Freitag, 13. Juni 2014
Wenn es brennt, ist die erste Frage: war es Brandstiftung? Die zweite ist: war es ein verschuldeter Unfall? Höhere Gewalt wird ja nur bei Blitzeinschlägen akzeptiert. Wie also steht es um den Brand des Kundgebungs-Witterungsschutz-Zelts beim Augarten? Die schlechte Nachricht: der Blitz war es nicht, trotz mehrtägiger, teils gewittriger Regenschauer. Auch sonst gibt es kein Zeichen von höherer Gewalt, höchstens von niederer. Dafür einige Kommentare, die schon fast wieder als Indizien gelten könnten. Beweissicherung war angesagt. Vertrauen (in die Polizei) ist gut, Kontrolle besser (Lenin). Daher wurde die Beweissicherung nicht ausschließlich den Behörden überlassen. Es gibt anerkannte Brandsachverständige, vor allem bei den Versicherungen. Verdächtigt Hefelle auf Luft? Dass Lenin Recht hatte, zeigt eine Wortspende des ÖVP-Politikers Paul Hefelle: „haben wir es nach Aussagen der Behörden definitiv nicht mit einem Brandanschlag zu tun“ und, nachdem sich offenbar keine Behörde gefunden hatte, die dies bestätigt hätte, etwas abschwächend „wir wissen offiziellen Quellen zu Folge, dass es sich um keinen Brandanschlag gehandelt haben dürfte". Es gibt keine „offizielle“ Information der Betroffenen seitens der untersuchenden Behörden über das Ergebnis ihrer Ermittlungen. Welche Informationen und woher sie Herr Hefelle auch immer erhalten haben will, auf legalem Weg sollte er sie von „offiziellen Quellen“, also ermittelnden Behörden oder Staatsanwaltschaft, nicht erhalten haben dürfen. Entweder es gibt undichte Stellen im Ermittlungswesen oder Herr Hefelle verdächtigt – einfach so – indirekt die Demonstranten des leichtfertigen Umgangs mit brennbaren Stoffen. Da Hefelle die offiziellen Quellen nicht beim Namen nennt, muss man bis zum Beweis des Gegenteils von letzterem ausgehen. Wem nützt es? Seit der Antike folgen Ermittler, Ankläger und Gerichte bei der Suche nach einem möglichen Täter dem Grundsatz „cui prodest?“ – wem gereicht ein Verbrechen zum Vorteil? Nicht immer, aber meistens führt die Suche nach dem Nutznießer auch zum Täter. Die Demonstranten scheiden dabei aus. Für sie, die ja nicht gerade mit materiellen Gütern gesegnet sind, bedeutet der Brand eine kleine Katastrophe. Sie obendrein noch mit Aufräumungsforderungen sekkiert zu haben, bevor die Brandstätte von der Polizei freigegeben wurde, ist fast eine Bestätigung dafür, dass der Brand den Gegnern der Demo nur allzu gelegen gekommen ist. Wer sich am Ungemach anderer weidet und „noch ein Schäuferl nachlegt“, entpuppt sich nicht gerade als jemand, der die immerhin denkbare Brandstiftung verurteilt. „Die Demo musste weg“ Von einigen Politikern, wie Wolfgang Seidl, FPÖ – nicht so sehr von den Betreibern des Muth, die ja genau wissen, was gespielt wurde und denen inzwischen bewusst geworden sein mag, dass sie Anlass zu einer ungeheuerlichen Missachtung des Gesetzes gegeben haben, welche wiederum die Dauerkundgebungen zur Folge hat – kam immer wieder das ultimative Geschrei nach der Beendigung der Demonstrationen. Diese müssen ihnen ja angesichts der dahinter stehenden Rechtsbeugung und ihrer Folgen ein Dorn im Auge sein, den man gerne entfernt und vergessen gemacht hätte. Sogar mit einem Beschluss der Bezirksversammlung, eines dafür völlig unzuständigen Gremiums, wurde versucht, die Polizeibehörde zum Verbot der Kundgebungen zu beeinflussen. Dazu kamen mehrfache Presseaussendungen, in denen Kundgebungsteilnehmer