Donnerstag, 26. Mai 2011
In der Ö 2-Diskussion „Im Zentrum“ am 22. Mai 2011 hat Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner eine Lanze für die Wirtschaftsexperten seiner Partei gebrochen. Heute gebärden sich diese Wirtschaftsexperten so, als wären sie von der griechischen Budgetentwicklung überrascht gewesen, als sei ausschließlich ihnen die Rettung nicht nur der griechischen, sondern der europäischen Wirtschaft zu verdanken.Zu blöd, zu feig? Dr. Treichl hat anscheinend doch die Dinge beim Namen genannt: entweder da war jemand zu blöd, zu erkennen, was in Griechenland läuft, oder zu feig, um daraus die richtigen Konsequenzen zu ziehen. Dafür müssen heute nicht die Verantwortlichen, sondern wir alle zahlen. Zahlen von dem Geld, das wir dringend für andere Dinge benötigten. Niemand von den großartigen Wirtschaftsexperten, wie Minister Reinhold Mitterlehner so vollmundig all die Wirtschaftsminister der ÖVP (und damit sich selbst) apostrophiert hat, hat sich in den Jahren vor dem Offenkundigwerden der Griechenland-Pleite gefragt, wie es den Griechen gelingen könne, statt einer längst notwendigen, durchgreifenden Verwaltungsreform immer mehr Günstlinge der jeweils regierenden Parteien mit hochdotierten Verwaltungsposten auszustatten, ohne dass sich dies verheerend auf das Budget auswirken würde. Niemand von den sogenannten, nicht über den heimischen Tellerrand hinaus blickenden Wirtschaftsexperten hat gesehen oder sehen wollen, wie das dicke Ende der griechischen Haushaltspolitik aussehen würde. Niemand von ihnen hat in den zuständigen EU-Gremien den Finger mahnend erhoben und auf den Handlungsbedarf hingewiesen, der durch eine solche nationale Entwicklung für die EU bestanden hatte. Dabei war nach zahlreichen sensationellen Dopingfällen griechischer Spitzensportler – nicht ohne Mittäterschaft der Regierungen - klar, dass Schummeln offenbar zum alltäglichen Repertoire griechischer Regierungen zählte. Geniale Fantasielosigkeit Diese Wirtschaftsexperten sind es, die keine anderen Lösungen anbieten, als die Zivilgesellschaft für ihre Fehler zur Kasse zu bitten und damit die Bevölkerung vor Wut kochen lassen, in Griechenland, in Spanien und in Österreich. Die Wirtschaftsexperten sind es, denen in ihrem Elfenbeinturm das Gespür dafür abgeht, die ab und zu mit Oberlehrergeste ein paar geschraubte Erklärungen abgeben und denken, damit die Menschen ruhig stellen zu können. Diese aber sehen, was auf sie zukommt, und lassen sich nicht mehr beruhigen. Noch sind es vorwiegend lokale Entwicklungen, an denen ihnen klar wird, was „die da oben“ von der Idee halten, sie als die wahren Experten wenigstens rechtzeitig um ihre Meinung zu befragen – nämlich nichts. Weiter den Kopf in den Sand stecken Es geht munter weiter, als wäre nichts geschehen. als die weltweite, für jedermann erkennbare Finanzblase zusammengebrochen ist, taten die Wirtschaftsexperten völlig überrascht. Sie klopfen sich heute noch gegenseitig auf die Schultern, wie sie blitzschnell und genial unser sauer verdientes Geld dafür verwendet haben, all jenen Wirtschaftsexperten, die diese Blase mitverursacht haben, unter die Arme zu greifen. To big to fail. Das war’s denn auch. Dabei müssten ja alle sehen, dass vor lauter gegenseitiger Stützung nationale Budgets aus dem Ruder kommen, dass alle guten Vorsätze und Kriterien, solches nicht zuzulassen, mit einem Schlag Makulatur geworden sind und die nächste Krise für jeden, der nicht zu feig und zu blöd ist, klar erkennbar ist. Da hilft kein Schönreden, kein Zwischenhoch mit (statistisch) sinkender Arbeitslosigkeit, steigendem Bruttoinlandsprodukt und sonstigen „Indikatoren“, die uns das Wunder einer prosperierenden Wirtschaft vorgaukeln, weil an morgen nicht gedacht werden darf. Wie man Bürgerwut produziert Die Zivilgesellschaft hat ein feines Gespür für das, was da läuft. Zu oft ist sie hinters Licht geführt worden, als dass sie den Wirtschaftsexperten noch irgendetwas glaubte. Zu oft hat man ihr „die volle Wahrheit“ nicht zumuten wollen und sie mit gefährlichen Halbwahrheiten, wenn nicht mit faustdicken Lügen abgespeist. Die moderne Form des Sprichworts „Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, und wenn er auch die Wahrheit spricht“ lautet: „Wer so oft lügt, dem glaubt man nicht, weil er doch nie die Wahrheit spricht“. Ständig belogen werden erregt Wut und Zorn. H.Hofmann |