Mittwoch, 26. September 2012
ÖAAB-Bezirksobmann Paul Hefelle tritt in die Fußstapfen des FPÖ-Bezirksklubobmanns Wolfgang Seidl und macht gegen die „Zeltstadt“ am Augartenspitz mobil. Er will den FPÖVP-Forderungen durch eine Unterschriftenaktion „nachhelfen“. Mag sein, dass er einige Dutzend, vielleicht sogar einige hundert zusammenbringen wird. Ob es jemals so viele sein werden, wie diejenigen, die gegen den Mehrzweckhallenbau gesammelt wurden, darf bezweifelt werden. Der tiefere Sinn? Warum das plötzliche Getöse, warum der Versuch, mit einer durch Unterschriften unterlegten „Volksmeinung“ Stimmung zu machen? Wofür soll es gut sein, wenn die in anderen Fragen und andern Bezirken geforderte Befragung der Bevölkerung gemieden wird und an ihrer Stelle Unterschriften eingeholt werden? Fürchtet Hefelle dass es seitens der anderen Parteien Widerstand gegen eine Befragung geben würde? Eher fürchtet er den Ausgang einer solchen Befragung. 16.000 Unterschriften wie gegen die Mehrzweckhalle, der jetzt nicht mehr Konzertkristall genannt werden darf, sind ein deutliches Signal. Ist das Recht einmal ruiniert... Hefelle und die ÖVP versprechen sich auch von wenigen, propagandistisch aufgeblähten Unterschriften etwas ganz anderes. Ihnen ist es ein Dorn im Auge, dass die Polizei ordnungsgemäß angemeldete friedliche Demonstrationen, mit denen niemand bedroht, belästigt oder behindert wird, nicht verbietet. Das täten sich Herr Pühringer und seine Protektoren von links und rechts sehnlichst wünschen, wären da nicht diese „blöden“ Verfassungsgesetze, die ein Versammlungs- und Demonstrationsrecht ausdrücklich garantieren. Mit Sorge beobachten sie, dass der Widerstand gegen das Gebäude durch seine auf illegale Bescheide gestützte Errichtung nicht nachlässt, dass damit zu rechnen ist, dass er auch nach Inbetriebnahme der Halle anhalten wird – was ihrer beabsichtigten kommerziellen Verwertung nicht gerade förderlich sein würde. Daher soll eben auf die Polizei Druck ausgeübt werden, Demonstrationen in der Nähe des rechtsstaatlichen Schandplatzes zu untersagen. Eine entsprechende Resolution der Bezirksvertretung – für eine Untersagung war diese ja nicht zuständig – hatte nicht die gewünschte Wirkung, also wird eben „nachgelegt“. Es entspricht der Mentalität österreichischer Politiker, ihnen unliebsame Dinge wie die parlamentarische Untersuchung von Korruptionsvorwürfen oder Demonstrationen gegen aufklärungswürdige Bescheide und die darauf gegründeten Bauwerke einfach „abzudrehen“, frei nach Wilhelm Busch: Ist das Recht einmal ruiniert, bricht man es ganz ungeniert. Bei all dem wird daran zu denken sein, dass sich ein über Jahre hinweg aufrechterhaltener Protest der Bevölkerung nicht auf Jux und Tollerei einiger von Langeweile geplagter „Outlaws“ stützen kann. Diejenigen, die bei einer solchen bürgerverachtenden Denunzierung aktiv oder passiv mitmachen, sollten bedenken, dass sie besser daran täten, sich auf die Seite derer zu schlagen, denen sie das Recht und die Möglichkeit verdanken, frei zu wählen, Missstände aufzuzeigen und gegen Unrecht eine saubere, für Korruption nicht anfällige Justiz und Verwaltung in Anspruch zu nehmen. Kuschen und zu Unrecht applaudieren, weil einem dessen Ergebnis vielleicht gefällt oder gerade persönlichen Nutzen bringt, ist kurzsichtig und wendet sich schneller