Sonntag, 5. Februar 2017
Die konkrete Erfahrung lehrt: gewählte Bezirks- und Gemeinderatsvertreter werden vor entscheidenden Abstimmungen über Projekte unzureichend und falsch informiert. Um das zu vermeiden, hat Aktion 21 auch alle Vertreter der Grünen in einem Mail auf umfassende Informationsquellen hingewiesen.Haltet den Dieb! Schon vorstellbar, dass dies an gewissen Stellen sauer aufgestoßen ist. Deshalb hat die grüne Obfrau des 16. Wiener Gemeindebezirks, Kerstin Maireder, Aktion 21 gerüffelt und ihr in Begleitung zweier Links zu Ausführungen über das gesetzliche SPAM-Verbot einen (nicht näher ausgeführten) Gesetzesverstoß vorgeworfen. Offenbar liegt dieser nach Meinung von Frau Maireder im Werbungs-Charakter eines an eine (deutlich unter 50 liegende) Mehrzahl von Empfänger(inne)n adressierten Mails - ein Vorwurf, der auch rechtlich ins Leere geht. Basisdemokratie war gestern Aber es ist nicht die Rechtsfrage, die beunruhigt. Man muss es sich auf der Zunge zergehen lassen: eine Abgeordnete, nicht irgendeine, nein, eine der Grünen, rügt – noch dazu unberechtigterweise – die Tatsache, dass Wählerinnen und Wähler sich unterstehen, die gewählten Mandatare vor einer entscheidenden Abstimmung über den Gegenstand dieser Abstimmung Informationen zukommen zu lassen, die sie sonst nicht erhalten könnten. Was denkt eigentlich so eine Abgeordnete, wozu sie von ihren Wählerinnen und Wählern ihr Mandat bekommen hat? Und: sind die Grünen schon so weit ins Establishment abgerutscht, dass sie sich die politische Kontaktnahme mit ihren Wählerinnen und Wählern verbitten? Die sozial Schwächeren denen die Obrigkeit helfen muss, sind für die rot-grüne Stadtregierung offenbar die Investoren und ihre Klientel, die sich nach der durch die „Reichensteuer“ drohenden Verarmung gerade noch ein paar Luxusappartements in bester und höchster Lage leisten können, öffentlich „finanziert“ durch Umwidmungen und Bereitstellung öffentlichen Grundes. Die sozial Schwächeren kommen eben nicht mehr aus der Arbeiterklasse, sondern aus der oligarchischen Aristokratie östlicher Prägung. Indem man für sie leistbaren Wohnraum schafft, werden sie ihre bisherigen Wohnquartiere wohl für die übrigen Bedürftigen freimachen. Sie lachen? Anfänglich wurde diese Farce einfachen Politikergemütern unter „leistbaren Wohnraum schaffen“ tatsächlich untergejubelt. UNO-Öxit? Was die Stadtregierung am meisten stört ist die Tatsache, dass die Republik Österreich mit der UNESCO, der für kulturelle Fragen begründeten Sonderorganisation der UNO mit 195 Mitgliedstaaten aus aller Welt, einen völkerrechtlichen Vertrag (Welterbekonvention) geschlossen hat, der nicht nur mit Rechten, sondern auch mit Pflichten verbunden ist. Zu letzteren gehört auch die Bewahrung und Pflege von Kulturstätten, nicht nur, aber vor allem derjenigen, die von der UNESCO mit dem „Welterbe“-Prädikat ausgezeichnet wurden. So zu tun, als ginge Wien diese Verpflichtung nichts an, wäre eine Brüskierung der UNO, die sich nicht einmal ein Donald Trump träumen ließe. Schon das Spiel mit diesem Feuer ist imstande, Österreich einen gar nicht abschätzbaren politischen Schaden zuzufügen. Hochhaus war Vorgestern Befürworter des geplanten Baues aus dem Lager der Stadtregierungsparteien haben mehrfach die Meinung vertreten, er sei fortschrittlich, die Gegner hingegen wollten die Wiener Innenstadt unter eine Käseglocke stellen. Architekten und Städteplaner, die in Hochhäusern das Bauen der Zukunft sehen, haben die städtebauliche Entwicklung verschlafen. Sie sind in der Architektur von gestern steckengeblieben. Avanciertes Bauen der Zukunft wird nämlich aus vielerlei Gründen, vor allem aber aus energiepolitischen und gesundheitlichen, nicht in die Höhe, sondern unter der Erde stattfinden (Futuro Liestal, NC Homes britische A-Büro, Malcolm Wells, Mikael Rinne, Professor an der Aalto Universität in Helsinki). Freiraum ist Grünraum Grünraum ist lebenswichtig. Die heutige Großstadt ist aus ökonomischen Gründen gezwungen, Wohn- und Arbeitsräume auf Kosten des Freiraums zu bauen, was vor allem eine Einschränkung des Grünraums bedeutet. Im Kampf gegen diese für die Lebensqualität von Großstädten bedenkliche Entwicklung bringt die rot-grüne Stadtregierung ein Opfer nach dem anderen – auf Kosten