch Fusionierung (Zusammenschluß von mindestens 2 Unternehmen) immer mehr zusammenwachsende globale Zementindustrie. Es entspricht der Logik der Baubranche einen scheinbaren Sachzwang als einzige Realität zu kommunizieren: Österreich sprich Wien und Niederösterreich kann wegen dem Nichtausbau von Lobautunnel oder 3. Flugpiste einem starken Wettbewerb nicht standhalten und gefährdet seinen Wirtschaftsstandort. Ein Bericht von der Presse vom 7.6.2017 spricht aber von kräftigem Wirtschaftswachstum und weniger Arbeitslosigkeit. Selbst aus dem Wirtschaftskammer Oesterreich (WKO ) Bericht vom September 2017 wird von einem Wirtschaftswachstum des BIP (Bruttoinlandsprodukt) von 1,7% für 2017 und 2018 gesprochen. Teure Löcher graben und Felder planieren klingt vereinfacht gesagt nicht so gut – es werden aber Milliardenbeträge dafür bereitgestellt. Obwohl die Baubranche in Verruf gekommen ist durch fragwürdige Subfirmen-konstruktionen mit Billigarbeitskräften aus Ostländern, um sich Wettbewerbsvorteile (vielleicht sogar ungerechtfertigte Gewinne) zu verschaffen ohne Rücksichtnahme auf heimische arbeitslose Menschen.
Eine Zusammenlegung der staatlichen Infrastrukturgesellschaften und aller Infrastruktur-Regulatoren in eine Holding (ein konzernartiges Konstrukt für kreative Geschäftsmodelle das meist Aktionären verpflichtet ist) verheißt nichts Gutes. Staatlich geregelte Betriebsformung sind ein notwendiges Gegengewicht zu einem überbordendem Einfluß von Privatinteressen. Zusätzlich einen Standortanwalt (von der Wirtschaftskammer bezahlten?) einzuführen wirft schon einige Fragen auf. Wurde nicht bereits im TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) ein internes Schiedsgericht zur Bekämpfung sogenannter Wettbewerbsnachteile (z.B. Soziale und Umweltstandards) gefordert?
Leider kann der Wirtschaftskammer Wien der Versuch gezielter Manipulation Jugendlicher bzw. Junger Erwachsener unterstellt werden: eine Werbeeinschaltung vom Berufsinformationszentrum der Wiener Wirtschaft befindet sich gleich neben der Serieneinschaltung: Das sagt die Wiener Wirtschaft.
Einen Zahn zulegen für den scheinbar unabdingbaren Ausbau des Lobautunnels und der 3. Flugpiste wird den Angesprochenen im Alter von 13 – 20 Jahren als Wahrheit suggeriert. Werden doch sonst weniger Arbeitsplätze vorhanden sein. Aber mit den Gesamtgeldsummen beider Projekte können natürlich auch andere Arbeitsplätze geschaffen werden.

Statistische Zahlenspiele – Argumentieren nach Zahlen

Im September 2017 wurde von der Wirtschaftskammer Österreich ein Bericht über die Wirtschaftslage in Österreich veröffentlicht. Es wird von einem höchsten Wirtschaftswachstum seit Jahren gesprochen. Seit 2016 gibt es einen kontinuierlichen Rückgang der Arbeitslosen. Auffällig ist nur ein Abwärtstrend bei Bauinvestitionen aber auf positivem Niveau (2017 + 2,8% u. Prognose für 2018 + 1,5%).
Nach EU Vergleich der Europäischen Kommission mit den anderen Mitgliedsstaaten für den Zeitraum von 2000-2017 liegt Österreich auf dem 20. Rang (von 28) liegt aber noch vor Niederlande, Deutschland, Finnland, was aber irgendwie fragwürdig erscheint bei Kenntnis der realen Wirtschaftsleistung dieser Länder. Speziell die Oststaaten haben aufgrund EU Förderprogrammen und Schaffung von Firmensitzen auch österreichischer Firmen ein hohes Wachstum zu verzeichnen.
Wenn das Sprachrohr der WKO Wien, Walter Ruck, als erwünschtes Zuwachsziel vielleicht ein Wirtschaftswachstum für 2018 von 4,4 % sieht, dann bezieht er sich auf die EU-Staaten Luxemburg und Malta. Beides sind ausgewiesene Steueroasen. Wobei Malta durch ein tödliches Autobombenattentat gegen eine Korruptionsaufdeckerin in die Negativschlagzeilen gekommen ist.
Sehr optimistische Zahlen bringt das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo) für das Jahr 2017 – nämlich sogar 2,8% Wirtschaftswachstum.
Diese statistischen Zahlen besagen aber nicht wie gerecht eine Verteilung innerhalb eines Staates gestaltet wird und wie es letztlich jedem Einzelnen wirklich ökonomisch geht.

Warum tickt Wirtschaft so wie sie tickt....

Bei Großprojekten ist auch immer interessant woher das Geld kommt und wie Banken miteinander verwoben sind. Es gibt im Grunde keine ethischen, sozialen oder ökologischen Standards für die Vergabe von hohen Geldmitteln. Statt Geld verantwortungsvoll zu verwalten und gerecht zu verteilen wird spekuliert und aus dem Nichts Geld „geschöpft“. Hier hat sich über die letzten Jahrzehnten eine völlige Schieflage entwickelt. Die verantwortliche Politik wurde zum Spielball der sogenannten Finanzwelt mit einer inzwischen gravierenden Einflußnahme auf die wirtschaftliche Entwicklung eines Staates – und das ist kein Naturphänomen und auch keine Verschwörungstherorie!


Der folgende Text wurde zu 100% von ATTAC
("Vereinigung zur Besteuerung von Finanztransaktionen zugunsten der BürgerInnen", siehe homepage) übernommen

EZB: 98 Prozent der BeraterInnen aus der Finanzindustrie

Die Beratergruppen der Europäischen Zentralbank (EZB) werden von globalen Finanzkonzernen dominiert - als ob es die Finanzkrise nie gegeben hätte: Das zeigt eine neue Studie der Brüsseler NGO Corporate Europe Observatory. 508 von 517 verfügbaren Sitzen sind VertreterInnen von Finanzinstituten zugewiesen, nur zwei kommen aus dem VerbraucherInnenschutz.

Besonders stark vertreten sind die Deutsche Bank und die Commerzbank, die französische BNP Paribas, die Societé Générale, die Crédit Agricole, die italienische UniCredit und Intesa Sanpaolo sowie die spanische Santander, die amerikanische Citibank und BNY Mellon.

Die "Unabhängigkeit" der EZB gilt also nur einseitig. Sie ist unabhängig von den Interessen der Bevölkerung und demokratisch gewählten Parlamenten. Sie ist aber in hohem Maße vernetzt mit und abhängig von Banken und Finanzkonzernen. Das muss umgekehrt sein! Sowohl Geldpolitik, als auch Bankenaufsicht müssen der demokratischen Kontrolle durch Parlamente unterstellt werden, ihre Ziele und Maßnahme politisch gestaltet werden.


Klaus Wechselberger
Umweltinitiative Wienerwald

Artikel in der Zeitung "Heute" Klick Hier

Musik-Tipp:

¹ Zum Titel passend in Anlehnung an ein Lied von Konstantin Wecker, empfehlenswert auch Reinhard Meys Lied: „Sei wachsam!“
Hier der Link dazu https://www.youtube.com/watch?v=CdBo34ycvkw



Stadtbild oder Stattbild - automobile Folgen für Alleen in Wien - 19. Bezirk, Peter Jordan Straße; 15.10.2017