AKT!ON 21

Fragen an die wahlwerbenden Parteien
vor der Wiener Landtags- und Gemeinderatswahl


Mittwoch, 29. September 2010

SPÖ
Aktion 21 – pro Bürgerbeteiligung als unabhängige NGO, von inzwischen mehr als 50 Wiener Bürgerinitiativen, hat an die wahlwerbenden Parteien Fragen gestellt.
MIt Ausnahme der FPÖ haben alle Parteien geantwortet .

1. Was hat die SPÖ – insbesondere im Bundesland Wien – zur Verwirklichung von rechtsstaatlicher Verankerung von Partizipation, der Einräumung von Klagsbefugnissen für Bürgerparteien und der Abschaffung des Prinzips der Amtsverschwiegenheit unternommen?

In der Wiener Stadtverfassung sind Volksbefragungen, Volksabstimmungen und Volksbegehren als Instrumente direkter Demokratie festgeschrieben. Eine Volksbefragung kann auch für einen begrenzten Teil des Wiener Stadtgebietes durchgeführt werden, wenn eine Angelegenheit ausschließlich oder überwiegend für die Bevölkerung dieses Gebietes von Bedeutung ist. In jedem Fall ist aber ein Beschluss des Wiener Gemeinderates oder eine Mindestanzahl von 5% der wahlberechtigten Wienerinnen und Wiener erforderlich.

Daneben bietet Wien, wenn auch nicht gesetzlich festgeschrieben, weitere Formen der direkten BürgerInnenbeteiligung. Dazu zählen etwa BürgerInnenversammlungen, bei denen aktuelle Vorhaben diskutiert werden oder BürgerInnenbefragungen, etwa wenn eine neue Wohnsammelgarage gebaut werden soll.

Um die Mitbestimmungsmöglichkeiten zu erhöhen, arbeitet die Stadt Wien auch eng mit der Lokalen Agenda oder den Gebietsbetreuungen zusammen, die gemeinsam mit den Bewohnerinnen und Bewohnern Lösungen erarbeiten und diese an die zuständigen Stellen weiterleiten. Auch hat Wien in den rund 220.000 Gemeindewohnungen aus freien Stücken das Mieterbestimmungsstatut beschlossen, dass den MieterInnen weitreichende Mitsprache und Mitbestimmungsrechte gewährt.


2. Es existieren vom Ministerrat verabschiedete Standards für Bürgerbeteiligung. Dennoch hat es in Wien keinen einzigen Fall gegeben, in welchem die Anwendung dieser Standards angedacht, geschweige denn ernsthaft in Erwägung gezogen worden wäre. Welche Schritte hat die SPÖ – insbesondere im Bundesland Wien – gesetzt, um Partizipation im Sinne und unter Anwendung dieser Standards umzusetzen?

Die angesprochenen Standards beruhen auf dem Artikel des Europavertrags und regeln die Mitbestimmungs- und Mitspracherechte der BürgerInnen. Die SPÖ bekennt sich – und hat es stets – zu einem offenen und transparenten Dialog mit repräsentativen Verbänden und Interessensgemeinschaften. Im Wesentlichen legt der EU-Vertrag dieselben Mitbestimmungsrechte auf EU-Ebene fest, die Wien in der Stadtverfassung in Form des Volksbegehrens, der Volksbefragung und der Volksabstimmung festgeschrieben hat.

3. Hat die Wiener SPÖ zurzeit in naher Zukunft realisierbare Vorstellungen über eine im Sinn dieser Standards funktionierende Bürgerbeteiligung?

Die SPÖ vertraut sowohl auf die Einrichtungen der repräsentativen Demokratie, als auch auf jene der direkten Demokratie. Die Partizipation der Bürgerinnen und Bürger Wiens bei der Lösung von ganz konkreten, für sie relevanten Fragestellungen ist daher seit vielen Jahrzehnten ein Kennzeichen sozialdemokratischer Politik im Interesse der Wienerinnen und Wiener. Ob in Bauverfahren, bei Planungsentscheidungen, in der Verkehrs- und Umweltpolitik - wir haben die Bürgerbeteiligung bei Entscheidungen in wichtigen Lebensbereichen gefördert und weiterentwickelt. In vielen Bereichen der Stadtverwaltung wurden im Laufe der Zeit vielfältigste Möglichkeiten der Bürgerinformation und Bürgerbeteiligung erprobt und eingeführt. Auch in der Wiener Stadtverfassung haben wir Instrumente der direkten Demokratie wie das Volksbegehren, die Volksbefragung oder die Volksabstimmung verankert. Alle diese Instrumente zum richtigen Zeitpunkt und verantwortungsbewusst angewandt, haben wesentlich zur guten, friedvollen Entwicklung Wiens, zur hohen Lebensqualität und auch zu einem hohen Maß an Zufriedenheit der Wiener Bevölkerung beigetragen.

