Montag, 15. Jänner 2007
Drei Jahre dauert die Diskussion über die Verbauung der Komet-Gründe in Meidling. Nicht nur der 120 m Turm, von der UNESCO wegen der Schönbrunn-Nähe für bedenklich gehalten, sorgte für Aufregung. Die Menschen rund um das Areal sind in heller Aufregung, weil wieder einmal urbane Lebensqualität der Gier eines (nicht irgendeines!) Investors geopfert werden soll. Es ist das schon zum Erbrechen einfallslose Rezept von vorgestern: Bürohochhaus + Einkaufszentrum, das hier umgesetzt werden soll. Projektentwickler ist eine Gesellschaft, deren „Berater“ ein Innenminister aus dem vorigen Jahrtausend sein soll. Das erklärt manches, vor allem die unglaubliche Haltung der Meidlinger SPÖ zur Frage der Bürgerbeteiligung. Obwohl die Meidlinger Bezirksvertretung selbst vor zwei Jahren einen Projektmanagement-Beirat unter Einbeziehung der Anrainer gefordert hatte, herrschte bislang in Sachen Bürgerbeteiligung absolute Funkstille. Anlass für die Bezirks-ÖVP, vor einigen Wochen einen Antrag auf Bürgerbefragung einzubringen, der von der SPÖ – wie könnte es anders sein – abgelehnt wurde. Die Reaktion der ÖVP Meidling: Herr Karl inszenierte eine Befragung auf eigene Faust. So eine Befragung kann eine Chance für eine Konsensfindung, aber auch eine Farce sein, zumal dann, wenn sie hauptsächlich Parteiwerbung darstellt und für die zwei Fragen zum Komet-Projekt wesentliche Hintergrundinformationen fehlen. So weit, so schlecht. Natürlich hat die Befragung der ÖVP keinen offiziellen Charakter. Sie ist eine reine Privataktion, als solche nicht verboten und – nüchtern betrachtet – ein legitimes Mittel von Kommunalpolitikern, die Meinung der betroffenen Bevölkerung zu erkunden, so ferne nur die Fragestellungen lösungsorientiert, objektiv und fair formuliert werden. An dieser Formulierung wie an der Befragung führend mitzuwirken, anstatt sie rundweg abzulehnen, hätte die Meidlinger SPÖ ausreichend Gelegenheit gehabt. Die Ausrede ihrer Bezirksvorsteherin Gabriele Votava, es habe in Ermangelung eines aktuellen Verkehrsgutachtens noch keine Bürgerversammlung gegeben, wirft die Frage auf, warum es dieses zentrale Gutachten nach 3 Jahren öffentlicher Planungsdiskussion nicht gibt und welche Zahlen des Gutachters Rosinak dem Meidlinger Bauausschuss im Dezember 2006 vorgelegt worden sind. Wenn aber die Frau Bezirksvorsteherin behauptet, die Befragung sei kein zulässiges Instrument, weil sie den Bürgern vortäusche, sie könnten mitbestimmen und etwas entscheiden, dann klingt das mehr als befremdend. Dabei kommt es noch ungeheuerlicher: da es sich bei den Komet-Gründen um ein Privatgrundstück handle, sei Mitbestimmung nicht möglich! Wenn die Frau Bezirksvorsteherin meinen sollte, solche Befragungen hätten keine verbindliche Wirkung, dann müsste sie fairer Weise hinzufügen, dass dies (leider) auch auf offizielle Befragungen zutrifft. Demaskierend allerdings ist die in diesem Zusammenhang getroffene Aussage, dass die Bürgerinnen und Bürger in Wahrheit weder mitbestimmen noch mitentscheiden könnten, „weil es sich um ein Privatgrundstück handle“. Für wie blöd hält Frau Votava eigentlich die Meidlinger? Glaubt sie wirklich, sie könne den Menschen weismachen, ein Grundstückseigentümer könne in Wien machen, was er wolle? Hat die Bezirksvertretung noch nie durch eine Stellungnahme maßgeblich zu Umwidmungen von Privatliegenschaften beigetragen? Genau darum geht es doch gerade bei den Kometgründen! Weiß die Frau Bezirksvorsteherin nicht, was Dr. Schnitzer im Auftrag von Dr. Gusenbauer auf die Fragen von Aktion21 – pro Bürgerbeteiligung – vor den Wahlen - geantwortet hat: „Wir halten die Einbindung der betroffenen Bevölkerung in Planungs- und Entscheidungsprozesse für den besten Weg, damit in Verwaltungsverfahren für alle Betroffenen eine bestmögliche oder zumindest möglichst verträgliche Lösung geschaffen wird.“ Und: „Es gibt aber keinerlei Grund, Planungsgrundlagen, Gutachten, Studien usw. geheim zu halten.“ Im Gegensatz zu Studiengebühren und Eurofightern gibt es dabei keine Ausrede auf einen Koalitionspartner, der sich gegen die Einhaltung von Wahlversprechen querlegt. Der Überschmäh der Bezirksvorsteherin, die Ausrede mit dem Privateigentum (ihres Parteikollegen und Exministers?) ist so armselig, dass die dahinter stehende Absicht nicht zu übersehen ist, die Bürgerinnen und Bürgern von jeder Einbindung in das Kometprojekt fernzuhalten. Nach der Wahl, versteht sich. Es sieht ganz danach aus, als hätte der Bruch von Wahlversprechen unter ihresgleichen so etwas wie Methode. Es sei denn, jene innerparteilichen Kräfte, die deshalb nun heftige Kritik am Kanzler üben, sorgten auch auf Bezirksebene dafür, dass ihre Funktionäre den vor der Wahl verkündeten Grundsätzen treu bleiben. Noch ist es in Meidling nicht zu spät, gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern die Heuschrecken in die Schranken zu weisen. Neue Fairness braucht das Land – in der Tat! Helmut Hofmann |