AKT!ON 21

Das Schicksal einer Bürger-Petition:
Zündstoff für Wutbürger


Sonntag, 13. März 2011

In der Parlamentskorrespondenz Nr. 541 vom 29.06.2010 ist zum Themenfeld Kultur unter „Abgeordnete befassen sich mit Bürgeranliegen“ zu lesen:
„Eine umfassende Diskussion im Ausschuss löste eine Petition aus, die sich einen Stopp der Verbauung des Augartens zum Ziel gesetzt hat.“

Weiters heißt es „.... sprach Abgeordnete Katharina Cortolezis-Schlager (V) von bewussten Fehlinformationen, durch die sich die BürgerInnen zunehmend "belästigt" fühlten. Es habe ein umfangreiches Genehmigungsverfahren für das Projekt gegeben und auch die Volksanwaltschaft habe keine behördlichen Fehler feststellen können, betonte sie. Die einzigen, die das Recht nicht einhalten würden, seien die Besetzer des Bauplatzes selbst.“ Cortolezis-Schlager machte überdies geltend, dass die Grünen ein anderes Projekt am selben Platz unterstützt hätten.

„Bewusste Fehlinformationen“

Da stellt sich schon die Frage, aus welcher Quelle sich die Abgeordnete speisen ließ, von der sich die Bürgerinnen und Bürger vor 5 Jahren, am 29.06.2005 im Odeon, noch etwas frischen Wind im Wiener Filz versprechen durften. Der von ihr erhobene Vorwurf der „bewussten Fehlinformationen“ fällt jedenfalls auf sie zurück, zumal sie in schöner Eintracht mit der SPÖ – Vertretung den Grundsatz des beiderseitigen Gehörs missachtend abgelehnt hat, auch die „Projektgegner“ um Stellungnahmen zu ersuchen. Genau das ist es, was die Bürgerinnen und Bürger empört: sie nicht einmal anzuhören und in überheblicher Besserwisserei „von oben“ zu verkünden, was Sache sei. Das erinnert daran, wie auch Korruption mit ihren Kritikern umgeht: Roma locuta, causa finita - Rom hat gesprochen, die Sache ist erledigt.

Wer sind „Die BürgerInnen“?

Ist sie aber nicht. Das Schiff steuert auf Kollisionskurs, wie der Wortspende der Angeordneten Cortolezis-Schlager zu entnehmen ist. „D i e BürgerInnen“ – meint sie wirklich alle? – fühlen sich nämlich mitnichten von den Bürgerinitiativen belästigt, was durch 15.000 (in Worten fünfzehntausend) Unterschriften für deren Anliegen eindrucksvoll belegt wird. Belästigt fühlen sich höchstens eine Handvoll Nutznießer des projektierten Baues, unter anderem die Söldnertruppe der Bauherrschaft und deren Auftragnehmer, zu der auch die – ganz zufällig – vom Bundesdenkmalamt bestellten „Gutachter“ gehören, die dem zu verbauenden Teil des denkmalgeschützten Augartens seine denkmalpflegerische Minderwertigkeit attestiert haben.

Zweifelhafte hellseherische Fähigkeiten

Noch demaskierender ist die vor Abschluss der Erhebungen der Volksanwaltschaft (!) aufgestellten Behauptung der Abgeordneten Cortolezzis-Schlager, die Volksanwaltschaft habe keine behördlichen Fehler feststellen können. Ist da aus der Volksanwaltschaft etwas Falsches nach außen gedrungen oder wollte die Abgeordnete mit einer solchen prophetischen Behauptung die Volksanwältin gar präjudizieren? Die Volksanwältin kam nämlich um die Feststellung, „...die von der Volksanwaltschaft geäußerte Kritik an der Verfahrensführung (...Mängel in den Ermittlungen hinsichtlich möglicher Alternativvarianten zur gegenständlichen Konzerthalle“)... nicht herum. Hinter der blumigen Ausdrucksweise verbirgt sich der nüchterne Tatbestand einer eindeutigen Gesetzesverletzung, die vom Büro der Volksanwältin auch klipp und klar als Missstand interpretiert wurde. Dennoch wird der ausdrückliche Begriff Missstandsfeststellung vermieden, weil die Vorlage derselben im Parlament von den drei Volksanwält(inn)en getragen werden müsste. Angesichts der Wortspenden der Vertreterinnen von ÖVP und SPÖ im Petitionsausschluss liegt die Vermutung nicht fern, dass die diesen beiden Parteien nahe stehenden Mitglieder der Volksanwaltschaft eine solche Missstandsfeststellung nicht mitzutragen bereit sind. Es wäre allerdings schön, würden sie diese Vermutung so bald wie möglich widerlegen. Die Zahnlosigkeit der Volksanwaltschaft in hochpolitischen Fällen wirft ohnedies grundsätzliche Fragen auf.