4. Ist die Wiener SPÖ bereit, gemeinsam mit den in Aktion21 – pro Bürgerbeteiligung zusammengeschlossenen aktiven Bürgerinnen und Bürgern sowie mit anderen an Partizipation interessierten, nicht in politischen Parteien organisierten Bürgerinnen und Bürgern, ein entsprechendes Beteiligungsmodell zu erarbeiten?

Die Stadt Wien bietet schon jetzt auf unterschiedlichsten Ebenen und zugeschnitten auf die jeweiligen Themen und Projekte eine breite Palette an Beteiligungsformen –und in Ergänzung zu formalen repräsentativen und direkt demokratischen Instrumenten – an. Dazu gehören beispielsweise aus dem Bereich der Stadtentwicklung das BürgerInnenbeteiligungsverfahren zum "Zielgebiet Gürtel", der "Kooperative Planungsprozess im Kabelwerk" oder die BürgerInnenbeteiligung im Rahmen der Zielgebietsmanagments der 13 Zielgebiete des Stadtentwicklungsplan STEP05 sowie bei einer Vielzahl von Detailprojekten der Stadtentwicklung und -gestaltung. Auch die Erarbeitung von strategischen Programmen wie der Masterplan Verkehr 2003 und Stadtentwicklungsplan 2005 (STEP 05) wurden auch durch Dialog- bzw. BürgerInnenbeteiligungsprozesse in unterschiedlicher Intensität begleitet. Um den Wienerinnen und Wienern den Zugang zu Politik und Verwaltung zu erleichtern und wurden regional entscheidende Kompetenzen in die Bezirke dezentralisiert. So werden wichtige Entscheidungen für die Lebensqualität im Alltag auf dieser Bezirksebene getroffen. In diesem Sinne wurde auch das Wiener Modell der "Lokalen Agenda 21" auf der Bezirksebene angesiedelt.

5. Ist die Wiener SPÖ grundsätzlich bereit, die Verankerung eines Beteiligungsmodells in der Stadtverfassung mitzutragen?

Partizipation und Bürgerbeteiligung sind den Grundsätzen der Sozialdemokratie folgend wichtige Anliegen der Wiener SPÖ und der Mitglieder der Wiener Stadtregierung. Eine funktionierende Demokratie muss sowohl die Einrichtungen der repräsentativen Demokratie als auch jene der direkten Demokratie respektieren. Es wurden daher bereits in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten in diesem Sinne zahlreiche Maßnahmen gesetzt und Instrumente in der Wiener Stadtverfassung verankert. Instrument der direkten Demokratie, die in der Wiener Verfassung verankert wurden sind beispielsweise Volksbegehren, Volksbefragung und Volksabstimmung. Die Wiener Stadtverfassung hat sich bewährt und die Grundlage für eine gute, demokratische und friedliche Entwicklung der Stadt geschaffen. Die SPÖ steht aber für Gespräche zu Änderungen und weiteren Verbesserungen zur Verfügung.

6. Haben wir mit unserem Verhalten dazu beigetragen, dem Gedanken einer wirksamen Partizipation aufgeschlossener oder auch skeptischer gegenüber zu stehen und wenn ja, womit konkret?

Wien wurde heuer zum zweiten Mal in Folge zu lebenswertesten Stadt der Welt gewählt. Dass ist eine schöne Auszeichnung, noch viel wichtiger ist es jedoch, dass vor allem die Wienerinnen und Wiener selbst davon profitieren und diese herausragende Lebensqualität genießen. Die Möglichkeit zur Mitgestaltung spielt dabei eine wichtige Rolle. Die SPÖ schätzt die Meinung der Wienerinnen und Wiener und nimmt ihre Wünsche und Sorgen ernst, daher freuen wir uns über jede und jeden Einzelnen, die/der sich aktiv an der Weiterentwicklung unserer Stadt beteiligt und durch – oftmals lokale oder individuelle Ansichten – neue Perspektiven aufzeigt.

Die Antworten wurden von
Hr. Siegi Lindenmayr
Klubvorsitzender SPÖ-Klub Rathaus
übermittelt
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