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BI Flötzersteig: Stellungnahme zum Entwurf des Wr. Abfallwirtschaftskonzeptes und Umweltbericht 2007


Mittwoch, 22. August 2007

"Die Gemeinde Wien ist gesetzlich verpflichtet, immer wieder neue Abfallwirtschaftskonzepte zu erstellen. Da Wien zum Müllverbrennungszentrum Europas ausgebaut ist, hat unsere BI MV Flötzersteig fristgerecht eine Stellungnahme dazu abgegeben, um die ökologisch und ökonomisch verheerenden Folgen für Gesundheit und Umwelt der Wiener anzuprangern und neuerlich die Schließung der MVA Flötzersteig zu fordern. Mißbrauchen die Verantwortlichen im roten Wien ihre absolute Machtposition, um diese Situation zu verharmlosen? In Wien ist nämlich bereits die 5. (!) MVA in Bau und nicht die 3., wie immer wieder fälschlich behauptet wird! Die Wiener werden zur Zahlung immer höherer Müllgebühren verdonnert, obwohl es längst weitaus billigere und unbedenklichere Müllbehandlungsarten gibt, die im Gesetz auch aufgeführt sind ..."


An die MA 48
AWK 2007
Einsiedlergasse 2
1050 Wien
per mail: post@m48.magwien-gv.at

Stellungnahme zum Entwurf des Wiener Abfallwirtschaftskonzeptes 2007 und zum Umweltbericht dazu (AWK 2007)

Ziel des AWK 2007 ist die Förderung und der Ausbau der Müllverbrennungsanlagen (MVAs):
Mit dem Bau der fünften (nicht der dritten) Müllverbrennungsanlage in Wien, der MVA Pfaffenau, können insgesamt 1 Mill Tonnen Müll pro Jahr verbrannt werden (vgl. Müllplattform Österreich, "Dioxin über Wien", 2003, Kap. 10, auch unter www.aktion21.at, Bürgerinitiative MV Flötzersteig):
Flötzersteig 200.000 t Hausmüll
Spittelau 260.000 t Hausmüll
EBS 90.000 t gefährlicher Abfall
180.000 t Klärschlamm
EBS ab 2005 90.000 t Hausmüll
Pfaffenau ab 2010 240.000 t Hausmüll

Wien als Verbrennungszentrum Europas:
Müllverbrennung ist die teuerste Art der Müll-"Behandlung", ein lukratives Geschäft für die Betreiber. Seit Jahrzehnten weisen Wissenschafter und Umweltgruppen auf die ökonomische wie ökologische Belastung der Bevölkerung hin. Die Wiener zahlen nicht nur diese Steuern, sondern überdies noch mit ihrer Gesundheit. Welche Kosten für die durch Immissionen der Wiener MVAs hervorgerufenen Krankheiten, Behandlungen und Todesfälle der Kommune erwachsen, wird wohlweislich nicht bilan¬ziert (vgl. "Dioxin über Wien", Kap.8).

Naturgesetze gelten auch für MVAs:
Dem Naturgesetz folgend, kann Materie (der Müll) durch Verbrennung nicht "verschwinden". So verläßt der verbrannte Müll zu rd. 30 Gewichtsprozent als fester Rückstand (Filterasche, Filterkuchen, Schlacke, Reinigungsrückstände) die Anlage; 70 Gewichtsprozent gehen - trotz Filter - über den Schlot, verwandelt als Aerosole, Gase, Stäube und Feinststäube in die Großdeponie Wiener Luft, sogar bis nach NÖ. Der so behandelte Hausmüll wird z.T. zu gefährlichem Abfall, der mit hohen Kosten ins Ausland in eine Sonderabfalldeponie gebracht werden muß, der Rest belastet unsere österreichischen Deponien (vgl. "Dioxin über Wien", Kap.8).

Zu wenig Abfall für 5 MVAs:
Trotz wiederholter Kritik div. Umweltorganisationen sowie auch der BI MV Flötzersteig wurde die Zunahme zukünftiger Müllmengen viel zu hoch prognostiziert; es drohen Müllimporte. Die älteste und umweltbelastende MVA Flötzersteig muß endlich nach jahrzehntelangen Versprechungen geschlossen werden (SUP 2001: "Die MVA Flötzersteig soll als MVA stillgelegt und als MVA-Standort aufgegeben werden"; vgl. "Dioxin über Wien", Kap. 10).

