Sonntag, 21. April 2013
Dritte Generation kämpft gegen den MüllofenAm 25. April 1963 wurde die Müllverbrennungsanlage Flötzersteig in Betrieb genommen. In einer für die damalige Zeit einzigartigen Aktion hatten sich – noch in der Planungsphase – 6.000 Wienerinnen und Wiener in einem Brief an Bürgermeister Franz Jonas gewandt und vor den Folgen der Verbrennung gewarnt; es sei hier kein „Fabriksviertel“ und das „anerkannt beste Klima Wiens sollte nicht leichtfertig gestört werden“ (6.3.1958). Die Bürger sollten Recht behalten. Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis v. 24. April 1990: Der VwGH bezeichnete die Flächenwidmung und die Bebauungspläne als „gesetzwidrig“ wegen „unvermeidlicher Emissionen auf die Wohngebiete Wiens“. In der Folge plädierte nicht nur der Gutachter der Fernwärme (!) Wien, R. Schlauer, 1995 für das Verbot eines solchen Standortes, sondern auch die Strategische Umweltprüfung (SUP 2001) kam zu dem eindeutigen Ergebnis: „Die MVA Flötzersteig soll als Müllverbrennung stillgelegt und als Müllverbrennungsanlagen-Standort aufgegeben werden“. Immer wieder kam es zu Störfällen, Bränden, Unglücksfällen und Grenzwertüberschreitungen, im Juli 2012 gab es deren drei (vgl. „Dioxin über Wien“ http://www.aktion21.at/themen/index.html?menu=106&id=566bzw. http://www.aktion21.at/themen/index.html?menu=106&id=1848 ). Geforderte Warnsysteme wurden nie realisiert. Grenzwertüberschreitungen und Störfälle erfährt der besorgte Bürger bestenfalls einen Monat später lt. monatlichem Anschlag vor der MVA. Sofortige Schutzmaßnahmen sind so unmöglich. Eine mittelfristige „Schließung“ der MVA wurde jahrzehntelang in Aussicht gestellt. Im Gegensatz dazu erfolgte unter der Bezeichnung „Reparatur“ ein stückweiser Neu-, Zu- und Umbau der Altanlage; der VwGH bestätigte in seinem Erkenntnis, daß Teile der Anlage „rechtswidrig“ errichtet worden waren (2.9.1998). Ferner wurde der Sanierungsbescheid vom VwGH als „gesetzwidrig“ bezeichnet (8.11.1994). Leugnung von Naturgesetzen oder Alibi-Handlung? Schon unsere Schulkinder wissen, daß durch einen chemischen Vorgang (Verbrennung) Materie nicht vernichtet werden kann – also nicht „VERSCHWINDET“ – die Materie verwandelt sich bloß in andere Aggregatzustände; es erfolgt nur eine Volumsreduktion: 100 Gewichtsprozente des Abfalls, der verbrannt wird, verlässt auch zu 100 Gewichtsprozenten die MVA. Rund 30 Gewichtsprozente bleiben dabei als fester Rückstand (div. Filter-Reinigungsrückstände sowie Schlacke), die restlichen 70 Gewichtsprozente werden über den Schlot als Aerosole, Gase, Stäube und Feinst-Staub in die Großdeponie Wiener Atemluft geblasen. Eine MVA ist ein chemischer Großreaktor, der eine ungeheure Zahl an chemischen Verbindungen in die Umwelt abgibt (rd. 1026: H. Rosin, „Dioxin über Wien“ 8.3.1.). Daher ist es den Wissenschaftlern bis heute weltweit nicht gelungen, eine vollständige Liste aller chem. Verbindungen aus MVAs zu erstellen. Nach Luftreinhaltegesetz (LRG) müssen nur rd. 15 chem. Verbindungen gemessen werden. Ungefähr die Hälfte wird nicht kontinuierlich, sondern nur 1 bis 2-mal im Jahr kontrolliert, z.B. Schwermetalle und Dioxin; der übrige Ausstoß bleibt unbekannt. „Filter“ und alles paletti? Es gibt keine Null-Emission durch Filter, immer geht ein Rest der Stoffe „erlaubt“ durch sie hindurch. Manche der