Montag, 2. Jänner 2012
Das Haus Döbling ist ein Studierendenheim der Stadt Wien mit sozial verträglichen Mieten, das im Sommer 2013 mit Rot- Grüner Billigung abgerissen werden soll. Der Abriss von Studierendenheimen hat nicht nur den Verlust von leistbarem Wohnraum und damit eine Verschärfung der sozialen Selektion zur Folge, sondern bedeutet auch einen tiefen Einschnitt in ein selbstbestimmtes, studentisches Zusammenleben. Seit Jahrzehnten sind Studierende aus sozial schwachen Schichten auf diese Heimplätze angewiesen, statt welchen die Wien Holding nun Genossenschaftswohnungen errichten will. Der Kampf um studentischen Lebensraum und kulturelle Entfaltungsmöglichkeiten findet an vielen Fronten statt!Die WOHNBLÖCKE A, B und C des Studentenwohnheims "Haus Döbling" (neuerdings auch un-bekannt als "Base19") sollen im Juli 2013 ABGERISSEN und an ihrer Stelle zu 2/3 Genossenschaftswohnungen und zu 1/3 "Sonstiges" errichtet werden. Die übrigen Gebäude sollen nach einer Sanierung und 50%er Mietpreiserhöhung und unter einem neuen Heimstatut wieder den StudentInnen zu Verfügung stehen. Als Ersatz für die verloren gegangenen 394 Heimplätze in Döbling soll 2014 ein neues Heim der Wien Holding, die „Base 22“ eröffnet werden. Die Fahrzeit zu den Unis würde dadurch vervielfacht. Der ideale Standort in Döbling – Boku, WU und Translationswissenschaften sind zu Fuß, Hauptuni und viele Institute im Zentrum durch eine direkte Verkehrsanbindung in kürzester Zeit erreichbar- ist durch neue Studentenheimplätze in Stadlau natürlich nicht zu ersetzen. Aber nicht nur die die gute Erreichbarkeit zu den verschiedenen Universitäten ist ein wesentlicher Vorteil, das Studierendenheim bietet durch seinen großen Innenhof und die vielen Grünflächen Raum zum Entspannen und Erholen vom Studienalltag. Außerdem liegen 2 Jahre zwischen dem Abriss des Haus Döbling und dem geplanten Zeitpunkt der Fertigstellung im Wiener Randbezirk Donaustadt. Nach derzeitigem Wissensstand ist aber der besagte Neubau als Ganzes unsicher, auch vor dem Hintergrund, dass ja der staatliche Studentenheimzuschuss gestrichen wurde. Das Haus Döbling zählt zu den billigsten Studierendenheimen Wiens (es gibt eine Gehaltsobergrenze für die Eltern), das hat zur Folge, dass sich hier viele ÖsterreicherInnen aus weniger wohlhabenden Familien und ebenfalls finanzschwache nicht-ÖsterreicherInnen einmieten (geregelter Mindest- und Maximalanteil an AusländerInnen). Wer hier leistbare Wohnungen für den Mittelstand bauen will, nimmt den Ärmsten um es den Armen zu geben! Die Gebäude sind alt und teilweise baufällig, viele BewohnerInnen nehmen das bewusst in Kauf. Dennoch gibt ihnen die Lage in einer schönen, grünen, zentralen Wohngegend nicht das Gefühl an den (Stadt-)Rand der Gesellschaft gedrängt worden zu sein. Wie bereits oben erwähnt, ist die Lage des Heimes ihr großer Vorteil! Nicht nur sind fast alle Unis in Kürze mit dem Fahrrad oder den Öffis zu erreichen, auch viele Arbeitsplätze der Studierenden sind durch die zentrale Lage schnell und bequem anzufahren. Durch die geplante Verlegung in den 11. oder 22. Bezirk wird sich die Situation für viele (arbeitende) StudentInnen wohl eher verschlechtern als verbessern. Preis und Lage sind für viele BewohnerInnen ein Grund hier bleiben zu wollen, aber die wahren Werte des Haus Döbling finden sich innerhalb der Mauern. Die Zimmer sind sehr klein, mit WC und Küche am Gang. So lustig das klingen mag, aber das sind die Orte an denen sich die Menschen begegnen (müssen). Und wenn man sich für einige Zeit mit 17 weiteren Personen einen Kühlschrank und 4 Herdplatten teilen muss (jetzt mal abgesehen von den 4 Klomuscheln), muss man zwangsläufig lernen mit anderen Menschen auszukommen. Im Haus Döbling trinken Türken mit Kurden Café, Waldviertler kochen mit Chinesen, Iraner diskutieren mit Amerikanern und eine Band aus Wien spielt Musik vom Balkan. Es hat sich hier ein Campus- Gefühl herausgebildet, das Raum für Austausch und Initiativen unter Studenten schafft. Raum, der im studentischen Alltag immer mehr beschnitten wird! Das Haus Döbling ist nicht nur Gegenwart sondern auch Geschichte. Es war dieses Heim, das in den 70 Jahren gegen starre Besuchs- und Verhaltensregeln rebellierte. Es wurde über viele Jahre ein Heimleben aufgebaut, wie es in Österreich wahrscheinlich einzigartig ist. Seit dieser Zeit hat unser Heimstatut auch ein Mitsprache- und Anhörungsrecht der IVHD (Interessensvertretung des Haus Döblings) vorgesehen. Eben diesem Heimstatut, das den BewohnerInnen "in allen das Heimleben betreffenden Fragen" paritätische Mitbestimmung garantiert, wurde bei der Planung des Abrisses und des Neubaus keine Rechnung getragen, sondern es wurde über die Köpfe der Bewohner und deren Interessensvertretung hinweg entschieden. Damit nicht genug, im Zuge der Inbetriebnahme des Neubaus soll das einzigartige Heimstatut "angepasst" werden. Damit wird den BewohnerInnen jegliche Mitgestaltungsmöglichkeit, und somit die Basis für ihr so erfolgreiches Zusammenleben genommen. Durch die Entscheidung der Verwaltung, der Wien-Holding und des Gemeinderates werden die BewohnerInnen vor vollendete Tatsachen gestellt. Das durch das Heimstatut garantierte Mitspracherecht der HeimbewohnerInnen wird angesichts der Größe des Gegners (Wien-Holding mit eigener Rechtsabteilung) einfach zur Seite geschoben. Den Abriss der Hälfte der Gebäude kann man bei ehrlicher Betrachtung wohl nur als wichtige das Heim betreffende Angelegenheit betrachten. Dennoch ist die Heimleitung hier anderer Meinung. KeinE HeimbewohnerIn wird sich finden, der/die die Mittel hat, sich gegen die Wien-Holding juristisch zu wehren. Der Eindruck der hier vermittelt wird, macht einen ohnmächtig und fassungslos. Gerade Wien, das bisher dafür stand, nicht aus jedem Quadratmeter den letzten Cent heraus quetschen zu wollen, wackelt als die letzte Hoffnung, wenn man als junger Mensch optimistisch in eine unsichere Zukunft blickt. DESHALB SIND WIR ...
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