Maßnahmen zur Erhöhung der Restmüllmenge:
--- Um diese Überkapazität der Wiener MVAs zu verringern, erfolgte vor nicht allzulanger Zeit eine drastische Reduzierung der Kunstoffsammlung allein auf Flaschen, um auf diese Weise mehr und energiereiches Brennmaterial durch die große Menge der übrigen Kunststoffmaterialien zu erhalten. Jede Art von Kunststoff, der zusammen mit Bioabfall bei Anwesenheit von Chlor und Kupfer als Katalysator verbrannt wird, erzeugt Dioxin. Dies ist ein weiterer Grund, die Trennung von Kunststoff und Bioabfall zu forcieren.
--- Die Einziehung der großen Biotonnen, die in manchen Grüngebieten Wiens in den letzten Monaten bereits erfolgte, ist ebenso gefährlich wie ökologisch nicht nachvollziehbar. Gerade dort, wo im Grüngebiet Wiens mit seinen ausgedehnten Gärten Grünabfall in erstklassiger Qualität anfällt, sollen winzige individuelle "Tönnchen" dieselben teilweise ersetzen. Die Kompostieranlage Wiens besitzt eine Kapazität von rd. 120.000 t/Jahr; im Vorjahr fielen bereits 116.000 t an. Soll auf diese Weise der drohende Engpaß in der Verwertung vermieden werden, anstatt weitere Kompostieranlagen zu planen? Ein nicht geringer Teil des Bioabfalls wird durch diese Maßnahme ebenfalls im Restmüll landen; die Einziehung der Biotonnen ist daher zu stoppen und deren Anzahl wegen des steigenden Anfalls von Bioabfall zu erhöhen. Weitere Kompostieranlagen sind zu errichten.
--- Eine zu geringe Zahl anderer Altstoff-Container führt zu einer weiteren Verschlechterung der Sammelergebnisse, die deutlich hinter den Ergebnissen anderer Bundesländer liegen. Einsetzung von Abfallberatern und andere Maßnahmen zur Erreichung dieses Zieles sowie der Vermeidung und Verminderung von Fehlwürfen müssen durchgeführt werden.
--- Die Schließung von 21 Problemstoffsammelstellen ist schlicht unakzeptabel, sie muß rückgängig gemacht werden. Problemstoffe dürfen nicht in Hausmüll-Verbrennungsanlagen landen!
--- Wien als "Umweltmusterstadt" muß die MVAs schließen, allen voran die MVA Flötzersteig, und das Biologisch-Mechanische-Verfahren (BMV) einführen, das in der Deponieverordnung ausdrücklich als Alternative angeführt wird (vgl. "Dioxin über Wien", Kap. 10, 11). Es ist weitaus billiger und gesundheitlich unbedenklicher als Müllverbrennung. Die Errichtungskosten betragen für das BMV 3,60 bis 8,70 Mill. Euro, während für MVAs ab 65,4 Mill Euro gerechnet werden muß (W.Scharf, Zuzahlungen und Erlöse bei der Verwertung von Abfällen, UJ 06/2002, vgl. auch "Dioxin über Wien", Kap.9).
BMV: Nach Trennung der Fraktionen und Zerkleinerung folgt auf die Vergärung (unter Luftabschluß) die Verrottung (mit Luftzufuhr). Der Abfall wird entgast, sogar Dioxin abgebaut, damit die Deponien geschont und Kosten gespart.

Eine großangelegt Strategie zur Abfallvermeidung fehlt, weder Ziele noch Kompetenzverteilung sind ersichtlich. Erforderlich ist die Förderung von Mehrwegverpackungen, von biologisch abbaubaren Gebinden, ein Pfand auf Flaschen, das Verbot bestimmter Einweggebinde etc.

Der seit langem geforderte Umstieg Wiens auf das weitaus billigere BMV anstelle der MV bedeutet neben der Einsparung von Steuergeldern vor allem Abfallvermeidung: Gesundheitsschädliche, Mensch und Umwelt belastende Immissionen entfallen ebenso wie die giftigen festen Rückstände der Verbrennung (vgl. "Dioxin über Wien", Kap. 9, 10).

Im Anschluß an das BMV kann durch das Kryorecycling, das Tiefkühlverfahren nach H. Rosin , die Fraktion der Kunststoffe einer Wiederverwertung zw. 60 bis 80 % zugeführt werden (vgl. Rosin, H. 2001: Der Schlüssel zur globalen Kreislaufwirtschaft, mit neuer Kältetechnik zum Recycling der Alt-Kunststoffe, -Elektronik, -Reifen. Vortrag vor der Ges. Dtsch. Chemiker (GDCh), des "Göttinger Colloquium f.Fragen in Wissenschaft, Technik und Ethik", der VDE- und VDI-Göttingen, 30.11.2000.).

Neben der Errichtung weiterer Kompostieranlagen sowie Maßnahmen zur forcierten Trennung des Abfalls ist die Aufklärung der Bevölkerung über die Umwelt- und Gesundheitsbelastung vorzunehmen (Luft, Boden, Vegetation, Obst, Gemüse; epidemiologische Untersuchungen von Blutfett, Urin, Muttermilch etc.). Eine jährliche Untersuchung dieser Belastung ist vorzunehmen und die Ergebnisse sind der Bevölkerung wahrheitsgemäß bekanntzugeben (vgl. "Dioxin über Wien", Maßnahmenkatalog Kap. 11.2).


Für die Überparteiliche Bürgerinitiative Müllverbrennung Flötzersteig
Mag. Dr. Lore Kummer e.h.
Carola Röhrich e.h.


Wien, 14. Aug. 2007
BI Flötzersteig Stellungnahme AWK
"Privatisierung der Gewinne, Vergesellschaftung der Verluste"
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