der Bevölkerung. Dem Moloch Versiegelung legt eine Partei, die einst dem Kampf um jeden Zentimeter Grünraum ihren Namen verdankt, einen Baum nach dem anderen zu Füßen. Die gesetzlich vorgeschriebenen Ersatzpflanzungen erweisen sich in der Regel als reiner „Pflanz“. Bei der geplanten Heumarkt-Verbauung gibt es keinerlei Ausgleich, geschweige denn einen Freiraum-Mehrwert für den Frei- und Grünraumverlust. Lügen mit Bildern und Mehrwert Als Ausgleich für den baubedingten Flächenverlust wurde dem WEV im ursprünglichen Entwurf ein Stück der derzeitigen öffentlichen Verkehrsfläche (Bundesstraße 1) angeboten. In Modellskizzen des Erstprojekts wurde darauf schlicht und ergreifend „vergessen“. Solche Falschdarstellungen werden von den Bauwerbern mit dem Hinweis auf deren Unverbindlichkeit zu rechtfertigen versucht. Das alles hat die meisten Medien, so auch die E-Postille GRÜN 3.0 der Landstraßer Grünen, dazu bewogen, eine schöngefärbte Modellskizze des Erstentwurfs unkritisch abzubilden. In letzterer meint der grüne Bezirksrat Bota Akcay zudem: „Zu einer tragfähigen Lösung gehören für uns die Sicherung des Wiener Eislaufvereins und des Eislaufbetriebs am derzeitigen Standort, ein erheblicher und kostenfreier Mehrwert durch das Projekt für die BewohnerInnen, Öffnung der Barriere zwischen dem 3. und 1. Bezirk mittels eines öffentlichen Durchgangs zwischen Heumarkt und Lothringerstraße, kein Verlust des Weltkulturerbes“ – alles unverbindliches Gerede, dessen mangelnde Relevanz den meisten Abgeordneten mangels ehrlicher Information eben nicht bewusst sein dürfte und Aktion 21 veranlasst hat, diesen Informationsmangel zu beseitigen. Dafür verdient sie wohl eher Lob als Prügel! Aufklärung der Aufklärer Den Eislaufverein sichert ausschließlich sein langfristiger Pachtvertrag. Für die Fläche, die er für den Bau abtreten soll, will er einen Ausgleich. Diesen kann der Bauwerber nur anbieten, wenn ihm die Stadt Wien dafür ein Stück öffentlichen Freiraum „schenkt“. Der WEV hat nichts davon. Der „erhebliche und kostenfreie Mehrwert“ für die Bewohnerinnen konnte bis heute nicht konkretisiert, geschweige denn bewertet werden. Der Scherz mit dem öffentlichen Durchgang scheint aufgrund seiner Aufdeckung nicht mehr als „mehrwertbildend“ auf – er ist nämlich bereits seit vielen Jahren im Flächenwidmungsplan enthalten, allerdings nie eingefordert worden. Der drohende Verlust des Weltkulturerbes liegt in der Hand der Grünen: so lange sie ein Projekt unterstützen, das den Entzug des Welterbestatus durch die UNESCO provoziert, verspielen sie durch solch populistische Forderungen jedwede Glaubwürdigkeit. Freiheit von Meinung - Meinungsbefreiung? Angesichts solcher Tatsachen kommt man zu dem Schluss, dass PolitikerInnen die Wahrheit am wenigsten vertragen können, weil sie zumeist ihre eigene Unzulänglichkeit aufzeigt. Wahrscheinlich ist es das, was Frau Maireder an unserem Infomail zu schaffen macht. Dazu passt ja, dass die Partei ihrer Bezirksobfrau im 3. Bezirk nach jahrelangem Bemühen um grüne Ideale den Laufpass gegeben hat, weil sie sich nach gewissenhafter und reiflicher Überlegung der überwiegenden Meinung ihrer Wähler und Wählerinnen angeschlossen hat. Bürgermeinung scheint bei Regierungsparteien eben nicht gefragt zu sein. Seitenwechsel? Wenn in einer politischen Partei so viele ihrer ureigensten Prinzipien mit Füßen getreten werden, kann es dafür keine andere Begründung geben als die durch einen radikalen Seitenwechsel erfolgte Anpassung.an jenes politische Establishment, gegen das man einst als Opposition – wählertäuschend - zu Felde gezogen war. Aktion 21 wird gespannt verfolgen, wie die obersten Gremien der Grünen auf die Entgleisung ihrer Abgeordneten gegenüber A 21 – pro Bürgerbeteiligung und den hinter ihr stehenden Bürgerinnen und Bürgern reagieren werden. Wenn schon die in Wien für Bürgerbeteiligung amtlich zuständige Frau Dr. Kickert unmissverständlich angedeutet hat, dass man als Juniorpartner in einer Koalition eben vieles nicht durchsetzen kann, dann kann diese Erklärung wohl nicht für eine Bürgerbeleidigung gelten, die den eigenen Parteigrundsätzen diametral entgegengesetzt ist und auf die auch ein größerer Koalitionspartner keinerlei gestaltenden Einfluss ausüben kann. U.A.w.g. H. Hofmann |