als „Chaoten“ diffamiert und dezidiert das Ende des „Spuks“ und der angeblichen „Anrainerbelästigung“ gefordert wurden. Wenn Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht Es wurde schon öfters behauptet, die Kundgebung in ihrer Dauer sei überzogen und sachlich nicht begründet. Was dabei ausgeblendet wurde und immer noch ausgeblendet wird: die Freunde des Augartens und das Josefinische Erlustigungskomitee demonstrieren – übrigens schon seit vielen Jahren - gegen eine fortschreitende Verbauung des Augartens und gegen eine „von oben“ durchgewunkene, eklatant gesetzwidrige Ermöglichung des „Muth“-Baues. Die Kundgebungsteilnehmer stehen auf der Seite des Rechts und sind bereit, dafür auch unter großen Entbehrungen zu kämpfen. Wer immer die Vernichtung des Zelts zu verantworten hat oder auch nur gutheißt, steht auf der Seite der Gesetzesbrecher und Verweigerer eines verfassungsrechtlich gewährleisteten Grundrechts. Die Hartnäckigkeit, mit der Verfechter der Rechtsstaatlichkeit an solche Vorgänge immer wieder erinnern, ist eine neue Dimension des Aufdeckens von Skandalen. Sie kämpft gegen das „Vergessen“ an, auf das viele Rechtsbrecher zu setzen pflegen. Und weil denen das äußerst unangenehm ist, kämpfen sie dagegen mit allen Mitteln. Mangelnde Sorgfalt? Bleibt noch der Vorwurf der Schlamperei als Brandursache. Er schmeckt nach schlechtem Gewissen. Man bedenke: es hatte geregnet, es ist 6 Uhr früh, das sonst meist bewachte Zelt ist für kurze Zeit unbewacht. In vier Jahren hat es keinerlei Vorfall gegeben, und plötzlich entzündet sich ohne ersichtlichen Grund ein leicht brennbares Medium, ganz von selbst. Man darf davon ausgehen, dass die Demonstranten auf „ihr“ Zelt stets sorgfältig aufgepasst haben. Darf man davon ausgehen, dass der Brandstifter genau beobachtet hat, wann das Zelt kurzzeitig unbewacht ist ? Und dass im Morgengrauen nach anhaltendem, starken Regen kaum eine Gefahr besteht, genau beobachtet zu werden. Mit klammheimlicher Freude? Nein, nicht mit klammheimlicher, sondern mit unverhohlener Freude haben da einige politische Heißsporne auf den Brand reagiert. Wohl in der nicht ganz unbegründeten Annahme, die Ermittlungen würden ohnedies im Sand verlaufen. Wer sich der Unfalltheorie so sicher ist und glaubt, Fremdeinwirkung ausschließen zu können, bevor ein offizielles Untersuchungsergebnis vorliegt, hat in Wahrheit eminenten Erklärungsbedarf. Und wenn das ein Politiker ist, sei die Frage gestattet, wer, außer den Sympathisanten der Brandverursacher, ein Interesse daran haben könnte, das Untersuchungsergebnis vorwegzunehmen und den Demonstranten die Schuld am Brand des Zeltes zuzuschieben, um damit von einem unerwünschten Vorgang und seinen Urhebern abzulenken? Herr Hefelle muss ganz genau wissen, dass bei der Anmeldung einer Demonstration die dabei verwendeten Mittel genau anzugeben sind. Er muss daher auch genau wissen, dass es sich nicht um ein illegales Campieren handelt, wenn Demonstranten mit Genehmigung durch die zuständige Behörde im Rahmen ihrer Demonstration ein Zelt aufschlagen. Ob es Herrn Hefelle Recht ist oder nicht, das Demonstrationsrecht ist in Österreich verfassungsmäßig gewährleistet. Wenn er Sätze wie „Das illegale Campen auf öffentlichem Grund muss ein für allemal ein Ende haben“ von sich gibt, darf sich niemand wundern, wenn das von Kriminellen als Aufforderung zum heißen Abbau des Zeltes verstanden wird. Helmut Hofmann Im Juni 2014 |