Montag, 30. Mai 2011
(O.Wassermann)Der deutsche Toxikologe O. Wassermann wies immer wieder auf die Gefährlichkeit von Emissionen aus MVAs hin (Anhörung im Kreistag Starnberg 18.11.1988): „Die Chemie von Verbrennungsprozessen gehört zum Kompliziertesten, was die chemische Wissenschaft zu bieten hat. Es entsteht eine unüberschaubare Vielfalt von Reaktionsprodukten. Diese Mischung .... ist ... chemisch weder qualitativ noch quantitativ auch nur annähernd ausreichend analysiert“. Im Abgas finden sich Fein- und Feinststaub, Aerosole, Dämpfe, Gase, die sich sowohl aus anorganischen wie organischen Bestandteilen zusammensetzen. „Die gewonnenen Proben werden nur auf eine geringe Zahl von Schadstoffen untersucht. Besonders problematisch sind hiebei der Feinststaub, die Dampf- und Gasphase, da hiermit erhebliche Mengen eines unbekannten Schadstoffgemisches in die Luft abgegeben werden. Hier sei nur das Beispiel „Dioxine“ angeführt, bei dem der nicht erfasste Anteil das drei- bis zehnfache (oder mehr) des als „gemessen“ vorgegebenen Wertes ausmachen kann. Die Probennahme selbst ist äußerst problematisch.“ „Von wem wird was, wie, wo, wann und wie oft entnommen und worauf analysiert?“ ... „Bei der Probennahme wird daher bereits die größte Unsicherheit produziert. Durch eine gezielte Vorbestimmung der entscheidenden Faktoren kann ebenso wie durch fachunkundiges Vorgehen, z.B. beim Nachweis von Dioxinen ein Ergebnis erhalten werden, welches die Dioxine unterhalb der Nachweisgrenze darstellt, sie aber wegen der Falschbestimmung trotzdem in unerkannten Mengen emittiert werden.“ In den Wiener MVAs wird Dioxin 1 – 2 Mal im Jahr gemessen, nach Vorankündigung, also nach „rechtzeitiger Anmeldung“, „dann bietet diese dem Betreiber die Chance zur „Vorbereitung“ und muß daher als weitere Einflußgröße auf das Ergebnis gewertet werden. Bei der Radioaktivität ist die Meßtechnik vergleichsweise einfach, da jeder Zerfall mit verhältnismäßig einfacher Methode gut meßbar ist. Daher ließ sich nach Tschernobyl das gesamte Kontaminationsausmaß ja nicht lange verharmlosen und verheimlichen. Im chemischen, insbesondere im organisch-chemischen Bereich ist dagegen die Analytik außerordentlich vielfältig, umfangreich, z.T. extrem schwierig und ... teuer, denn in der Regel muß praktisch für jede Substanz oder für jede kleinere chemisch verwandte Substanzgruppe eine eigene ausreichend empfindliche Meßmethode angewandt bzw. erst entwickelt werden“ ... „Analytische Chemiker“ sehen sich „im übertragenen Sinn folgender Situation gegenüber: In einem großen Saal sind die Wände in kleiner Schrift – Schreibmaschinenschrift – dicht mit den Namen der ... chemischen Stoffe ... beschrieben. Die Chemiker stehen im Dunkeln; sie sind mit einigen Stabtaschenlampen ausgerüstet, die auf der Wand nur eng begrenzte Flächen ausleuchten, auf denen sie einige Namen ... erkennen können. Die Lampen sind ihre verschiedenen analytischen Methoden, die außerhalb des beleuchteten Feldes „im Dunkeln“ liegenden Stoffe sehen sie nicht.“ „Großzügig geschätzt sind weniger als 20 % der organischen Stoffe, die den Schornstein verlassen, bisher bekannt. Bezeichnenderweise werden sogar altbekannte chlororganische Verbindungen, die in dieser Gruppe den Hauptanteil bei MVA-Emissionen ausmachen (z.B. Chlorbenzole, wie HCB, Chlorphenole u.a.) meist überhaupt nicht angeführt. Da sie zu den am einfachsten zu analysierenden Stoffen gehören, muß angenommen werden, dass sie verschwiegen werden sollen. Viele der aus MVAs emittierten Chlorkohlenwasserstoffe finden wir in der Muttermilch“. Auch PAHs, worunter sich „zahlreiche krebserregende und mutagene Verbindungen“ befinden, fehlen in den Meßprotokollen. Halogenierte, also bromierte, gemischt chlor- und bromhaltige Stoffe werden kaum erwähnt, obwohl sich dahinter „unzählige Verbindungen“ verbergen. So muß z.B. bei der „Großfamilie der Dioxine“ mit „weit über 5000 Einzelmitgliedern gerechnet werden“, von denen „bisher eine verschwindend kleine Zahl von 20-30 mit großem Aufwand analysiert, d.h. gesucht wird“. Es existiert „über die von einer MVA emittierten Schadstoffe keine Gesamtanalyse, nur von 2,3,7,8-TCDD, also dem Sevesodioxin; angesichts des aufgeführten eklatanten Meßdefizits und der Lückenhaftigkeit der Daten ist eine gewissenhafte, die Gesundheit der Bevölkerung in ihrer gesamten Empfindlichkeitsbreite schützende toxikologische Bewertung nicht möglich“. Wien, 29. Mai 2011 BI-Flötz-Gefahrenpotential-Chemie-Radioaktivität Links zu diesem Thema
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