Dienstag, 17. September 2013
Nachlese zur F13 Aktion des Augustin und aller GegnerInnen der Privatisierung des Otto Wagner – Areals am Freitag, 13.09. 13 Uhr. Eine halbe Stunde vor Veranstaltungsbeginn beim Haupteingang des Otto Wagner Spitals Weltuntergangsstimmung mit Wolkenbrüchen und Hagel. Trotzdem strömen die Menschen herbei. Die Stadtzeitung Augustin hat im Rahmen ihrer F13-Aktion zu einer Bergpredigt eingeladen, um die irdischen Mächte endgültig zur Vernunft zu bringen und jedem weiteren Gedanken an eine Steinhofprivatisierung den Garaus zu machen. Gestattet konnte die Veranstaltung seitens der Spitalsdirektion nicht werden, letztlich wird aber dem zum gemeinsamen Spaziergang umbenannten Unterfangen sogar „gutes Gelingen“ gewünscht. Von den politisch verantwortlichen irdischen Mächten ist natürlich wieder niemand da. Eine Spitalsangestellte stürmt herbei und ersucht aufgeregt, ja nicht mitten auf der Straße sondern nur am Rand zu stehen. Darauf eine Stimme aus der Menge „ Mia san jo eh a Randgruppe“. Waschelnass doch unverdrossen wandert das kunterbunte Völkchen bergwärts zur Jugendstilkirche. Das Augustin-Netzwerk aus Aktivisten sozialpolitischer initiativen und aktiven Betroffenen baut launig Spannung auf. Rudi Lehner von der Augustin-Theatergruppe und Vinzenz Wizlsberger vom „Kollegium Kalksburg“ agieren als Zeremonienmeister. Der aktualisierte Text der Bergpredigt stammt von einem engagierten katholischen Priester: „ Selig die Frau, die es wagt, humorvoll und kreativ Bestrebungen zur Enteignung von öffentlichen Flächen zu unterlaufen – sie wird ihre Lebendigkeit spüren. Selig der Mann, der Grundstückspekulation nicht gleichsetzt mit Leben – sein Hunger wird gestillt werden.“ Nach jeder der 13 Seligpreisungen steigen instrumentalbegleitete Gesiba-kritische Fürbittengesänge aller zum Himmel auf. Mangelnde Notentreue wird durch Begeisterung und Lautstärke mehr als wettgemacht. Der Himmel reagiert freundlich, sprich trocken, also lasst uns das Beste hoffen. Im Anschluss wird der von Verbauung bedrohte Osten der Anlage mit seinem unerträglichen Vamed-Monsterbau besucht. Vom altbewährten Steinhof-initiativen Gerhard Hadinger bekommen wir hier einen Überblick über die skandalösen politischen Entscheidungen der vergangenen Jahre. Hieß es doch noch im Sommer 2012: Das gesamte Areal muss verkauft werden und Gesiba muss mindestens 620 Wohnungen im Osten bauen. Dass massives Bürgerengagement mittlerweile doch einiges bewirkt hat, berichtet Wolfgang Veit von der Bürgerplattform Steinhof. Das in der Mediation beschlossene Expertengremium, ausgewählt und finanziert durch die Stadt Wien, empfiehlt u.a. ausdrücklich den Verbleib der Gesamtanlage in öffentlicher Hand, ein durch eine zu gründende Trägergesellschaft umzusetzendes Nutzungskonzept, sowie ausschließlich zeitlich beschränkte Nutzungsverträge auf dem Gesamtareal. Veit verweist auch darauf, dass nach diesen Grundsätzen weder Eigentums- noch Genossenschaftswohnungen am Areal zulässig sind. Und: Was Politikern und Architekten ausschließlich ungenutztes Brachland oder leere Immobilie zu sein scheint, hat in Wirklichkeit hohen gesellschaftspolitischen und ökologischen Wert. So schwärmt die Baulobby von 100 Wohnungen in den historischen Pavillons nördlich des Vamed-Monsters. Dabei wird völlig außeracht gelassen, dass sich darin dauerhaft bewährte und unverzichtbare soziale Einrichtungen befinden. Und ebenso Werkstätten, die, wie in den vergangenen hundert Jahren, auch weiterhin für Gebäudesanierungen und Arbeitstherapie genutzt werden sollten. Abschließend: Schön wars. Herzlichen Dank an das wunderbare Augustin-Team. Es war wieder einmal zur richtigen Zeit am richtigen Ort aktiv. Ja, es stimmt: „Der Augustin ist das soziale Gewissen Wiens“ ( Prof. Fritz Hausjell, Publizistik-Institut Wien ). Passt noch der Ausspruch von Rudi Lehner dazu: “ Viele von uns haben wenig oder zu wenig Geld und sind arm. Sozial schwach sind wir aber nicht, das sind die Entscheidungsträger in unserem Land.“ Christine Muchsel Bürgerplattform Steinhof www.steinhof-erhalten.at |