AKT!ON 21

Für wen Bürgerbeteiligung gaga ist (Teil 2)


Dienstag, 10. April 2007

Eine ganz besonders abgefeimte Spielart lautet: "die Leute sind gegen jeden Abriss und gegen jeden Neubau. Wenn es nach ihnen ginge, stünden in Wien immer noch gotische Häuser statt der nun als erhaltenswert angepriesenen Barock- und Jugendstilbauten" (weiter....)
Dumm ist diese Verallgemeinerung deshalb, weil sie durch die Fakten widerlegt wird. Gefährlich ist sie deshalb, weil damit die Rechtfertigung jeglichen Abrisses, auch der des Stephansdoms und des Schönbrunner Schlosses, versucht werden kann.
Am Beispiel Haas-Haus: an Holleins Neubau hat sich eine öffentliche Diskussion entzündet, die wohl jeder Neubau an prominenter Stelle über sich ergehen lassen und aushalten muss; Holleins Bau hat sie ausgehalten. Es hat aber keine öffentliche Diskussion darüber gegeben, ob der Vorgängerbau erhaltenswert gewesen ist. Die Diskussion hat sich auf das Entweder - Oder beschränkt, ohne Verabsolutierung irgendwelcher schutzwürdiger Werte. Daraus eine stockkonservative Neuerungsfeindlichkeit abzuleiten ist intellektuell unredlich. Ein Musterbeispiel stellt das "blaue Haus" zu Wien Mitte dar. Es gibt wohl niemanden in der öffentlichen Diskussion, der diesem vor nur wenigen Jahrzehnten als das non plus ultra des modernen Städtebaus gepriesenen Gebäude auch nur eine Träne nachweinen würde, obwohl es vom Standpunkt unseres Denkmalschutzgesetzes so schützensunwert gar nicht wäre. Die öffentliche Meinung ist nur uneins - oder nicht einmal dies - darüber, was an Stelle dieses abzureissenden Asbestplattenbaues treten soll. Selbst da wäre, in Anpassung an die hauptsächlich umgebende Höhenentwicklung, kaum ein Einwand zu befürchten. Die Skepsis gegenüber Auswüchsen, welche sogar die internationale Kulturszene als städtebaulichen Irrsinn empfunden hat, als stockkonservative Feindseligkeit der Wienerinnen und Wiener gegenüber moderner Baukunst zu verleumden, ist einigen wenigen Unbelehrbaren vorbehalten geblieben, die sich's zurechtreden, wie sie es gerade brauchen.
Wer die Bewohnerinnen und Bewohner dieser Stadt auf diese dümmliche Art schlecht zu reden versucht, braucht um seine Unbeliebtheit nicht zu bangen. So lange sich diejenigen, deren Speichel dabei geleckt wird, an der Macht halten, wird die Rechnung vielleicht aufgehen. Aber - frei nach Wilhelm Busch - wehe, wehe, wenn ich an das Ende sehe!
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