Verbindungen – z.B. der Klimakiller CO2 und der gefährliche Feinst-Staub können überhaupt nicht abgeschieden werden; letzterer ist mit giftigen Stoffen wie Schwermetallen und Dioxin beladen, er geht tief in unsere Lungen. Ausbreitung der Abgase Abgase können 20 – 100 km weit reichen. Ihr Endlager ist der Boden, die Pflanzen und Tiere sowie der Mensch. Obst- und Gemüseproben sowie Bodenproben zeigten die Belastung durch die MVA Flötzersteig (vgl. „Dioxin über Wien“, a.a.O.). Müllverbrennung und Gesundheit Greenpeace Int. fasste in „Müllverbrennung und Gesundheit“ 2001 die wissenschaftlichen Erkenntnisse von rd. 200 internat. Arbeiten zusammen: Das Prinzip Müllverbrennung ist „nunmehr endgültig und unwiderruflich obsolet“ ….. Selbst modernste Müllverbrennung ist „schmutzige und veraltete Technologie“, die weltweit gestoppt werden muß, da sie menschliche Gesundheit schwerstens belastet: Störungen des Immunsystems, des Hormonhaushaltes, Schäden des Ungeborenen, Fruchtbarkeitsstörungen, Allergien, Krebs, Herz-Kreislaufstörungen, psychische Störungen, Schlaganfälle etc. sind in Zusammenhang mit Müllverbrennung zu nennen. Fernwärme aus Müllverbrennung? Der Hauptanteil der Wärme wird keineswegs durch Müllverbrennung erzeugt, sondern erfolgt durch die Abwärme von Industrieanlagen. Soll für die zu vernachlässigende Wärmeausbeute der MVA Flötzersteig der der Lebensraum unserer Kinder aufs Spiel gesetzt werden? Umweltfreundliches Gas soll als Wärmequelle eingesetzt werden. Müllverbrennung ist lukrativ – ein Goldesel! Seit Jahren gibt es ständig steigende Müllgebühren: 2007 betrug der Gewinn der Müllabfuhr bereits 41,4 Mio. € (Anfrage der ÖVP an die BV des 16.Bez., 15.9.2008). Biologisch-Mechanisches Verfahren statt Müllverbrennung Die BI MV Flötzersteig fordert seit Jahren die Umstellung von Müllverbrennung auf das Biologisch-Mechanische Verfahren („Kaltes Verfahren“), das in der Deponieverordnung ausdrücklich als Alternative zur Müllverbrennung festgelegt wurde. Es ist billiger, flexibler, deponieschonender und ökologisch weitaus besser. Nach Trennung des Mülls erfolgt die Zerkleinerung des Restmülls, der hierauf einer Vergärung (unter Luftabschluss) unterzogen wird, danach beginnt die Verrottung (mit Luftzufuhr). Der Abfall wird entgast, schädliche Gase (z.B. Methan) werden dem Abfall entzogen, andere organische Schadstoffe werden radikal abgebaut. Weniger Gift gelangt so auf die Deponie. Beide Entgiftungsstufen müssen sich in geschlossenen Anlagen befinden und mit Filtern versehen sein. Der aussortierte Kunststoff kann in einem weiteren Verfahren getrennt und zu ca. 60% wiederverwertet werden. Gesetzliche Situation Auch aus rechtlichen Gründen ist eine Betriebseinstellung der MVA Flötzersteig geboten. Dr. Josef Unterweger, der RA der BI, führt an: Neben der gesetzwidrigen Flächenwidmung, einer Inselwidmung, fehlt ein Sanierungsbescheid, einer zur Abwassereinleitung ins öffentl. Kanalsystem, Teile der Anlage sind rechtswidrig errichtet, es gab keine öffentl. Verhandlung zur gewerbebehördlichen Genehmigung, eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) wurde nicht durchgeführt etc. Im Anhang drei pdf Dateien und eine Artikel aus dem Bezirksblatt Wien, 21. April 2013 BI-Flötz.50-Jahre-genug Links zu diesem Thema
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