Selektive Wahrnehmung?

Wenn die Abgeordnete Cortolezis-Schlager meint, „die einzigen, die das Recht nicht einhalten würden, seien die Besetzer des Bauplatzes selbst“, dann ist sie das Opfer ihrer eigenen Ungeduld. Hätte sie nämlich ein paar Tage auf den Endbericht der Volksanwältin gewartet, hätte sie darin die gravierendsten und unwiderlegt aufgezeigten Rechtsmängel des Genehmigungsverfahrens bestätigt gefunden. Um dies zu begreifen, muss man allerdings Texte in ihrem Zusammenhang verstehen wollen.

Das allerletzte „Argument“

Die Abgeordnete Cortolezis-Schlager scheut vor gar nichts zurück, nicht einmal davor, 15.000 Bürgerinnen und Bürger für das Verhalten einer politischen Partei in Geiselhaft zu nehmen. Was sonst soll man von der Aussage halten, „dass die Grünen ein anderes Projekt am selben Platz unterstützt hätten“ ? Hier begeht die Abgeordnete Cortolezis-Schlager den entscheidensten, wenn auch nicht ganz neuen Fehler. Sie setzt Zivilgesellschaft und Grüne gleich und bekämpft Erstere wie einen politischen Gegner. Sie ist sich dabei offenbar nicht bewusst, dass dieser Gegner ihre eigenen Wähler sind oder besser gesagt - waren. Denn das Einzige, das den Wählerinnen und Wählern bleibt, ist der Stimmzettel. Von dem haben sie ja, wie das Ergebnis der letzten Gemeinderatswahlen zeigt, ausgiebig Gebrauch gemacht. Freilich nicht im Sinne der Abgeordneten Cortolezis-Schlager, von der man sich 5 Jahre nach ihrem Einstieg in die Politik klügere Wortspenden erwartet hätte.
Das traurige Ende einer Farce?
Wie die Vertreter der Grünen forderten auch die Abgeordneten Wolfgang Spadiut (B) und Susanne Winter (F) die Aufklärung des Sachverhalts. Man sollte meinen, es sei selbstverständlich, zu diesem Zweck auch die Bürgerinitiativen zu hören, wie sogar die Abgeordnete Susanne Winter angeregt hatte, obwohl ihre Partei wahrlich nicht auf ihrer Seite zu finden war. Aber nein: Abgeordnete Rosa Lohfeyer (S) argumentierte mit der Halbwahrheit, dass gegen die Baubewilligung des Denkmalamts kein Rechtsmittel eingebracht wurde. Was sie nicht sagte: dass die am Verfahren Beteiligten allesamt an der Bewilligung interessiert waren und deshalb keine Berufung eingebracht hatten, und dass ihr Parteikollege Dr. Häupl, der einzige, der im Interesse der Allgemeinheit zur Einbringung eines Rechtsmittels (auch heute noch) ermächtigt ist und der Zivilgesellschaft gegenüber dazu auch verpflichtet wäre, beharrlich davon Abstand nimmt. Weil Unrecht Unrecht bleiben muss. Unklar bleibt nur, ob sie diese Halbwahrheit wider besseres Wissen gesagt hat oder ob sie auf dieses bessere Wissen einfach pfeift, indem sie vor ihm die Augen und Ohren verschließt (oder verschließen muss). Dass ausgerechnet und ausschließlich das Wirtschaftsministerium um eine Stellungnahme ersucht wurde, in dessen Ressort die vertragliche Grundlage für den Hallenbau fällt, setzt dieser Farce die Krone auf. Zurück bleiben Wut und Zorn der Bürgerinnen und Bürger, die sich von solchen „Volksvertretern“ verraten und verkauft fühlen.