als man schauen kann gegen diejenigen, die von ihrem Applaus zum Rechtsbruch zu profitieren glauben. Wem nützt es? Besser wäre es, sich einmal mit der Frage auseinanderzusetzen, wem dieser Bau wirklich nützt. Die Wiener Sängerknaben sind zu jung, um zu durchschauen, wessen Spielball sie sind, wem sie als Feigenblatt dienen. Die „Ehemaligen“ und ihre „Freunde“ geben sich mit solchen Fragen erst gar nicht ab. Und wer glaubt, dass sich hohe und höchste Politiker für den Bau aus Begeisterung für die Wiener Sängerknaben so vehement eingesetzt hätten, der hat keine Ahnung von den Spielregeln der Politik, die ja in letzter Zeit ziemlich schonungslos zutage getreten sind. Da geht es nicht um künstlerische oder kulturelle Präferenzen, da geht es immer wieder und nur ums Geld. Vielleicht sollte man daher einmal die Frage stellen, woher das Geld kommt, das, über den „Mäzen“ im angeblichen Interesse der Wiener Sängerknaben im Wiener Augarten angelegt, bleibenden Schaden anrichtet und mit ein Stück jenes Weges ist, auf dem der österreichische Rechtsstaat zu einer leeren, ausgehöhlten Hülse verkommt. Vielleicht wird da manchem eine „Wunderlampe“ aufgehen, wie sie anderen, demokratisch reiferen Kommunen in unserem westlichen Nachbarland schon aufgegangen ist. Auf dem Augartenspitz wurde ein Stück eines im Besitz der Allgemeinheit stehenden denkmalgeschützten Juwels im wahrsten Sinn des Wortes „privatisiert“ (geraubt), in Geldgeberhände übertragen, die über die Herkunft dieses Geldes keine Rechenschaft legen müssen. Um welchen Preis dies geschah bleibt dabei ein vor der Öffentlichkeit gut gehütetes Geheimnis. Der Verdacht, dass hier wieder einmal auf Kosten der Allgemeinheit Volksgut verschleudert wurde, liegt nahe. Der Umstand, dass dies nun ausgerechnet von Vertretern der ÖVP und FPÖ lautstark bei etwas kleinlauterer Zustimmung der SPÖ gutgeheißen wird und demonstrierende Kritiker pauschal mit verbalen Schmähungen bedacht werden, passt gut in das Bild, das man in der letzten Zeit von einigen ihrer Parteigänger gewinnen konnte. Der Rechnungshof ist gefordert. Ausblick Die Zeiten sind vorbei, in denen man auf Vergesslichkeit und „andere Sorgen“ setzen kann. Das Maß ist voll. Auch beim Augartenspitz. Das dürfte die Politik auch in der Frage der FLAK-Türme allmählich erkennen, wo das Monsterprojekt des Datencenters immer noch nicht vom Tisch ist. Wer die Mehrzweckhalle gutheißt, wird aber gegen weitere Verbauungen im Augarten nicht glaubwürdig auftreten können. Die Bevölkerung ist wachsam geworden, vor allem im Augarten. Die Mahnwache wird weiter gehalten werden. Sie wird nicht nur den Augartenspitz im Visier haben, als steingewordenes Fanal des Drüberfahrens einer einst hohen, nun eher hohlen Politik über das Volk und über das von diesem ausgehende Recht. Dort wird sie allerdings nicht müde werden darauf hinzuweisen, dass die Rechtsfrage durch den Landeshauptmann und Bürgermeister Wiens nach wie vor aufgerollt und über die Höchstgerichte einer Klärung zugeführt werden könnte. Was dazu fehlt, ist nur der politische Wille. Die Parallele zum Untersuchungsausschuss ist unübersehbar. Die Politik der scheibchenweisen Verbauung des Augartens aber ist gescheitert, gescheitert an einer sensibilisierten, wach gewordenen und demokratiebewussten Bevölkerung. Helmut Hofmann Aufgeschnappt Beitrag |