Samstag, 9. April 2011
Es geht munter weiter: nun patzt Christa Zöchling im profil vom 4.4.2011 den Stadtplaner Reinhard Seiß („Wer baut Wien“) an, indem sie behauptet, er stelle nun der Wiener ÖVP seine Expertise zur Verfügung und nicht den Grünen. Seiss klagt mit Recht, sie diskreditiere ihn damit als Person wie auch als unabhängigen Fachmann, ziehe seine Integrität nachhaltig in Zweifel und fordert eine umgehende Richtigstellung. Bei wem lassen sie anpatzen? Was irritiert, ist die Duplizität des Falles. Schon wieder macht sich eine Journalistin, der man die Nähe zu einer bestimmten politischen Partei erst gar nicht nachsagen muss, weil dies durch die subtile Hetze ohnedies jedem, der bis 3 zählen kann, klar wird, zum Werkzeug einer Diffamierungskampagne, die allmählich Gestalt annimmt durch die offenkundige Absicht, in der sie erfolgt. Die ÖVP, einerseits in der Öffentlichkeit durch einige Affären angepatzt, andererseits als mögliche Koalitions-Alternative für die Rathaus- SPÖ eine Art Rute im Fenster, falls die Grünen allzu „schwierig“ werden sollten, wird als geeigneter Keil gesehen, den man zwischen eine parteiunabhängige und kritische Zivilgesellschaft einerseits und die auf deren Unterstützung angewiesenen Grünen andererseits treiben zu können vermeint. Dass man dieses Spielchen nicht selbst besorgt, sondern sich dafür willfähriger Medienvertreter bedient, dient nicht so sehr der Tarnung als der bei Politikern weit verbreiteten Eigenschaft, für das, was sie tun, nicht selber einstehen zu wollen. Zwielichtige Moral Einmal durchschaut, wird der Zivilgesellschaft schon klar werden, was hier gespielt wird. Wem es noch immer nicht klar sein sollte, der mag im profil vom 28.3.2011 Helmut Gansterers „Noever-Nachschlag“ lesen. Darin wird die Art und Weise in Grund und Boden kritisiert, wie man mit jemandem umgeht, der sich nicht etwa mit fremden wissenschaftlichen Federn geschmückt hat, sein Auto auf einem Behindertenparkplatz abgestellt hat oder ohne Führerschein (zu schnell) gefahren ist, sondern der ganz schlicht und einfach ihm anvertrautes Geld in beachtlicher Höhe wiederholt zweckentfremdet haben soll. Nein – nicht von Frau Ranner ist hier die Rede, die Sekretariatszulagen der EU zur Deckung ihrer Schulden angeboten haben soll, denn die gehört ja zu jener ÖVP, mit der man sehr wohl so umgehen darf oder soll, wie mit – erraten – Herrn Peter Noever. Und – man traut seinen Augen nicht – es heißt da: „Unvorstellbar, dass einige mit Recht so genannten Organe deshalb Anzeige bei der Staatsanwaltschaft einbringen und den Sohn (gemeint ist Peter Noever) damit kriminalisieren würden. Dies aber geschah. Es wird uns dem internationalen Gelächter preisgeben.“ Ob die „Internationale“ tatsächlich darüber lachen wird, mag dahingestellt bleiben. Das „internationale Gelächter“ wird jedenfalls auf ihre Angehörigen, wenn sie tatsächlich töricht genug wären, darüber zu lachen, beschränkt bleiben. Vor allem ist es gar nicht lachhaft, wenn man die Anzeige eines mit nichts entschuldbaren, strafgesetzwidrigen Verhaltens als „kriminalisieren“ bezeichnet und die Anzeigenden durch den gesperrt geschriebenen Ausdruck „Organe“ obendrein beleidigt, weil ja selbst dem durchschnittlichen Leser klar sein muss, welcher Körperteil hier mit „Organ“, im übrigen einem uralten Kalauer, gemeint wurde. „Haltet den Dieb!“ Es sind die Zusammenhänge, die zu klären helfen, was Sache ist, und es ist die Sprache, die verräterisch sein kann. Das Sprach-Profil kommt uns bekannt vor. Herr Gansterer präsentiert sich damit als Relikt einer überwunden geglaubten Ära, in der Vertuschen die Regel gewesen ist und Aufdecker mit dem Ruf „Haltet den Dieb“ verächtlich gemacht, denunziert und wenn möglich, aus ihrer beruflichen Position entfernt wurden. Es soll Regierungsmitglieder geben, die sich auch heute noch dieser Methode bedienen, wenn ihnen etwas gegen den Strich geht. Im Fall Entacher wird das gegenwärtig demonstriert, ohne dass angepasste Medien besondere Aufgeregtheit zeigen. Dazu passt die Hetze gegen unbequeme Kritiker, die man der Einfachheit halber an die Seite jener stellt, die unanständig gehandelt haben, ohne dass ihnen das reflexartige Lob einiger „Prominenter“ zuteil wird. (Zu diesem Phänomen wäre eine intellektuelle Anleihe bei Macchiavelli anzuraten, der schon vor einem halben Jahrtausend gemeint hat: „In einem wohlgeordneten Staat soll man nie Verbrechen mit Verdiensten gegeneinander ausgleichen.“) Die so Angepatzten und ob ihres Eintretens für Moral und Anstand Verhöhnten könnten sich ja ohnedies nicht wehren und etwas werde schon hängen bleiben. Und die Frage, wo die Herrschaften solches gelernt haben, darf nicht gestellt werden, denn da erfolgt sofort der große Aufschrei der politisch allzu Korrekten. Also muss man die Frage anders stellen und sich fragen, wann und von wem da Überliefertes gelernt wurde, denn mit der eigenen Erfahrung geht es sich ja zeitlich nicht mehr aus. H. Hofmann Aufgeschnappt Beitrag |